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Werner von Koppenfels erhält den Übersetzungspreis der Stadt München 2024

Der diesjährige Übersetzungspreis der Stadt München wird an Werner von Koppenfels vergeben. Dies beschloss der Kulturausschuss der Landeshauptstadt München auf Empfehlung einer Jury am 2. Mai. Der Übersetzungspreis ist mit 10.000 Euro dotiert und wird alle drei Jahre – alternierend mit dem Literaturpreis und dem Publizistikpreis – verliehen. Ausgezeichnet werden herausragende übersetzerische Leistungen (Gesamtschaffen) und besondere Verdienste um die Vermittlung fremdsprachiger Literatur in Deutschland. Berücksichtigt werden Übersetzungsleistungen im Bereich Belletristik, Essay und geisteswissenschaftliches Sachbuch mit literarischer Qualität.

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Die Begründung der Jury

Werner von Koppenfels, 1938 in Dresden geboren, lehrte von 1974 bis zu seiner Emeritierung Anglistik und Komparatistik an der Ludwig-Maximilians-Universität München, mit Zwischenstationen in Virginia und Minnesota. Er hat Generationen von Studierenden mit dem Umfang seiner Seminarlektüren verschüchtert und durch das Vorbild seiner Belesenheit geprägt – und hat vor allem weit über den Universitätsbetrieb hinaus- und auf die deutsche Leselandschaft eingewirkt, auch als Rezensent in FAZ und NZZ. Ihm verdanken sich – zusammen mit Friedhelm Kemp – zwei maßstabsetzende, zweisprachige Anthologien der französischen und der englischen Lyrik in jeweils vier Bänden: von den Anfängen bis zur Gegenwart (Verlag C.H. Beck).

Aus vier der sechs bis sieben Sprachen, die er mühelos liest, hat er auch selbst übersetzt: aus dem Englischen, Französischen, Spanischen und Lateinischen – jeweils mit untrüglichem Gespür für das Hochkarätige und mit besonderer Vorliebe für das bislang Übergangene, sprachlich höchst Geschliffene. Historisch reicht das Spektrum von Erasmus von Rotterdam bis zu einem Band des karibischen Nobelpreisträgers Derek Walcott aus dem 21. Jahrhundert, mit einem Schwerpunkt in der Barockzeit, und umfasst amouröse und religiöse Lyrik, philosophische, geistliche und literaturbezogene Essayistik, einen Schelmenroman, Polemisches und Satirisches, Tagebücher und sogar Kinderreime. Für sehr viele der Autorinnen und Autoren ist er der erste und bislang einzige deutsche Übersetzer, u.a. in seinen klug komponierten Themenanalogien: zu europäischer barocker Gartenpoesie, mit Gedichten aus Kerkern und Gefängnissen Europas, u.v.m.

Von Koppenfels‘ Übersetzungspraxis widerlegt ein Diktum von Robert Frost, wonach Dichtung das ist, was in der Übersetzung verlorengeht. Koppenfels dagegen: „Dichtung ist das, was der Übersetzer zu bewahren hat, und ganz hoffnungslos ist seine Sache nicht“ – jedenfalls nicht, wenn man ihn selbst am Werk sieht: wie das geschulte Auge des Philologen die Finessen der Originale erfasst und er sie dann stilsicher in seinen reichen deutschen Wortschatz überführt, wobei er für das, was sich in den Vorlagen der Übersetzbarkeit bleibend entzieht, im Deutschen ebenso findig wie erfinderisch neue und andersartige Reize und Assoziationen hinzugewinnt (u.a. durch den souveränen Einsatz unreiner Reime).

Mit dem Übersetzungspreis 2024 ehrt die Stadt München einen Kulturvermittler von unermüdlicher Entdeckerfreude und außergewöhnlicher Sprachmächtigkeit – der last, not least 1987 den Aufbaustudiengang "Literarische Übersetzung aus dem Englischen" (heute: Masterstudiengang „Literarische Übersetzung“) an der LMU mitbegründet und bis 2004 maßgeblich gestaltet hat, so dass sein Einsatz eine Fortsetzung findet. Werner von Koppenfels zu lesen, heißt (um es mit einer Metapher des ihm so lieben 17. Jahrhunderts zu sagen): immer neue funkelnde Tautropfen der Literaturtradition zu entdecken, in denen als Mikrokosmos sich die Kulturgeschichte von der frühen Neuzeit bis zur Postmoderne spiegelt.