Der Tukan-Preis 2024 geht an Dana von Suffrin
Der diesjährige Tukan-Preis wird an Dana von Suffrin für ihren Roman Nochmal von vorne (Kiepenheuer & Witsch) vergeben. Über die Vergabe beschloss das Plenum des Stadtrats auf Empfehlung einer Jury am 2. Oktober. Der mit 8.000 Euro dotierte Tukan-Preis zeichnet jährlich eine sprachlich, formal und inhaltlich herausragende literarische Neuerscheinung aus. In die Auswahl kommen alle belletristischen Veröffentlichungen von Münchner Autorinnen und Autoren.
*
Der Roman
Rosa steht in der Wohnung ihres toten Vaters und erinnert sich. Sie erinnert sich an die jüdische Familie Jeruscher in Rumänien, die Vertreibung, den Umzug nach Israel, die Familiengründung des Sohnes ausgerechnet mit einer deutschen Frau und das Leben der Familie mit zwei Töchtern in München sowie der Verwandtschaft in Tel Aviv. Während die deutsche Mutter fast besessen war vom Holocaust, scheint den Vater eher der Jom-Kippur-Krieg zornig und schweigsam gemacht zu haben. Die Mutter ist vor Jahren aus dem Familienkonstrukt verschwunden, die Schwester ist distanziert, ja abtrünnig, und nach dem Tod des Vaters ist Rosa nun allein. Ihre Erinnerungen drehen sich in konzentrischen Kreisen um ihre Familie, sie versucht es immer wieder „nochmal von vorne“.
Die Jurybegründung
Dana von Suffrin hat eine berührende Familiengeschichte geschrieben, ohne Schuldzuweisungen. Das macht sie universell. Was hält eine Familie zusammen, in der ein Jahrhundert Verfolgung, Gewalt und Vertreibung nachwirken? Dana von Suffrins Figuren kämpfen mit ihren Idealen, scheitern und stehen trotzdem immer wieder auf. Dank ihrer genauen, lebendigen Zeichnung treten diese skurrilen, traurigen, schrägen Protagonisten vor unsere Augen und direkt in unsere Herzen. Dana von Suffrin erzählt einfühlsam und tiefgründig, bettet fragmenthafte Anekdoten mühelos in große Geschehnisse des letzten Jahrhunderts ein und würzt alles mit hochkomischem Witz. Der Roman wird nie larmoyant, er dramatisiert nicht unnötig, trotz und gerade wegen der vielen Schmerzen, die die Familie immer wieder auseinanderzureißen drohen. Die Erzählerin springt zwischen den Zeiten, entwirft dichte Momentaufnahmen, und wie in einem Kaleidoskop setzt sich die Geschichte dieser Familie vor dem Vorhang der Geschichte der europäischen Juden zusammen. Und nicht zuletzt geht es um zwei Schwestern, eine Vatertochter und eine Muttertochter, die trotz aller Unterschiede etwas gemeinsam haben, ihre Familiengeschichte. Diese lässt sie streiten, sich aus den Augen verlieren und am Ende wieder versöhnen.
Dana von Suffrins Roman ist virtuos, vollgesogen mit bitterbösem Witz, meisterhaft in seiner scheinbaren Leichtigkeit und immer liebevoll zart zu den Menschen, von denen er erzählt. Nicht zuletzt diese Humanität macht ihn zu einem wichtigen Kommentar unserer Zeit.
Die Autorin
Dana von Suffrin wurde 1985 in München geboren. Sie studierte in München, Neapel und Jerusalem und promovierte mit einer Arbeit zur Rolle von Wissenschaft und Ideologie im frühen Zionismus. Ihr Romandebüt Otto wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. dem Münchner Ernst Hoferichter-Preis (2020).
Weitere Empfehlungen der Jury
Slata Roschal: Ich möchte Wein trinken und auf das Ende der Welt warten (Claassen),
Franz-Maria Sonner: Gregor Mendel begegnet dem Schicksal (Edition Nautilus),
Johano Strasser: Radka (Bibliothek der Provinz),
Barbara Yelin: Emmie Arbel. Die Farbe der Erinnerung (Reprodukt).
Die Jury
Der Jury gehörten unter der Leitung von Kulturreferent Anton Biebl an: Agnes Brunner (C.H. Beck Verlag), Marianna Geier (Buchhandlung Buch & Bohne), Dr. Klaus Hübner (Literatur in Bayern, Münchner Feuilleton), Dr. Johannes John (Bayerische Akademie der Wissenschaften), Franz Xaver Karl (Bayerischer Rundfunk), Sabine Reithmaier (Süddeutsche Zeitung) sowie aus dem Stadtrat: Marion Lüttig (Fraktion Die Grünen-Rosa Liste), Thomas Niederbühl (Fraktion Die Grünen-Rosa Liste), Andreas Babor (Fraktion der CSU mit FREIE WÄHLER), Beatrix Burkhardt (Fraktion der CSU mit FREIE WÄHLER), Kathrin Abele (Fraktion SPD/Volt).
Die Preisverleihung findet am 4. Dezember 2024 im Literaturhaus München statt.
