Internationales Literaturfestival ULF – 12. bis 15.09. in Nürnberg

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© Susanne Wohlfart

In den vergangenen Jahren hat sich in Deutschland, Österreich und der Schweiz eine bemerkenswerte Vielzahl an neuen, selbstorganisierten Veranstaltungsreihen für Gegenwartsliteratur gegründet. In Ergänzung zu den städtischen Literaturinstitutionen und den primär auf Unterhaltung zielenden Spoken-Word-Veranstaltungen haben sie ein neues Publikum für die Literatur gewinnen können und sich als wichtige Orte für das Entdecken neuer Literatur etabliert.

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In Nürnberg kommen vom 12. bis 15. September erstmals 25 dieser Reihen aus über einem Dutzend Städten zusammen, um gemeinsam die Vielfalt ihrer Veranstaltungsformate zu zeigen und die Anliegen der freien Literaturszene zu diskutieren. ULF – Das Unabhängige-Lesereihen-Festival präsentiert an vier Tagen über 100 Autor*innen in genre-übergreifenden, mehrsprachigen und interdisziplinären Veranstaltungen, die von der Einzellesung bis hin zur Late-Night-Literaturshow reichen. Diskussionsrunden, Programmpunkte für Kinder und Jugendliche, Workshops, Konzerte und Partys rahmen das literarische Kernprogramm. Hauptveranstaltungsort und Kooperationspartner ist der Z-Bau, Haus für Gegenwartskultur.

Das Festival wird veranstaltet vom Netzwerk „Unabhängige Lesereihen e. V.“. Es setzt sich seit seiner Gründung im Jahr 2015 für eine form- und zugangsoffene Literaturlandschaft ein, in der Literatur nahbar ist, in der sie als soziale Praxis gelebt und in der sie gefeiert wird – in all ihrer Diversität und gesellschaftlichen Relevanz. Diesem Prinzip entsprechend wird das literarische Kernprogramm nicht zentral, sondern nach einem „Bottom-Up“-Prinzip kuratiert: Jede Lesereihe gestaltet ihre Veranstaltung eigenständig. Für das umfangreiche Rahmenprogramm kooperiert die Festivalleitung (Clara Kopfermann, Tristan Marquardt, Chris Möller, Tillmann Severin, Lara Sielmann, Frederik Skorzinski und Ayna Steigerwald) mit mehreren Kulturinitiativen und -einrichtungen aus Nürnberg. Das Festival ist gefördert von der Kulturstiftung des Bundes, dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, dem Kulturreferat der Stadt Nürnberg, der Stiftung Zumikon | Kultur und Kommunikation, dem Verlagshaus Berlin und dem Bezirk Mittelfranken.

 

ULF feiert die Literatur – das Festivalprogramm

Im literarischen Kernprogramm präsentieren insgesamt 25 Lesereihen ihre Veranstaltungsformate. Ein Schwerpunkt liegt auf der Präsentation von internationalen Stimmen der Gegenwartsliteratur. So stellt etwa die Reihe auslandSPRACHEN in einer mehrsprachigen Lesung Lyrik in Übersetzung und die literarische Übersetzung an sich in den Mittelpunkt (14.9., 16 Uhr). Für ULF lädt die Berliner Reihe die chinesische Autorin Chun Shu ein, die spätestens seit dem Verbot ihres „jugendgefährdenden“ Debüts als Rockstar der chinesischen Lyrikszene gilt.

Auch die Hamburger Hafenlesung und artiCHOKE aus Berlin sind multilinguale Lesereihen, die sich als Plattformen für Repräsentation koexistierender kultureller Vielfalt durch Literatur verstehen. In ihren Lesungen werden Texte in der Originalsprache vorgetragen – bei ULF unter anderem auf Türkisch, Ungarisch und Portugiesisch (13.9., 20 Uhr und 15.9., 16 Uhr).

Vielstimmigkeit und Diversität zeigen sich bei ULF nicht nur auf Ebene der Sprache. In seinem Literaturgesprächsformat Literatur in Weißensee spricht Alexander Graeff mit Donat Blum über „queere Geschichte(n)". Sie diskutieren Machtstrukturen und das empowernde Potential von Literatur (14.9., 12 Uhr). Auch die englischsprachige Berliner Reihe fiction canteen unterstützt und fördert explizit Autor*innen, die sich als LGBTQI* identifizieren, sowie „writers in migration” und „writers with different abilities”, die in der etablierten Literaturszene sonst wenig vorkommen (13.9., 16 Uhr).

