Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendliteratur verleiht Literaturpreise am 22. November

Die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendliteratur verleiht im Jahr 2024 den von der Unterfränkischen Kulturstiftung des Bezirks Unterfranken in Höhe von 5.000 Euro gestifteten Großen Preis an den Historiker, Publizisten und Buchautor Prof. Dr. Michael Wolffsohn (Berlin/München). Die Akademie Faber-Castell überreicht einen „perfekten“ Bleistift. Mit dem Volkacher Taler werden in diesem Jahr Mag. Dr. Sabine Fuchs (Graz) und Prof. Dr. Carsten Gansel (Neubrandenburg) ausgezeichnet.

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Großer Preis 2024

Michael Wolffsohn, 1947 in Tel Aviv geboren, brilliert seit über vier Jahrzehnten mit seinen exzellenten Analysen der Nahost-Politik. Sein Einsatz für die Wissenschaft, Forschung, Politik und Bildungsarbeit verdient höchste Anerkennung, insbesondere in Zeiten wie diesen. Für seine herausragende Tätigkeit und sein facettenreiches Werk hat er bereits viele Auszeichnungen erhalten, weniger aber ist bisher sein steter Austausch mit jungen Menschen in den Mittelpunkt gerückt worden. Dabei stellt er seine Kenntnisse und Erfahrungen auch in schwierigen Debatten konsequent in den Dienst nachfolgender Generationen und für ein gelingendes Miteinander in einer global zu denkenden Gesellschaft. Dafür engagiert er sich nicht nur in Wissenschaft, Forschung und Politik, sondern auch in unzähligen Auftritten auf Podien, Lesungen in Schulen, Büchereien und Bildungseinrichtungen nah am Menschen. Hinzu kommen Statements, Interviews und Artikel in Tageszeitungen, Zeitschriften oder auditiven wie visuellen Medien. Überdies ist er Verfasser zahlreicher Lehr- und Geschichtsbücher über Israel, seiner Geschichte, Religion, Politik und Gesellschaft, zu Judentum und Christentum im Dialog ebenso wie zu Weltkonflikten und Friedenskonzepten. Besonders eindrucksvoll sind sein sehr eloquentes Auftreten und sein faktensicherer historischer Zugang zu aktuellen Entwicklungen und Geschehnissen, ohne dabei ein vom Glauben erfülltes Verständnis für Mensch und Welt aus den Augen zu verlieren.

Sein Umgang mit dem allgemein-historischen, individuell-religiösen sowie privat-menschlichen Erbe und die Verfügbarmachung all seiner Ressourcen zugunsten einer besseren Gesellschaft und Zukunft für die Jugend verdienen unseren größten Respekt. Hier sind neben seiner jahrzehntelangen Lehrtätigkeit an Universitäten im In- und Ausland, zuletzt an der Universität der Bundeswehr in München, und seiner Bereitschaft zu zahlreichen Vorträgen, Fort- und Weiterbildungen in Lehrerakademien und Verbänden, u. a. auch der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur, ebenso die Förderung und Etablierung von Lern- und Kunstwerkstätten so z. B. in der Gartenstadt Atlantic (Berlin), gemeinsam mit seiner Ehefrau Rita Wolffsohn, zu nennen.

Die Tatsache, dass er nicht nur Einblicke in seine eigene Familiengeschichte gibt, etwa in dem Bestseller Deutschjüdische Glückskinder. Eine Weltgeschichte meiner Familie (dtv 2018), sondern diese auch als Buch für Kinder, Wir waren Glückskinder – trotz allem (dtv 2021), verfügbar macht, zeigt, wie wichtig ihm der Dialog zwischen Kindern und Erwachsenen ist. Außerdem stellt er sich damit in eine bewährte kinder- und jugendliterarische Praxis, Ausgaben für Erwachsene für junge Leserinnen und Leser zu adaptieren. Das Verbindende des jüdisch-christlichen Erbes ist ihm dabei ein besonderes Anliegen. Zuletzt hat er dies gemeinsam mit Henning Schroedter-Albers in einer Weihnachts-Haggadah (Sankt Michaelsbund 2023), einem Lese- und Liederbuch für Familien, unter Beweis gestellt. Dieses Zusammenspiel aus Bibeltexten, Kommentaren zur Weihnachtsgeschichte und Weihnachtsliedern wird 2024 zum dritten Mal in der Kreuzkapelle von Sankt Michael in München in Kooperation mit der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur zur Aufführung gebracht.

