Sandra Paretti
Sandra Paretti alias Irmgard Schneeberger kommt als zweites Kind des Juristen Dr. rer. pol. Clemens Schneeberger und seiner Frau Maria, geborene Lang, in einem ehemaligen Regensburger Domherrenhof zur Welt. Nach dem Abitur am Mädchenrealgymnasium 1953 studiert sie Musik und Germanistik in München, Paris und Rom und promoviert 1960 zum Dr. phil. mit einer Arbeit über Das Kunstmärchen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Nach journalistischen Jahren bei der Münchner Abendzeitung arbeitet sie als freie Schriftstellerin unter dem Pseudonym „Paretti“, auf welches sie in ihrer eigenen Familiengeschichte stößt.
Ihr erstes Buch, ein historischer Roman mit dem Titel Rose und Schwert (1967), wird so erfolgreich, dass gleich zwei Fortsetzungen – Lerche und Löwe (1969) sowie Purpur und Diamant (1971) – erscheinen. Im Mittelpunkt steht die schöne Heldin Caroline de la Romme Allery, eine Zeitgenossin von Kaiser Napoléon Bonaparte. Einen weiteren historischen Roman legt Paretti mit Der Winter, der ein Sommer war (1972) vor, der 1976 für das Fernsehen verfilmt wird: Es ist die Geschichte des Landgrafen von Hessen, der dem englischen König Georg III. (1738-1820) Soldaten für dessen Krieg gegen die um ihre Unabhängigkeit kämpfenden Amerikaner verkauft. Ebenfalls ein internationaler Bestseller wird Parettis Roman Der Wunschbaum (1975), eine Familiengeschichte aus dem großbürgerlichen Milieu zur Zeit der vorletzten Jahrhundertwende, wenngleich sich hier die Nähe zum „Klischeeroman“ abzeichnet. Die Irrfahrt eines Luxusliners zu Beginn des Ersten Weltkriegs schildert zwei Jahre darauf der Roman Das Zauberschiff. Ihm folgen Maria Canossa (1979), die Hommage an Parettis Mutter Das Echo deiner Stimme (1980), Der Paradiesmann (1983), Südseefieber (1986) und der im New Yorker Mafia-Milieu spielende Roman Tara Calese (1988).
Sind ihre von Kritikern wegen ihres Verkaufserfolgs als „weiblicher Konsalik“ titulierten Romane von einer „Traumwelt à la Dumas“ (Heinz Fischer) geprägt, nimmt die unter psychologischen Aspekten verfasste Biographie ihrer Mutter eine literarische Sonderstellung ein: Das Echo Deiner Stimme ist das Zeugnis einer Spurensuche, die einen zwischen Bewunderung und Hass schwankenden Zugang zu einer sich gewaltsam verhärtenden und darunter leidenden Frau verrät, und nebenbei noch ein Erinnerungsbuch an ein Regensburg der vergangenen Kindheit. Auch im Erinnerungsband Mein Regensburger Welttheater (1989) wird der psychologische Grundzug von Parettis Erzählen deutlich.
Lange Jahre ist Sandra Paretti mit dem in Frankreich lebenden deutschen Schriftsteller, stern-Journalisten und späteren Molden-Verleger Hans Herlin (1925-1994) liiert (Werke u.a.: Der letzte Frühling in Paris, Verdammter Atlantik). Später heiratet sie den Schweizer Werbekaufmann, Designer und Grafiker Hannes Looser (1919-1988).
Sandra Paretti und Kulturamtsleiter Bernhard M. Baron im Großen Sitzungssaal des Alten Rathauses zu Weiden am 4. Mai 1985, im Rahmen der 1. Weidener Literaturtage. Foto: Rudi Bonkoß. © Bernhard M. Baron
Nach der Mitwirkung am Drehbuch zur TV-Serie Das Traumschiff bildet das vierteilige Fernsehspiel Der rote Vogel (ZDF 1993) ihre letzte Arbeit. Unveröffentlicht bleibt das Bühnenwerk Princess Haifa. Ein Stück in drei Akten und einem fehlenden vierten Akt, in dem das Gute siegt sowie die Kriminalkomödie Die Briefe von Caruso.
