Sandra Hoffmann erhält Hans-Fallada-Preis 2018

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Erich Ohser: Hans Fallada 1943

Der Hans-Fallada-Preis der Stadt Neumünster 2018 geht an die Schriftstellerin Sandra Hoffmann, unter Würdigung ihres aktuellen Prosabandes Paula (Hanser Berlin, 2017). Paula ist ein fesselndes Memoir, in dem sich die Autorin mit ihrer eigenen Familiengeschichte und dem allumfassenden Schweigen beschäftigt. Die Autorin erinnert sich an ihre verstorbene Großmutter, die nur sehr wenig über die eigene Vergangenheit preisgeben wollte. So verriet sie etwa nie den Namen des Vaters ihres Kindes (Sandra Hoffmanns Mutter). Diesen Leerstellen in der Familiengeschichte setzt Sandra Hoffmann ihren Prosatext entgegen. Paula ist eine faszinierende, eigenwillige Collage, die mit dem Schweigen um Familientabus bricht.

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Die Jury begründet die Wahl wie folgt: „Sandra Hoffmanns Buch Paula, eine autobiografisch geprägte Familiengeschichte über drei Generationen, ist ein dichter Text von schmerzhafter Intensität. Die Autorin führt uns in einen beengten Kosmos in Oberschwaben, in dem das Schweigen der Großmutter, die ängstlich ein Geheimnis aus ihrer Vergangenheit hütet, regiert. Mit eindringlichen Bildern beschreibt Hoffmann das ambivalente Verhältnis zwischen Großmutter und Enkelin, das für die Jüngere zu einer Hassliebe wird. Darüber hinaus ist Paula ein berührendes Stück Zeitgeschichte, in dem die Autorin kunstvoll Realität und Fiktion verbindet und behutsam das Porträt einer Frau zeichnet, die sich im Zweiten Weltkrieg und in der Nachkriegszeit gegen immer neue Schicksalsschläge behaupten muss.“

Sandra Hoffmann, 1967 geboren, lebt als freie Schriftstellerin in München. 2002 debütierte sie mit der Erzählung Schwimmen gegen Blond. Es folgten die Romane Den Himmel zu Füßen (2004) und Liebesgut (2008). Sie arbeitet in freier Tätigkeit für das Münchner Literaturhaus, unterrichtet kreatives Schreiben am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und schreibt für das Radio. Für ihren letzten Roman Was ihm fehlen wird, wenn er tot ist (2012) erhielt sie den Thaddäus-Troll-Preis.

Der Hans-Fallada-Preis der Stadt Neumünster wird alle zwei Jahre vergeben und ist mit 10.000 Euro dotiert. Mitglieder der Jury unter dem Vorsitz des Ersten Stadtrats Carsten Hillgruber sind Wend Kässens, Sandra Kerschbaumer, Burkhard Möbius, Wolfgang Sandfuchs, Frauke Tensfeldt und Franziska Wolffheim.

Der Hans-Fallada-Preis wird bevorzugt an jüngere SchriftstellerInnen aus dem deutschsprachigen Raum verliehen, die in ihren veröffentlichten literarischen Arbeiten Zeitprobleme, vorzugsweise des letzten Jahrzehnts, mit politisch-sozialem Hintergrund behandeln, so wie es Hans Fallada in seinem literarischen Werk getan hat.

Zu den Preisträgern vergangener Jahre gehören u.a. Jonas Lüscher, Jenny Erpenbeck, Wolfgang Herrndorf, Ralf Rothmann, Wilhelm Genazino und Birgit Vanderbeke.

Die öffentliche Preisverleihung findet am 20. März 2018 in Neumünster statt.

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