Info
Geb.: 24. 3.1921 in Kempten (Allgäu)
Gest.: 27.5.2003 in Babenhausen
Selbstporträt Artur Jall © Familie Jall

Artur Jall

Der Mundartdichter Artur Jall wächst in seiner Geburtsstadt Kempten auf und absolviert nach dem Besuch der Schulzeit von 1937 bis 1939 eine landwirtschaftliche Lehre bei einem Verwandten in der Nähe von Kempten. Anschließend arbeitet er als Geselle auf Bauernhöfen in Oberbayern und in Baden, bis er im Alter von 20 Jahren in den Krieg eingezogen wird. Nach der Rückkehr aus dem Krieg – er ist von 1941 bis 1945 in Russland eingesetzt – besucht er die landwirtschaftliche Fachschule in Babenhausen und findet 1949 eine Anstellung beim dortigen Landwirtschaftsamt. In den Jahren 1953 bis 1958 ist er zudem Pächter des Gasthofs Kreuz in Dietershofen. 1959 kehrt Jall mit seiner Familie nach Babenhausen zurück, wird Geschäftsführer eines Trocknungswerks und wechselt nach dessen Schließung mit 50 Jahren zur Jugendgerichtshilfe Illertissen, wo er bis zur Pensionierung arbeitet.

Artur Jall ist vielseitig musisch begabt. Über 50 Jahre ist er Sänger bei der Liedertafel Babenhausen und 12 Jahre lang deren Vorstand. Die Marktgemeinde Babenhausen verleiht ihm 1987 die Bürgermedaille. Artur Jall malt in Öl und Aquarell. Relativ spät entdeckt er das Dichten in seiner Heimatmundart. Er schreibt Kurzprosa, Lyrik und Theaterstücke und wird eines der Gründungsmitglieder der seit 1977 bestehenden Matzenhofer Schwabengilde, einer Vereinigung schwäbischer Mundartdichter. 1994 wird er zum Ehrenpoeten der Schwabengilde ernannt.

Seine humorvoll-hintersinnigen Verse und Kurzgeschichten in Mundart und Standardsprache sowie eine Sammlung von Allgäuer Mundartwörtern veröffentlicht Artur Jall zwischen 1980 und 2002 in insgesamt zehn Büchern: A bitzle so … a bitzle so (1982), Von Söttene und Söttige (1983), Dr Sell (1985), Gell, dös hätt’sch au it denkt! (1988), Ja, was isch denn dös (1990), Sag’s auf Schwäbisch (1994), Allgäuer Wörterbüchle von A-Z (1996), Dr Sell haot gsait: Die Schwaben und ihre Sprüche (2001) und Zu zweit- aber nicht unglücklich (2002). Im standard¬sprachlichen Prosaband Erlebt und erzählt (1985) blickt er auf sein Leben zurück. Die beiden Anthologien der Matzenhofer Schwabengilde Mei Ländle I (1987) und Mei Ländle II (1992) enthalten mehrere Beiträge von Artur Jall und im Band Butzagägaler. Mundartlyrik in Bayerisch-Schwaben (2023) finden sich seine Gedichte „An mein Fernseher“, „Nix Nuis“, „Dr Sell“ und „Kindergebet“. Seine Frau Magda ist in all den Jahren seines poetischen Wirkens nicht nur seine zuverlässige Fahrerin (Artur Jall ist schwer sehbehindert), sondern stets auch die erste Kritikerin seiner Manuskripte.

Artur Jall bei einer Lesung 1989 © Familie Jall

Neben seinen schriftstellerischen und künstlerischen Aktivitäten wird Artur Jall in der Erwachsenenbildung für die Volkshochschule Babenhausen tätig und organisiert dabei auch mehrere Reisen in die frühere Sowjetunion. Für Artur Jall, der aus seiner Soldatenzeit über relativ gute russische, später autodidaktisch noch erweiterte Sprachkenntnisse verfügt, steht bei diesen Reisen der Versöhnungsgedanke im Zentrum. Das Versöhnungsmotiv gründet in den schrecklichen Kriegserlebnissen, die auch in verschiedenen seiner Kurzgeschichten zum Ausdruck kommen. Im Artikel „Waren sie auch bei Woronesch?“ (Augsburger Allgemeine vom 30. März 1985) wird ein berührendes Reiseerlebnis beschrieben. 

2003 stirbt der Mundartpoet Artur Jall im Alter von 82 Jahren. Die Matzenhofer Schwabengilde und der Historische Verein Babenhausen würdigen ihn 2011 anlässlich seines 90. Geburtstags mit einer Gedenkveranstaltung. Und 2021 werden zum 100. Geburtstag Tafeln am Poetenweg in Matzenhofen mit seinen Versen bestückt. Teile seines literarischen Nachlasses, darunter auch digitalisierte Tonbandaufnahmen und Fotografien von Lesungen, werden von der Matzenhofer Schwabengilde und vom Historischen Verein Babenhausen verwahrt.

Verfasst von: Digitaler Literaturatlas von Bayerisch Schwaben DigiLABS / Rosmarie Mair, M.A.

Sekundärliteratur:

Spindler, Dieter (2010/11): Artur Jall zum neunzigsten Geburtstag. In: Beiträge zur Geschichte. Bd. 3, hg. Historischer Verein Babenhausen e.V.

Langhans, Regina (2021): 100 Jahre Artur Jall – Schwabengilde würdigt Babenhausener Mundartpoeten. In: Illertisser Zeitung und Neu-Ulmer Zeitung, 24. März.


Externe Links:

Literatur von Artur Jall im BVB

Gedichte Artur Jall, Sammlung Erich Rueß

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