Mit seinem Standardwerk Eine andere Jüdische Weltgeschichte (Herder 2022) gibt er Eltern, Lehrerinnen und Lehrern sowie Interessierten grundlegendes Wissen zur Geschichte und Theologie des Judentums, über jüdische Kultur und Wirtschaft sowie jüdisches Sozialleben an die Hand – gegen Antisemitismus und falsch kolportierte Schulweisheiten. Insbesondere seit dem terroristischen Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 auf Israel und der rasant gestiegenen antisemitischen Ausfälle gegen Jüdinnen und Juden auch hier in Deutschland setzt er all seine Kraft daran, konsequente Aufklärungs- und Bildungsarbeit mit dem Ziel eines gelingenden Miteinanders zu leisten.

Anlässlich der Vergabe des Großen Preises 2024 an Michael Wolffsohn hat die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendliteratur unter dem Titel Hallo, ich bin Jude! (Sankt Michaelsbund 2024) für ihren Preisträger als Festgabe und Dank für seinen großen Einsatz einen Sammelband ausgewählter aktueller Texte aus seiner Feder zu kontroversen jüdisch-israelischen Themen herausgegeben. Mitgewirkt haben zahlreiche Zeitungen sowie Verlage. Die Texte eignen sich als Diskussionsgrundlage für den faktensicheren und schnellen Einsatz in Schulen, Büchereien und Bildungshäusern. Das Bändchen wird am 7. März 2024 – fünf Monate nach dem furchtbaren Anschlag auf Israel – im Rahmen der Münchner Bücherschau junior erstmals präsentiert.

 

Volkacher Taler 2024

Dr.in Sabine Fuchs verbindet wissenschaftliches, pädagogisches und künstlerisches Talent auf unvergleichliche Weise. Sie zählt zu den bedeutendsten Expertinnen für Kinder- und Jugendliteratur in Österreich. Geboren 1961 in Graz, Steiermark, zeigt sich bereits in ihrer Ausbildung die Vorliebe für Interdisziplinarität und Vielfalt in der Ausdrucksform: geistes- und naturwissenschaftlich, künstlerisch, lebensnah.

Nach einem Magistrat für Lehramt und kombinierte Religionspädagogik an der Karl-Franzens-Universität Graz folgten ein Doktorat der Philosophie an der Technischen Universität Berlin sowie eine Ausbildung zur Schulbibliothekarin, Yoga-Lehrerin und multimedialen Kunsttherapeutin. Von 2013 bis 2022 war sie Hochschul-Professorin an der Pädagogischen Hochschule Steiermark für Kinder- und Jugendliteratur und Deutschdidaktik. Für die PH Steiermark ein besonderer Gewinn: Dr.in Sabine Fuchs hat nicht nur wichtige Forschungsprojekte für die österreichische Kinder- und Jugendliteratur initiiert, sondern auch zur Sichtbarmachung von Kinder- und Jugendliteratur aus Österreich in Forschung und Lehre in hohem Maße beigetragen. Mit ihren Studienprojekten „Vom frommen Kind zur feuerroten Friederike: Kinder- und Jugendliteratur in Österreich“ (2014–2018), „Dialogisches Lernen in der Primar- und Sekundarstufe – Deutsch und Mathematik“ (2019–2021) sowie „Österreichische Kinder- und Jugendliteratur“ (2022–2025) schreibt sie Geschichte weit über die PH Steiermark hinaus und hat mit der dortigen Gründung des KiJuLit-Zentrums für Forschung und Didaktik der Kinder- und Jugendliteratur (www.kijulit.phst.at) eine wichtige Anlaufstelle der Kinder- und Jugendliteraturforschung für das südliche Österreich geschaffen. Zugleich ist sie Initiatorin und Redaktionsmitglied der Open-Access-Zeitschrift dicaticum. Zeitschrift für (Fach-)Didaktik in Forschung und Lehre, herausgegeben an der PH Steiermark.

Ihre besondere Liebe gehört der Illustration. Seit 2006 besucht sie regelmäßig Illustrationskurse an der Fondazione Mostra Internazionale d’Illustratione per L’Infanzia Stepan Zavrel (Sarmede / Italien) und seit 2020 Kunst der Illustration im Kinderbuchhaus im Schneiderhäusl (Oberndorf a. d. Krems). Sie ist Verfasserin zahlreicher Buchbeiträge zur Bilderbuchkunst, zuletzt erschien ein Katalog zur Ausstellung Vielfalt Bilderbuch. 22 Positionen österreichischer Künstler*innen (2021).

Ihr Augenmerk richtet sich neben zahlreichen Beiträgen zum literarischen Lernen, Techniken des Erzählens in Text und Bild, Darstellungen von Volksreligiosität auch immer auf die Literatur von Frauen, darunter Überblicksdarstellungen zu österreichischen Kinderbuchautorinnen oder Studien zu Gesamtwerken, u. a. von Christine Nöstlinger, Renate Welsh oder Mira Lobe. Vor allem historische und weltan- schauliche Entwicklungen sind für sie von großem Interesse.

