Info
Geb.: 6.10.1648 in Sulzbach-Rosenberg
oder Sulzbach (Lkr. Haßberge)
Gest.: 6. 3.1726 in Großhennersdorf/Oberlausitz
Geistreiche Lieder und Poetische Betrachtungen, Der Sel. Fr. Geh. Rahts-Directorin und Land-Voigtin, Weil. Frauen Henrietten Catharinen, Frey-Frauen von Gersdorf, geb. Freyin von Friesen, Halle, 1729 [BSB, Sign.: P.o.germ. 444 k]
Namensvarianten: geb. von Friesen; Henriette Katharina von Gersdorf

Henriette Catharina von Gersdorff

Die aus einem sächsischen Adelsgeschlecht stammende Kirchenlieddichterin Henriette Catharina von Gersdorff wird 1648 in Sulzbach geboren, wo ihr Vater Carl von Friesen (1619-1686), späterer Konsistorialpräsident und Oberhofrichter in Leipzig, Geheimer Rat beim Pfalzgrafen ist. Zusammen mit ihren Brüdern genießt sie eine für Frauen ihrer Zeit ungewöhnlich vielseitige Ausbildung, liest die Bibel in den Grundsprachen Althebräisch, -aramäisch und -griechisch und eignet sich Kenntnisse in Malerei, Dichtung und Tonkunst an.

Mit zeitgenössischen Theologen und Wissenschaftlern (darunter Gottfried Wilhelm Leibniz) steht sie zeitweise in brieflichem Kontakt. Schon früh, 1665, wird eine von ihr verfasste Erbauungsschrift, die auch in Friedrich Rappolts Poematibus (1760) zu finden ist, in Wittenberg gedruckt. 1672 heiratet Henriette Catharina den bereits zweimal verwitweten geheimen Rat, Direktor und Landvogt in der Lausitz Nikolaus von Gersdorff (1629-1702). Das Paar hat neben vier Kindern aus den ersten beiden Ehen dreizehn Kinder, von denen sieben früh versterben.

Gemeinsam mit ihrem Mann unterstützt Henriette Catharina die Pietismusbestrebungen des Dresdner Oberhofpredigers Philipp Jakob Spener (1635-1705) und fördert das Kirchen- und Schulwesen in Kursachsen. Ab 1693 übernimmt sie die Druckkosten der Übersetzungen der Bibel ins Sorbische (zuerst Römer- und Galaterbrief, dann Psalmen und Neues Testament), die erstmals 1728 im Druck und mit einer Würdigung für die Mäzenatin erscheint.  

1690 begleitet Henriette Catharina von Gersdorff Nikolaus als kurfürstlichen Reichstagsgesandten nach Augsburg zur Königskrönung. Neben Bittgesuchen für die im Zuge der Gegenreformation bedrängten evangelischen Glaubensbrüder und -schwestern setzt sie sich für die Ausbildung adliger Mädchen aus Exulantenkreisen ein.

Sterbeplakette von Henriette Catharina von Gersdorff in Großhennersdorf

Nach dem Tod ihres Mannes zieht sich Henriette Catharina auf ihr Gut Großhennersdorf bei Zittau zurück, wo sie ihren Enkel Nikolaus Ludwig von Zinzendorf (1700-1760), den späteren Gründer der Herrnhuter Brüdergemeine (Unitas Fratrum), aufzieht und böhmischen Glaubensflüchtlingen Zuflucht bietet.

Ihre 99 Lieder u.d.T. Geistreiche Lieder und poetische Betrachtungen (Halle 1729, Nachdr. 1998) zählen nach dem Urteil des evangelischen Theologen Johann Jakob Rambach (1693-1735) „zu den besten ihrer Zeit“ (Carl Bertheau), wenngleich sie aus heutigen Gesangsbüchern verschwunden sind. Zu nennen sind u.a. „O gnadenvolles Heute, da sich der Gottesheld für uns gefallne Leute zum Heiland eingestellt“, „Herr, mein Heil, in aller Angst wend ich meine Glaubensblicke zu dem Kreuze, da du hangst“, „Gott, der an allen Enden viel große Wunder tut, in dessen treuen Händen mein ganzes Leben ruht“ sowie „Treuer Hirte deiner Herde, deiner Glieder starker Schutz“.

Verfasst von: Bayerische Staatsbibliothek / Dr. Peter Czoik

Sekundärliteratur:

https://personenlexika.digitale-sammlungen.de/Lexika/Gersdorf,_Henriette_Cathrine_von_(GND_120296233), (31.05.2020).

Baldauf, Ingeborg C. (2005): Gersdorf (Gersdorff), Henriette Katharina Freifrau von. In: Sächsische Biografie. Hg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V. URL: http://saebi.isgv.de/biografie/Henriette_Katharina_von_Gersdorf_(1648-1726), (31.05.2020).

Bautz, Friedrich Wilhelm: Gersdorf, Henriette Katharina von. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon. Bd. 2 (1990), Sp. 228f.

Bertheau, Carl: Gersdorff, Henriette Catharine Freifrau von. In: Allgemeine Deutsche Biographie 9 (1879), S. 53ff., https://www.deutsche-biographie.de/pnd120296233.html#adbcontent, (31.05.2020).

Langer, Robert (2008): Pallas und ihre Waffen. Wirkungskreise der Henriette Catharina von Gersdorff. Neisse Verlag, Dresden.

Woods, Jean M.; Fürstenwald, Maria (1984): Schriftstellerinnen, Künstlerinnen und gelehrte Frauen des deutschen Barock. Ein Lexikon (Repertorien zur deutschen Literaturgeschichte, 10). J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart, S. 34f.


Externe Links:

Literatur von Henriette Catharina von Gersdorff im BVB

Literatur über Henriette Catharina von Gersdorff im BVB

Henriette Catharina von Gersdorff in der DDB

Henriette Catharina von Gersdorff im Index Theologicus

Henriette Catharina von Gersdorff in der Wikipedia

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