Michael Molsner
Michael Molsner kommt 1939 in Stuttgart zur Welt. Er wächst zunächst in Allenstein (Ostpreußen) und Aalen bei seinen Großeltern auf. Zum Vater gibt es keinen Kontakt. Als seine Großmutter stirbt, kommt es zu einer einschneidenden Veränderung in seinem Leben. Mit 12 Jahren zieht er nach München zu seiner Mutter, die in Künstlerkreisen verkehrt und unregelmäßig als freie Journalistin arbeitet. Ihre finanzielle Situation ist angespannt, ihre Partner wechseln häufig. Für den heranwachsenden Michael Molsner sind die Lebensumstände belastend. In intellektueller Hinsicht ist seine Mutter allerdings seine Förderin, sie bringt ihn früh mit Werken von Benn, Rilke und Goethe in Kontakt und ermuntert ihn, gängige Moralvorstellungen dieser Zeit zu hinterfragen.
Nach der Abiturprüfung 1959 absolviert Michael Molsner ein Volontariat bei einer kleinen schwäbischen Zeitung. Er studiert zwei Semester Germanistik und Anglistik an der Universität Heidelberg und ist anschließend als Gerichtsreporter in München tätig. Mit seiner Frau zieht er nach Dortmund und arbeitet dort für eine Wochenzeitung. Gegen die menschenverachtenden Äußerungen des dortigen Verlagsleiters über den dem Holocaust entkommenen Artur Brauner bezieht Molsner Stellung, was seine Kündigung zur Folge hat und eine gerichtliche Auseinandersetzung nach sich zieht. Molsner gewinnt diesen Prozess, der Stress zehrt aber stark an seiner Gesundheit.
Unter dem Pseudonym Robert Cameron und unter den Sammelpseudonymen Bill Alamo und John Drake veröffentlicht er zur Aufbesserung seines Einkommens erste Heftromane. 1968 erscheint dann der erste Kriminalroman Und dann hab ich geschossen unter seinem eigenen Namen, 1969 folgt Harakiri einer Führungskraft und 1973 Rote Messe. Molsner thematisiert bewusst die sozialen Bedingungen und Folgen von Kriminalität. In seine Krimis fließen Erfahrungen aus seiner Tätigkeit als Gerichtsreporter ein. Jochen Schmidt bescheinigt dem Frühwerk des Autors in Gangster, Opfer, Detektive. Eine Typengeschichte des Kriminalromans (2009) eine „ausgesprochen anspruchsvolle, wo nicht gar schwierige Erzählstruktur“ und dass „die Spannung eher in der psychologischen Entwicklung der Charaktere als in der Suche nach dem Täter oder einer möglichst raffinierten Mordaufklärung liegt“.
Parallel zu seiner schriftstellerischen Tätigkeit arbeitet er für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften in Hamburg, Hannover und Augsburg. Vor allem in Hannover engagiert er sich politisch bei den Linken. Die Verfilmung seines Tatort-Drehbuchs Tote brauchen keine Wohnung (1973) durch Regisseur Wolfgang Staudte mit Gustl Bayrhammer als Kommissar und Walter Sedlmayr als rücksichtslosen Vermieter sorgt für Proteste der Immobilienbranche; der Tatort bleibt 19 Jahre lang ohne Wiederholung. 1975 verfasst Molsner mit Das zweite Geständnis ein weiteres Tatort-Drehbuch. In den Romanen der frühen 1980er-Jahre geht es bei Molsner häufig um Themen, die in den Medien Schlagzeilen machen: um das Sektenunwesen in Die Schattenrose (1982) und das Rauschgiftgeschäft in Ausstieg eines Dealers (1982). Mitte der 1980er-Jahre ist die Kriminalität der „Weißen Kragen“ Molsners, die Wirtschaftskriminalität sein bevorzugtes Thema (Krimi-Reihe „Die Euro-Ermittler“). In den acht Romanen der Global-Agenten-Reihe (u.a. Die Eroberung der Villa Hammerschmidt, 1989) rückt er politische Szenarien aus Europa, dem Balkan und dem Nahen Osten in den Fokus. 1997 erscheint Spot auf den Tod oder Wie man sich bettet, so lügt man, ein Schlüsselroman um Walter Sedlmayr.