Der Tukan-Preis 2024 geht an Dana von Suffrin >
Der diesjährige Tukan-Preis wird an Dana von Suffrin für ihren Roman Nochmal von vorne (Kiepenheuer & Witsch) vergeben. Über die Vergabe beschloss das Plenum des Stadtrats auf Empfehlung einer Jury am 2. Oktober. Der mit 8.000 Euro dotierte Tukan-Preis zeichnet jährlich eine sprachlich, formal und inhaltlich herausragende literarische Neuerscheinung aus. In die Auswahl kommen alle belletristischen Veröffentlichungen von Münchner Autorinnen und Autoren.
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Der Roman
Rosa steht in der Wohnung ihres toten Vaters und erinnert sich. Sie erinnert sich an die jüdische Familie Jeruscher in Rumänien, die Vertreibung, den Umzug nach Israel, die Familiengründung des Sohnes ausgerechnet mit einer deutschen Frau und das Leben der Familie mit zwei Töchtern in München sowie der Verwandtschaft in Tel Aviv. Während die deutsche Mutter fast besessen war vom Holocaust, scheint den Vater eher der Jom-Kippur-Krieg zornig und schweigsam gemacht zu haben. Die Mutter ist vor Jahren aus dem Familienkonstrukt verschwunden, die Schwester ist distanziert, ja abtrünnig, und nach dem Tod des Vaters ist Rosa nun allein. Ihre Erinnerungen drehen sich in konzentrischen Kreisen um ihre Familie, sie versucht es immer wieder „nochmal von vorne“.
Die Jurybegründung
Dana von Suffrin hat eine berührende Familiengeschichte geschrieben, ohne Schuldzuweisungen. Das macht sie universell. Was hält eine Familie zusammen, in der ein Jahrhundert Verfolgung, Gewalt und Vertreibung nachwirken? Dana von Suffrins Figuren kämpfen mit ihren Idealen, scheitern und stehen trotzdem immer wieder auf. Dank ihrer genauen, lebendigen Zeichnung treten diese skurrilen, traurigen, schrägen Protagonisten vor unsere Augen und direkt in unsere Herzen. Dana von Suffrin erzählt einfühlsam und tiefgründig, bettet fragmenthafte Anekdoten mühelos in große Geschehnisse des letzten Jahrhunderts ein und würzt alles mit hochkomischem Witz. Der Roman wird nie larmoyant, er dramatisiert nicht unnötig, trotz und gerade wegen der vielen Schmerzen, die die Familie immer wieder auseinanderzureißen drohen. Die Erzählerin springt zwischen den Zeiten, entwirft dichte Momentaufnahmen, und wie in einem Kaleidoskop setzt sich die Geschichte dieser Familie vor dem Vorhang der Geschichte der europäischen Juden zusammen. Und nicht zuletzt geht es um zwei Schwestern, eine Vatertochter und eine Muttertochter, die trotz aller Unterschiede etwas gemeinsam haben, ihre Familiengeschichte. Diese lässt sie streiten, sich aus den Augen verlieren und am Ende wieder versöhnen.
Dana von Suffrins Roman ist virtuos, vollgesogen mit bitterbösem Witz, meisterhaft in seiner scheinbaren Leichtigkeit und immer liebevoll zart zu den Menschen, von denen er erzählt. Nicht zuletzt diese Humanität macht ihn zu einem wichtigen Kommentar unserer Zeit.
Die Autorin
Dana von Suffrin wurde 1985 in München geboren. Sie studierte in München, Neapel und Jerusalem und promovierte mit einer Arbeit zur Rolle von Wissenschaft und Ideologie im frühen Zionismus. Ihr Romandebüt Otto wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. dem Münchner Ernst Hoferichter-Preis (2020).
Weitere Empfehlungen der Jury
Slata Roschal: Ich möchte Wein trinken und auf das Ende der Welt warten (Claassen),
Franz-Maria Sonner: Gregor Mendel begegnet dem Schicksal (Edition Nautilus),
Johano Strasser: Radka (Bibliothek der Provinz),
Barbara Yelin: Emmie Arbel. Die Farbe der Erinnerung (Reprodukt).
Die Jury
Der Jury gehörten unter der Leitung von Kulturreferent Anton Biebl an: Agnes Brunner (C.H. Beck Verlag), Marianna Geier (Buchhandlung Buch & Bohne), Dr. Klaus Hübner (Literatur in Bayern, Münchner Feuilleton), Dr. Johannes John (Bayerische Akademie der Wissenschaften), Franz Xaver Karl (Bayerischer Rundfunk), Sabine Reithmaier (Süddeutsche Zeitung) sowie aus dem Stadtrat: Marion Lüttig (Fraktion Die Grünen-Rosa Liste), Thomas Niederbühl (Fraktion Die Grünen-Rosa Liste), Andreas Babor (Fraktion der CSU mit FREIE WÄHLER), Beatrix Burkhardt (Fraktion der CSU mit FREIE WÄHLER), Kathrin Abele (Fraktion SPD/Volt).
Die Preisverleihung findet am 4. Dezember 2024 im Literaturhaus München statt.