Im Alter von 59 Jahren stirbt Sandra Paretti in Meilen am Zürichsee. Seit 1992 unheilbar an Krebs erkrankt, setzt sie ihrem Leben durch das Gift, das sie von der Sterbehilfsorganisation EXIT bezieht, ein Ende. Ihre euphorische Todesanzeige für Freunde in der Neuen Zürcher Zeitung stößt wegen ihres ausdrücklichen Danks für jene Organisation teilweise auf heftige Kritik.
Die Stadt Regensburg ehrt die gebürtige Regensburger Schriftstellerin im Januar 2012 mit einem eigenen Sandra-Paretti-Weg im Neubaugebiet Weinberg II (in unmittelbarer Nähe des Carl-Orff-Wegs). Die Installation der Strassenbeschilderung nimmt Oberbürgermeister Hans Schaidinger persönlich in Anwesenheit von Parettis Münchner Bruder, Carl Schneeberger, vor.
Der Nachlass von Sandra Paretti befindet sich seit 2014 in der Staatlichen Bibliothek Regensburg (Akzessions-Nr. G 14-633).
Sekundärliteratur:
Baron, Bernhard M. (2001): Oberpfälzer Literaturg'schichten. Audio-CD. Radio Ramasuri, Weiden. Text & Sprecher: Bernhard M. Baron © Radio Ramasuri.
Ders. (2006): „Vielleicht bin ich doch eine Weidnerin?“. Sandra Paretti in Weiden. In: Oberpfälzer Heimat 50, S. 71ff.
Ders. (20074): Weiden in der Literaturgeographie. Eine Literaturgeschichte (Weidner Heimatkundliche Arbeiten Nr. 21). Weiden, S. 45f.
Berlinger, Joseph (2012): Das große Fest des Lebens [...]. Im Kampf mit dem Puritanismus: Sandra Paretti. In: Bayerischer Rundfunk. Reihe „Land und Leute“. Sonntag, 18.11.
Fischer, Heinz: Paretti, Sandra. In: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 64f., http://www.deutsche-biographie.de/pnd119458977.html, (14.10.2011).
Moser, Dietz-Rüdiger (1991): Schreiberisch in Schönheit sterben... Gespräch mit Sandra Paretti. In: Federleichte Mädchen... Das Nymphenburger Lesebuch. München, S. 17-26.
Ders. (Hg.) (1997): Lexikon der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur seit 1945. Bd. 2. Nymphenburger Verlag, München, S. 922f.
Probst, Ernst (2001): Sandra Paretti. Der „weibliche Konsalik“. In: Ders.: Superfrauen 8 – Literatur. GRIN Verlag, Norderstedt, S. 120f.
Externe Links:
Literatur von Sandra Paretti im BVB
Literatur über Sandra Paretti im BVB
Youtube-Video zu Sandra Paretti
Sandra Paretti alias Irmgard Schneeberger kommt als zweites Kind des Juristen Dr. rer. pol. Clemens Schneeberger und seiner Frau Maria, geborene Lang, in einem ehemaligen Regensburger Domherrenhof zur Welt. Nach dem Abitur am Mädchenrealgymnasium 1953 studiert sie Musik und Germanistik in München, Paris und Rom und promoviert 1960 zum Dr. phil. mit einer Arbeit über Das Kunstmärchen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Nach journalistischen Jahren bei der Münchner Abendzeitung arbeitet sie als freie Schriftstellerin unter dem Pseudonym „Paretti“, auf welches sie in ihrer eigenen Familiengeschichte stößt.
Ihr erstes Buch, ein historischer Roman mit dem Titel Rose und Schwert (1967), wird so erfolgreich, dass gleich zwei Fortsetzungen – Lerche und Löwe (1969) sowie Purpur und Diamant (1971) – erscheinen. