Info
Geb.: 16. 8.1677 in Tiefenbach
Gest.: 2. 6.1726 in Herretshofen
Kupferstich Balthasar Schmid in türkischer Tracht. Aus: "Deß In das gantze Gelobt- und Heilige Land zwey mal verreiseten Pilgrams Balthasar Schmids Verfasste und außgeführte Reis-Beschreibung" (1723) (Germanisches Nationalmuseum, Graphische Sammlung)
Wirkungsorte:
Kirchhaslach
Elchingen
Dillingen

Balthasar Schmid

1723 erscheint in der Ulmer Druckerei Elias Daniel Süß ein außergewöhnliches Buch, dem die Aufzeichnungen eines Balthasar Schmid über seine Pilgerreise 1718-1719 in das Heilige Land zugrunde liegen. Der ausführliche Titel des Werks lautet

Deß In das gantze Gelobt- und Heilige Land zwey mal verreiseten Pilgrams Balthasar Schmids Verfasste und außgeführte Reis-Beschreibung; In welcher dem Geist- und Weltlichen Leser Zum Lust und Nutzen / Die vorfallende Oerter, Länder, Gewächse, Seltsamkeiten; Die Völcker samt ihrem Ursprung, Sprachen, Sitten, Glauben; Wie auch die Erklärungen Der Hebräischen und anderer fremden Wörtern und Eigennämen, so theils im Alten, theils im Neuen Testament, oder auch in den Geschicht- und anderen Lands-Beschreibungs-Büchern vorkommen, Mit grosser Mühe und sorgsamen Fleiß vorgestellet hat P. MAGNUS SCHLEYR, Deß Freyen Reichs-Stiftes und Gottes-Hauses Elchingen Benedictiner. ULM / gedruckt bey Elias Daniel Süß / zu finden bey dem Pilgram selbsten, in der Grafschaft Babenhausen, in unsers Herr-Gotts-Ruh, bey Kirch-Haslach, 1723.

Balthasar Schmid, 1677 in Tiefenbach bei Illertissen als Sohn des Landwirts Petrus Schmid und dessen Ehefrau Maria geboren, lebt 15 Jahre lang als Gast im Benediktinerkloster Elchingen, ohne dem Konvent als Pater oder Frater anzugehören. In den Jahren 1712-1713 und 1718-19 unternimmt er von Elchingen aus zwei Reisen nach Jerusalem. Vom Kloster wird er bei seinen Reisen sowohl mit Geld als auch mit Empfehlungen an die ausländischen Klöster unterstützt. Auf seiner ersten Pilgerfahrt 1712-1713 wird Balthasar Schmid überfallen und ausgeraubt, auf der Seereise heimwärts gerät er in einen schweren Sturm. Er gelobt, im Falle seiner Rettung eine zweite Wallfahrt zu wagen und seine Erlebnisse niederzuschreiben. 1718 löst er dieses Gelübde ein. Er bricht am 6. Dezember auf, ein Segelschiff bringt ihn zusammen mit zahlreichen anderen Pilgern von Venedig über Zypern zum Hafen Joppe (heute Tel Aviv-Jaffa). Unter türkischem Schutz reitet die Karawane nach Jerusalem, wo die Pilger am 25. März das Franziskanerkloster St. Salvator erreichen. Von dort aus besuchen sie in den folgenden Wochen heilige Stätten in Jerusalem und Umgebung. Am 5. Juni 1719 tritt Schmid seine Rückreise an, die wegen mehrerer Zwangsaufenthalte (42 Tage Quarantäne wegen des Verdachts auf Pest, durch Hochwasser zerstörte Brücken und Straßen) doppelt so lange dauert wie die Hinreise.

Am 19. Dezember 1719 kehrt er ins Kloster Elchingen zurück. Seine Tagebuchaufzeichnungen, die er von dieser zweiten Pilgerreise mitbringt, umfassen insgesamt 118 Blätter. Schmid schildert darin Orte, Sehenswürdigkeiten und Erlebnisse auf dieser Reise, gibt aber auch detaillierte Ratschläge für künftige Pilger. Dass seine Tagebuchniederschrift schließlich auf ein 900-seitiges Werk anwachsen und in Druck gehen kann, ist vor allem der Arbeit des gelehrten Paters Magnus Schleyr (1672-1727) zu verdanken. Dieser wirkt im Kloster Elchingen als Prediger, Schriftsteller, Übersetzer und Bibliothekar. Pater Magnus Schleyr bearbeitet Schmids Aufzeichnungen, ergänzt sie durch historische Erläuterungen und exegetische Ergänzungen in Bezug auf die Bibel und stattet sie mit zeitgenössischen Kupferstichen aus. Zudem arbeitet er ältere Pilgerberichte ein, wie den des Ulmer Dominikaners Felix Fabri über dessen Pilgerfahrt 1483/84 ins Heilige Land. Nach mehrjähriger Arbeit kann Pater Magnus das Werk abschließen. 1723 wird es von Abt Cölestin schließlich an die Ulmer Druckerei übergeben. Die Erstauflage beträgt 1050 Exemplare. Wegen der großen Nachfrage kommt es 1730 in Dillingen zu einer zweiten Auflage. Mittlerweile liegt das Werk, das eine eindrucksvolle Vorstellung davon gibt, wie beschwerlich Reisen in dieser Zeit war, in digitaler Form vor.

Nach der Rückkehr von seiner zweiten Reise wird Balthasar Schmid durch Graf Rupert Joseph Anton Fugger (1683-1724) als Eremit zur Betreuung der Kapelle „Unseres Herren Ruh“ in Herretshofen bei Kirchhaslach berufen; Kirchhaslach ist bis 1806 ein Teil der Herrschaft (ab 1803 Reichsfürstentum) Fugger Babenhausen. Die Eremitage in Herretshofen dient Mönchen und Laienbrüdern, die in der benachbarten Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt in Kirchhaslach Aushilfe leisten, als Wohnung. Balthasar Schmid lebt dort bis zu seinem Lebensende und bietet sein Buch zum Verkauf an, wie dem bereits erwähnten Titelblatt zu entnehmen ist (Zu finden bey dem Pilgram selbsten). Am 2. Juni 1726 kommt Balthasar Schmid unter tragischen Umständen ums Leben, er wird bei einem Unwetter vom Blitz erschlagen.

Hintergrundinformationen über Balthasar Schmids Leben und sein Werk geben der Artikel „Im Christmonat 1718 von Elchingen ins Heilige Land“ (1948 erschienen in Der Gänsgückeler) und der Beitrag des Babenhauser Heimatforschers Herbert Huber „Der Herretshofer Eremit Balthasar Schmid und seine Reisen in das Hl. Land“ (2021 erschienen in den Beiträgen zur Geschichte des Historischen Vereins Babenhausen). 

Über das Leben und Wirken des gelehrten Pater Magnus Schleyr berichtet Anton Aubele in Kloster Elchingen (2020). Schleyr wird darin als eine der schillerndsten Personen des Elchinger Konvents bezeichnet, ein hochgelehrter und in mehreren Sprachen bewanderter Mann. Er leistet dem Kloster Elchingen mit seinen Französischkenntnissen bei den kriegerischen Auseinandersetzungen während des Spanischen Erbfolgekriegs wichtige Dienste. Aus seiner Salzburger Tätigkeit als Professor der Poesie in den Jahren 1713 bis 1715 sind zudem zwei Theaterstücke überliefert.

Verfasst von: Digitaler Literaturatlas von Bayerisch Schwaben DigiLABS / Rosmarie Mair, M.A.

Sekundärliteratur:

Aubele, Anton (2020): Kloster Elchingen, S. 129-131, 136-141, 380.

[H., E.] (1948/49): Im Christmonat 1718 von Elchingen ins Heilige Land. In: Der Gänsgückeler, Heimatbeilage der „Neu Ulmer Tagespost“ 1. Jg., S. 3-5, 13, 19-21.

Huber, Herbert (2021): Der Herretshofer Eremit Balthasar Schmid und seine Reisen in das Hl. Land. In: Beiträge zur Geschichte, Nr. 120, Juli, hg. Historischer Verein Babenhausen.

Kraus, Andreas (Hg.) (2001): Geschichte Schwabens bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts. Handbuch der bayerischen Geschichte Band III, 2, begr. von Max Spindler, neu hg. von Andreas Kraus. C. H. Beck, München, S. 742. 

Pörnbacher, Hans (2002): Schwäbische Literaturgeschichte, S. 154f.


Externe Links:

Literatur von Balthasar Schmid im BVB

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