Aus einigen seiner Krimis entstehen Hörspielfassungen. Für das Fernsehen schreibt er für die Reihe Peter Strohm 50 Millionen in kleinen Steinen (1991), für die Großstadtrevier-Reihe Dame in Not (1990) und Sonntagsfrühstück (1991) und das Drehbuch zur Verfilmung seines Krimis Der Castillo-Coup (1985). Neben seinen Kriminalromanen verfasst Molsner Jugendbücher, u.a. Disco Love (1987), Rettet den Fleck (1989) und Der entgleiste Zug (1991).
Von 1982 bis 2000 lebt Michael Molsner mit seiner zweiten Frau in Langenwang im südlichen Oberallgäu. Dieses Haus in den Bergen bezeichnet er als seinen Glücksort, in Anlehnung an Hemingway als „my moveable feast“. Seine Frau und er nehmen aktiv Anteil am Gemeindeleben. Für die SPD sitzt er sechs Jahre lang im Fischener Gemeinderat. Gemeinsam mit der Journalistin Elke Wiartalla schreibt er den KulTourführer Wer wenn nicht Goethe? Prominente im Allgäu (1998). Im Buch Glücksort: Unser Berghaus mit Hund und Katzen (2020) blickt Molsner auf seine Zeit im Allgäu zurück. Seit 2000 leben der Autor und seine Frau im Ruhrgebiet.
Molsner bleibt schriftstellerisch tätig. Neben anderen Publikationen legt er 2020 sein autobiographisches Buch Hass Entgiftung. Über Leben in Zeiten der Prüderie. Von einem der auszog der Furcht zu begegnen vor. Die im Anhang abgedruckte Rede „Die Geburt des deutschsprachigen Kriminalromans aus dem Geist Schwabings“, gehalten zur Eröffnung der Criminale 2002, ist eine Hommage an Emmy Hennings, die Dadaistin und Lebensgefährtin Hugo Balls. Ebenfalls 2020 erscheint Die Nacht schuf tausend Ungeheuer, eine Neuauflage des Romans Dich sah ich (2011), ein dem Autor besonders lieber und nach seiner Einschätzung auch sein bester Roman. Beide Romantitel – Verszeilen aus Goethes Gedicht Willkommen und Abschied – verweisen auf Molsners tiefe Verbundenheit mit Goethes Werk.
Neunzehn Kriminalromane und Thriller, die vergriffen waren, hat der S. Fischer Verlag inzwischen neu aufgelegt. Michael Molsner ist Mitglied im Verband Deutscher Schriftsteller und in der Autorengruppe SYNDIKAT. Drei seiner Krimis sind in den Jahren 1987, 1988 und 1989 mit dem Deutschen Krimi Preis, verliehen vom Bochumer Krimi Archiv, ausgezeichnet worden: die beiden Romane aus Die Euro-Ermittler-Reihe Der ermordete Engel (1986) und Unternehmen Counter Force (1987) sowie Die Ehre einer Offiziersfrau (1988). Von der Autorengruppe DAS SYNDIKAT hat Michael Molsner 1998 den Ehren-Glauser für seine Verdienste um den deutschsprachigen Kriminalroman erhalten.
Sekundärliteratur:
Ermert, Karl; Gast, Wolfgang (Hg.) (1985): Die Trivialität der Träume. Erfahrungen mit der populären Kultur. In: dies.: Der neue deutsche Kriminalroman. Beiträge zu Darstellung, Interpretation und Kritik eines populären Genres, Evang. Akademie Loccum.
Kroll, Ralf (1995): Spielart der Freiheit – Kurze Geschichte des neuen deutschen Kriminalromans. In: SPIEGEL Special 10.
Schmidt, Jochen (2009): Gangster, Opfer, Detektive. Eine Typengeschichte des Kriminalromans. Kap. VI. Aus deutschen Landen, Abs. 7: Barfuß über Scherben. Die Platzhirsche der Siebziger und ein Nachzügler, S. 952-955.
Schmidt-Lenhard, Uschi und Andreas (Hg.) (2006): Vertrauen gegen Vertrauen. Interview mit Michael Molsner. Duisburg, im Juni 2006. In: Courage und Eigensinn. Zum 100. Geburtstag von Wolfgang Staudte. Röhrig Universitätsverlag.
Strobl, Doris (2000): Die dunkle Seite des Lebens. Krimi-Autor Mike Molsner betrachtet die Welt aus seinem Domizil im Allgäu. In: Ebbes, H. 1, S. 38f.
Wimmer, Gerlinde (1988): Wenn sich menschliche Abgründe auftun... der Kriminalautor Michael Molsner. In: Das schöne Allgäu, H. 51, S. 11f.