Die Interaktion von Literatur mit anderen Kunstformen zeigt etwa die Münchner Reihe meine drei lyrischen ichs. In ihrer Veranstaltung gestaltet der Nürnberger Künstler Marcus Frimel den Raum. Für die Reihe liest unter anderem die Leipziger Autorin Ronya Othmann, die unlängst den Publikumspreis beim Ingeborg-Bachmann-Preis in Klagenfurt erhielt (14.9., 18 Uhr). Ein speziell für das Festival erarbeitetes Programm, das Musik und Text miteinander in Dialog bringt, zeigen Lyrik ist Happening (Dresden/Leipzig), KOOKread (Berlin) und Niemerlang (Leipzig). Für Niemerlang tritt unter anderem Kenah Cusanit auf, die für ihr Debüt Babel in diesem Jahr für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert war (13.9., 14 Uhr).

Außerhalb der gewöhnlichen Veranstaltungsorte finden die Lesungen der Schweizer Reihe Sofalesungen sowie der Stuttgarter zwischen/miete statt. Sie bringen die Literatur in private Räume – Wohnungen, WGs oder Werkstätten – und werden auch in Nürnberg einen intimen Rahmen für ihre Lesungen schaffen (14.9., 16 Uhr und 15.9., 15.30 Uhr).

Nicht zuletzt zeigen die Lesereihen bei ULF, dass man Literatur feiern kann – in aufwendigen Showformaten oder am Tresen. Die Nürnberger Reihe Roy – Literarisches bei Schnaps hält, was ihr Name verspricht und lädt Gäste und lokale Autor*innen zum gemeinsamen Trinken ein (13.9., 22 Uhr). Das Veranstaltungslabel Kabeljau & Dorsch hat speziell für das Festival eine Gameshow entwickelt, in der Autor*innen die Stationen ihrer kommenden Karriere schon einmal austesten können. Philipp Winkler, Andreas Stichmann und Saskia Warzecha versuchen dort, dem Nobelpreis so nah wie möglich zu kommen (14. 9., 22 Uhr).

Das umfangreiche Rahmenprogramm bietet neben nächtlichen Konzerten und Partys tagsüber an weiteren Orten im Z-Bau und im Stadtzentrum zahlreiche Entdeckungen. So gibt es im großen Festivalzentrum im Saal des Z-Baus zum einen Audio- und Videoinstallationen, eine Hörspielecke und den von der Leipziger Initiative Wort & Bild eigens gestalteten Buch- und Zeitschriftenladen „a library of your future“.

Zum anderen findet hier ein breit gefächertes Veranstaltungsprogramm statt: Zur Eröffnung am Donnerstag, den 12.9. um 20 Uhr, tritt der Nürnberger Autor Andreas Thamm mit seinem Format SuppKultur auf, das Literatur mit Kulinarischem verbindet. An den weiteren Festivaltagen gestalten die Nürnberger Künstler*innen Bird Berlin, KollektivNaiv und das Podcast-Duo Eisenbart & Meisendraht jeweils ein eigenes Frühstücksprogramm.

Zudem findet eine mit Expert*innen besetzte Podiumsdiskussion zur Frage statt, was die Politik für die freie Literaturszene tun kann (14.9., 14 Uhr). Auf der Bühne präsentieren sich mehrere Kulturinitiativen, die die Vielfalt der freien Szene demonstrieren, über Literatur diskutieren und kulturpolitische Ziele formulieren. So stellen etwa Yamen Hussein und Lena Gorelik das Portal Weiter Schreiben vor, auf dem Autor*innen, die im Exil leben, ihre Texte im Original und in deutscher Übersetzung veröffentlichen und mit in Deutschland etablierten Autor*innen zusammenarbeiten (14.9., 19.30 Uhr).

Auch im Rahmenprogramm finden Satellitveranstaltungen im Stadtzentrum statt: Der Nürnberger Dichter Christian Schloyer kuratiert am Festivalsamstag das Format Speed Reading in mehreren Buchhandlungen. Er tritt zudem am Festivalsonntag mit der Nürnberger und Erlanger Autorengruppe Wortwerk auf, die Lyrik und Klangkunst verbindet. Für Kinder und Jugendliche wird ein spezielles Programm angeboten. Die Mobile Buchwerkstatt des KinderKunstRaum installiert eine temporäre Buchbinde- und Druckwerkstatt für junge Besucher*innen ab 6 Jahren. Mit Lyrix, dem Bundeswettbewerb für junge Lyrik, können die jüngsten Gäste im Rahmen des Festivals selbst Gedichte produzieren und präsentieren. Am Samstagnachmittag geben Lyriker*innen Workshops, deren Ergebnisse am Sonntag auf einer Gartenbühne präsentiert werden.

 

Tickets und Programmübersicht

Neben einem Festivalpass (38 €/erm. 30 €) sind Tagestickets erhältlich und im Vorverkauf über Reservix zu beziehen. Für die Eröffnung am Donnerstag (12.9.) und die Partys am Freitag und Samstag (13. und 14.9.) gibt es zudem Einzeltickets an der Abendkasse im Z-Bau.