Sie ist gern gesehene Rednerin auf internationalen Kongressen von Auckland über Stockholm bis Malaysia. 2023 hat sie für ihre Verdienste das Goldene Ehrenzeichen des Landes Steiermark erhalten. Für die Kinder- und Jugendliteratur hat sie sich über einen langen Zeitraum als feste Größe in Fragen der österreichischen Kinder- und Jugendliteratur erwiesen.

Prof. Dr. Carsten Gansel: Wer den Namen hört, denkt sofort an den Jury-Vorsitzenden des renommierten Uwe-Johnson-Preises, an den Wiederentdecker des verschollenen Antikriegsromans von Heinrich Gerlach Durchbruch bei Stalingrad (1945/2016) in einem russischen Militärarchiv, die ungekürzte Neuausgabe von Hans Falladas Welterfolg Kleiner Mann – was nun? (1932/2016) oder die Edition des vernichteten Romans Wir selbst (1939/2020) des wolgadeutschen Autors Gerhard Sawatzky. Und natürlich an die Biografien über Otfried Preußler und Brigitte Reimann, die 2022 und 2023 erschienen sind. Dabei ist der vielseitige Germanist und Medienkundler Carsten Gansel auch einer der profiliertesten Forscher und Didaktiker im Bereich der deutschsprachigen Kinder- und Jugendliteratur.

Gansel, geboren 1955 in Güstrow, Mecklenburg-Vorpommern, begann seine wissenschaftliche Laufbahn nach Abitur, Studium, Grundwehrdienst und Promotion an der Pädagogischen Hochschule seiner Heimatstadt. Nach der Habilitation 1989 forschte und lehrte er an der PH Neubrandenburg und der Universität Greifswald, bis er 1995 als Professor für Neuere deutsche Literatur und Germanistische Literatur- und Mediendidaktik an die Justus-Liebig-Universität Gießen berufen wurde, seinen Wirkungsmittelpunkt bis heute. Seine große Vielseitigkeit als Forscher und Lehrer erschließt sich nicht zuletzt in seinen nebenberuflichen Tätigkeiten. Neben dem Jury-Vorsitz im Johnson-Wettbewerb ist er Beiratsvorsitzender der Arbeitsstelle für Lessing-Rezeption Kamenz, Mitbegründer und Vorsitzender der Mecklenburgischen Literaturgesellschaft und Vorsitzender der Christa-Wolf-Gesellschaft, um nur seine wichtigsten Funktionen zu nennen. Gastprofessuren in Polen, Kanada, Kuba, Russland und Japan runden das Bild eines international angesehenen Gelehrten ab.

Ein wichtiges Anliegen waren ihm immer die Kinder- und Jugendliteraturforschung und -didaktik. Hier ist er aus der „Szene“, der er zahllose Impulse gegeben hat, nicht wegzudenken. Zu diesen zählen zahlreiche von ihm initiierte und geleitete Tagungen zur Kinder- und Jugendliteratur sowie umfangreiche Publikationen wie Kinder- und Jugendliteratur und Narratologie (2009), Zwischenzeit, Grenzüberschreitung, Aufstörung. Bilder von Adoleszenz in der deutschsprachigen Literatur (2011), Erzählen über Kindheit und Jugend in der Gegenwartsliteratur (2019) oder Kinder- und Jugendliteratur heute (2022). Von großer Bedeutung ist auch die Reihe von Tagungen unter seiner Federführung zur „Kinder- und Jugendliteratur in der DDR“ in den Jahren 2022 und 2023 sowie die für den Spätsommer dieses Jahres geplante Fortsetzung zu einem möglichen Kanon der DDR-Kinder- und Jugendliteratur. Geradezu ein Klassiker der Kinder- und Jugendliteraturwissenschaft ist seine vielfach aufgelegte Monografie Moderne Kinder- und Jugendliteratur. Vorschläge für einen kompetenzorientierten Unterricht geworden, beim umfangreichen Sammelband Kinder- und Jugendliteratur heute zeichnet er als Mitherausgeber.

Carsten Gansel ist ein Generalist der Literaturwissenschaft und -didaktik, ein echter „Allrounder“, der sich in vielfacher Hinsicht auch um die Kinder- und Jugendliteratur verdient gemacht hat.

 

Preisverleihung

Der Große Preis sowie die Volkacher Taler werden am Freitag, 22. November 2024, im Rahmen eines Festakts verliehen. Die Einladung erfolgt aus Platzgründen persönlich. Für Auskünfte melden Sie sich bei Josef Rößner M. A. in der Geschäftsstelle der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur per E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. oder zu den Bürozeiten telefonisch unter 09381 / 4355.