Externe Links:
Literatur von Michael Molsner im BVB
Autoreneintrag im Krimilexikon
Michael Molsner bei S. Fischer
Michael Molsner kommt 1939 in Stuttgart zur Welt. Er wächst zunächst in Allenstein (Ostpreußen) und Aalen bei seinen Großeltern auf. Zum Vater gibt es keinen Kontakt. Als seine Großmutter stirbt, kommt es zu einer einschneidenden Veränderung in seinem Leben. Mit 12 Jahren zieht er nach München zu seiner Mutter, die in Künstlerkreisen verkehrt und unregelmäßig als freie Journalistin arbeitet. Ihre finanzielle Situation ist angespannt, ihre Partner wechseln häufig. Für den heranwachsenden Michael Molsner sind die Lebensumstände belastend. In intellektueller Hinsicht ist seine Mutter allerdings seine Förderin, sie bringt ihn früh mit Werken von Benn, Rilke und Goethe in Kontakt und ermuntert ihn, gängige Moralvorstellungen dieser Zeit zu hinterfragen.
Nach der Abiturprüfung 1959 absolviert Michael Molsner ein Volontariat bei einer kleinen schwäbischen Zeitung. Er studiert zwei Semester Germanistik und Anglistik an der Universität Heidelberg und ist anschließend als Gerichtsreporter in München tätig. Mit seiner Frau zieht er nach Dortmund und arbeitet dort für eine Wochenzeitung. Gegen die menschenverachtenden Äußerungen des dortigen Verlagsleiters über den dem Holocaust entkommenen Artur Brauner bezieht Molsner Stellung, was seine Kündigung zur Folge hat und eine gerichtliche Auseinandersetzung nach sich zieht. Molsner gewinnt diesen Prozess, der Stress zehrt aber stark an seiner Gesundheit.
Unter dem Pseudonym Robert Cameron und unter den Sammelpseudonymen Bill Alamo und John Drake veröffentlicht er zur Aufbesserung seines Einkommens erste Heftromane. 1968 erscheint dann der erste Kriminalroman Und dann hab ich geschossen unter seinem eigenen Namen, 1969 folgt Harakiri einer Führungskraft und 1973 Rote Messe. Molsner thematisiert bewusst die sozialen Bedingungen und Folgen von Kriminalität. In seine Krimis fließen Erfahrungen aus seiner Tätigkeit als Gerichtsreporter ein. Jochen Schmidt bescheinigt dem Frühwerk des Autors in Gangster, Opfer, Detektive. Eine Typengeschichte des Kriminalromans (2009) eine „ausgesprochen anspruchsvolle, wo nicht gar schwierige Erzählstruktur“ und dass „die Spannung eher in der psychologischen Entwicklung der Charaktere als in der Suche nach dem Täter oder einer möglichst raffinierten Mordaufklärung liegt“.
Parallel zu seiner schriftstellerischen Tätigkeit arbeitet er für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften in Hamburg, Hannover und Augsburg. Vor allem in Hannover engagiert er sich politisch bei den Linken. Die Verfilmung seines Tatort-Drehbuchs Tote brauchen keine Wohnung (1973) durch Regisseur Wolfgang Staudte mit Gustl Bayrhammer als Kommissar und Walter Sedlmayr als rücksichtslosen Vermieter sorgt für Proteste der Immobilienbranche; der Tatort bleibt 19 Jahre lang ohne Wiederholung. 1975 verfasst Molsner mit Das zweite Geständnis ein weiteres Tatort-Drehbuch. In den Romanen der frühen 1980er-Jahre geht es bei Molsner häufig um Themen, die in den Medien Schlagzeilen machen: um das Sektenunwesen in Die Schattenrose (1982) und das Rauschgiftgeschäft in Ausstieg eines Dealers (1982). Mitte der 1980er-Jahre ist die Kriminalität der „Weißen Kragen“ Molsners, die Wirtschaftskriminalität sein bevorzugtes Thema (Krimi-Reihe „Die Euro-Ermittler“). In den acht Romanen der Global-Agenten-Reihe (u.a. Die Eroberung der Villa Hammerschmidt, 1989) rückt er politische Szenarien aus Europa, dem Balkan und dem Nahen Osten in den Fokus. 1997 erscheint Spot auf den Tod oder Wie man sich bettet, so lügt man, ein Schlüsselroman um Walter Sedlmayr.
