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Passau

In den letzten vorchristlichen Jahrhunderten besiedeln Kelten den Hügel, auf dem sich heute die Passauer Altstadt befindet. Das keltische „Oppidum Boiodurum“ wird später von den Römern erobert, die nur wenig entfernt das Kastell Batavis errichten. Die Bezeichnung „Batavis“ referiert auf den germanischen Stamm der Bataver, die als Söldner in römischen Diensten stehen, und stellt den Ursprung des heutigen Namens der Stadt dar.

Bereits im Jahr 739 wird Passau Bischofssitz. Von 1191 bis 1204 fungiert Wolfger von Erla als Bischof von Passau, ein für die Literaturgeschichte durchaus bedeutender Mann. Zum Einen verdankt man einer Notiz in seinem Reiserechnungsbuch den einzigen außerliterarischen Nachweis für die Existenz des Dichters Walther von der Vogelweide. „walthero cantori de vogelweide pro pellicio v solidos longos“ ist unter dem Datum des 12. November 1203 notiert: Walther erhält von Wolfger an diesem Tag also ein paar Schillinge für den Kauf eines Pelzmantels. Zum Anderen gibt es Hinweise, dass eines der ältesten mittelhochdeutschen Epen, das Nibelungenlied, in Passau entstanden ist: Wolfger ist seinerzeit als eifriger Mäzen bekannt; sowohl die Ortskenntnis des Textes als auch die ungewöhnlich prägnante Figur des Passauer Bischofs Pilgrim sowie das Übergewicht der frühen Überlieferung im süddeutschen Raum sprechen dafür, dass der Autor des Werks in Passau lebt und arbeitet oder sich in Passauer Kreisen bewegt. Die Stadt darf sich deshalb als „Nibelungenstadt“ bezeichnen; im Rathaus befindet sich seit 1890 ein Kolossalgemälde, das die Nibelungensage zum Thema hat.

Sicher in Passau entstanden ist ein Schriftstück, das heute in den USA bekannter sein dürfte als in Deutschland, nämlich der sogenannte Ausbund, das älteste Gesangbuch des Protestantismus, das inhaftierte Täufer um 1540 im Kerker der Passauer Burg verfassen. Das Buch erscheint 1564 erstmals und trägt den Titel Etliche schöne Christliche Geseng, wie sie in der Gefengkniß zu Passaw im Schloss von Schweizer Brüdern durch Gottes gnad geticht vnd gesungen worden. Bereits zuvor, im August 1552, schließen der römisch-deutsche König Ferdinand I. und die protestantischen Reichsfürsten den Passauer Vertrag, der die formale Anerkennung des Protestantismus bedeutet, die 1555 im Augsburger Religionsfrieden reichsrechtlich festgeschrieben wird. Auf das Jahr 1612 datiert die Gründung der Staatlichen Bibliothek Passau, einer der ältesten öffentlichen Büchersammlungen Deutschlands.

1662 legt ein Brand die gesamte Stadt in Schutt und Asche. Für den Wiederaufbau werden Baumeister aus Italien engagiert, die Passau im Stile des südländischen Barock neu errichten, was ihr später den Beinamen als „bayerisches Venedig“ einbringt. Ein Überbleibsel der Feuerkatastrophe ist vermutlich der Steinkopf, der als „Passauer Tölpel“ bald zu einem Wahrzeichen der Stadt wird. Die zugehörigen Verse stammen von dem Oberamtsrichter Anton Niederleuthner (1846-1907):

Von Passaus Dom fiel ich herunter
wobei mein schöner Leib zerbrach.
Bin trotzdem kreuzwohlauf und munter
und nur im Kopf noch etwas schwach!

Im Jahr 1855 kommt erstmals der im heutigen Tschechien geborene Schriftsteller Adalbert Stifter nach Passau: Er ist auf dem Weg nach Lackenhäuser, zum Rosenberger Gut, wo er sich erholen, aber auch arbeiten will. Die Stadt Passau und der Böhmerwald spielen in Stifters Werken immer wieder eine Rolle; sein historischer Roman Witiko beginnt in der Dreiflüssestadt, in der Stifter zwischen 1855 und 1866 immer wieder im Steinweg 4, bei seinem Freund Franz Xaver Rosenberger, Station macht, bevor er weiter zu dessen Gut fährt.

Kurz vor der Wende zum 20. Jahrhundert zieht die Familie Carossa ins Passauer Land. Der Vater eröffnet eine Praxis in der Stadt. Sein Sohn Hans Carossa studiert zunächst in München Medizin und übernimmt 1904 die Passauer Praxis seines Vaters, jedoch nicht ohne seine schriftstellerische Karriere aus den Augen zu verlieren. Beinahe zur selben Zeit eröffnet eine Freundin Carossas, die Dichterin Emerenz Meier, das Wirtshaus Zum Koppenjäger, um es als Künstlerkneipe zu etablieren. Ein glückloses Engagement.

Die nahe Lage zu Österreich und vor allem zu der damaligen Tschechoslowakei sorgt nach dem Zweiten Weltkrieg dafür, dass die US-amerikanischen Besatzer Passau eine zentrale Rolle im Prozess der europäischen Verständigung zuschreiben: Seit 1953 finden die Festspiele „Europäische Wochen“ statt, 1955 wird die Europabücherei gegründet.

Im Jahr 1964 wird in Passau Klaus Böldl geboren, der in München studiert und später in Kiel lehrt. Er hätte auch die Passauer Universität besuchen können und wäre einer der ersten Studenten gewesen, denn sie wird erst 1978 eingerichtet und ist damit eine der jüngsten und zudem einer der kleinsten bayerischen Universitäten. Überhaupt ist Passau in den 1970er Jahren in vieler Munde: In dieser Zeit entsteht das Scharfrichter-Haus als Zentrum der nicht nur bayerischen Kabarettszene, das nicht wenige Gemüter erhitzt ob der bösen Zungen, die hier zu Wort kommen. Zudem erscheint 1975 der Science-Fiction-Roman Der Untergang der Stadt Passau von Carl Amery, geschrieben vor dem Hintergrund der Ölkrise.

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