https://www.literaturportal-bayern.de/images/lpbplaces/jpweg_logo_doppel_164.jpg

Schwarzenbach: „Hölzels Palais“

In den 1770er Jahren ging er selbst hier zur Schule, 1790 kehrt Johann Paul Friedrich Richter als Lehrer zurück nach Schwarzenbach an der Saale. Allerdings unterrichtet er nicht an der offiziellen Lehranstalt im Kantorat, die er einst besuchte, sondern als „Hofmeister“ an einer „Winkelschule“, das heißt: als Privatlehrer einer privat organisierten Schülergruppe. Mehrmals haben ihn verschiedene Familien um die Annahme einer solchen Stelle gebeten, und nun hat er endlich zugesagt. Von dem schlichten Haus, in dem er wohnt und wo auch der Unterricht stattfindet, hat er das gegenüberliegende Schloss (heute das Rathaus) gut im Blick – und tauft also die eigene denkbar karge Behausung ironisch auf den Namen „Hölzels Palais“.

Richters Unterricht knüpft an seine eigenen Erfahrungen als Schüler an, vor allem an die Erinnerung an Rektor Werner, der von den Kindern nur Grundkenntnisse verlangte, um ihnen sodann die großen lateinischen und griechischen Werke zu überantworten. Auch Hofmeister Richter pflegt die ungewöhnlichen Methoden, die vor allem der Anregung der Fantasie dienen und weniger dem Auswendigaufsagen. Seine Schüler sollen frei schreiben und sich dabei gerne an buchstäblichen Ähnlichkeiten orientieren, mit dem Ziel witzige Bonmots und Sentenzen zu erfinden. Über die Ergebnisse führt Richter Protokoll; daraus schöpft er später für seine „Erziehlehre“ Levana.

Hölzels Palais ist einerseits der Ort, an dem Richter seine ersten Romane schreibt, die ihn als „Jean Paul“ bekannt machen. Andererseits aber auch der Ort, an dem ihn seine berühmt gewordene Todesvision ereilt. Am 15. November 1790 notiert er in sein Tagebuch: „Wichtigste(r) Abend meines Lebens: denn ich empfand den Gedanken des Todes, daß es schlechterdings kein Unterschied ist ob ich morgen oder in 30 Jahren sterbe, daß alle Plane und alles mir davonschwindet und daß ich die armen Menschen lieben sol, die sobald mit ihrem Bisgen Leben niedersinken – der Gedanke gieng bis zur Gleichgültigkeit an allen Geschäften.“

 


Zur Station 21 von 48 Stationen


 

Verfasst von: Jean-Paul-Weg - Verbundprojekt Jean Paul in Oberfranken

Verwandte Inhalte