Aus einigen seiner Krimis entstehen Hörspielfassungen. Für das Fernsehen schreibt er für die Reihe Peter Strohm 50 Millionen in kleinen Steinen (1991), für die Großstadtrevier-Reihe Dame in Not (1990) und Sonntagsfrühstück (1991) und das Drehbuch zur Verfilmung seines Krimis Der Castillo-Coup (1985). Neben seinen Kriminalromanen verfasst Molsner Jugendbücher, u.a. Disco Love (1987), Rettet den Fleck (1989) und Der entgleiste Zug (1991).
Von 1982 bis 2000 lebt Michael Molsner mit seiner zweiten Frau in Langenwang im südlichen Oberallgäu. Dieses Haus in den Bergen bezeichnet er als seinen Glücksort, in Anlehnung an Hemingway als „my moveable feast“. Seine Frau und er nehmen aktiv Anteil am Gemeindeleben. Für die SPD sitzt er sechs Jahre lang im Fischener Gemeinderat. Gemeinsam mit der Journalistin Elke Wiartalla schreibt er den KulTourführer Wer wenn nicht Goethe? Prominente im Allgäu (1998). Im Buch Glücksort: Unser Berghaus mit Hund und Katzen (2020) blickt Molsner auf seine Zeit im Allgäu zurück. Seit 2000 leben der Autor und seine Frau im Ruhrgebiet.
Molsner bleibt schriftstellerisch tätig. Neben anderen Publikationen legt er 2020 sein autobiographisches Buch Hass Entgiftung. Über Leben in Zeiten der Prüderie. Von einem der auszog der Furcht zu begegnen vor. Die im Anhang abgedruckte Rede „Die Geburt des deutschsprachigen Kriminalromans aus dem Geist Schwabings“, gehalten zur Eröffnung der Criminale 2002, ist eine Hommage an Emmy Hennings, die Dadaistin und Lebensgefährtin Hugo Balls. Ebenfalls 2020 erscheint Die Nacht schuf tausend Ungeheuer, eine Neuauflage des Romans Dich sah ich (2011), ein dem Autor besonders lieber und nach seiner Einschätzung auch sein bester Roman. Beide Romantitel – Verszeilen aus Goethes Gedicht Willkommen und Abschied – verweisen auf Molsners tiefe Verbundenheit mit Goethes Werk.
Neunzehn Kriminalromane und Thriller, die vergriffen waren, hat der S. Fischer Verlag inzwischen neu aufgelegt. Michael Molsner ist Mitglied im Verband Deutscher Schriftsteller und in der Autorengruppe SYNDIKAT. Drei seiner Krimis sind in den Jahren 1987, 1988 und 1989 mit dem Deutschen Krimi Preis, verliehen vom Bochumer Krimi Archiv, ausgezeichnet worden: die beiden Romane aus Die Euro-Ermittler-Reihe Der ermordete Engel (1986) und Unternehmen Counter Force (1987) sowie Die Ehre einer Offiziersfrau (1988). Von der Autorengruppe DAS SYNDIKAT hat Michael Molsner 1998 den Ehren-Glauser für seine Verdienste um den deutschsprachigen Kriminalroman erhalten.
Ermert, Karl; Gast, Wolfgang (Hg.) (1985): Die Trivialität der Träume. Erfahrungen mit der populären Kultur. In: dies.: Der neue deutsche Kriminalroman. Beiträge zu Darstellung, Interpretation und Kritik eines populären Genres, Evang. Akademie Loccum.
Kroll, Ralf (1995): Spielart der Freiheit – Kurze Geschichte des neuen deutschen Kriminalromans. In: SPIEGEL Special 10.
Schmidt, Jochen (2009): Gangster, Opfer, Detektive. Eine Typengeschichte des Kriminalromans. Kap. VI. Aus deutschen Landen, Abs. 7: Barfuß über Scherben. Die Platzhirsche der Siebziger und ein Nachzügler, S. 952-955.
Schmidt-Lenhard, Uschi und Andreas (Hg.) (2006): Vertrauen gegen Vertrauen. Interview mit Michael Molsner. Duisburg, im Juni 2006. In: Courage und Eigensinn. Zum 100. Geburtstag von Wolfgang Staudte. Röhrig Universitätsverlag.
Strobl, Doris (2000): Die dunkle Seite des Lebens. Krimi-Autor Mike Molsner betrachtet die Welt aus seinem Domizil im Allgäu. In: Ebbes, H. 1, S. 38f.
Wimmer, Gerlinde (1988): Wenn sich menschliche Abgründe auftun... der Kriminalautor Michael Molsner. In: Das schöne Allgäu, H. 51, S. 11f.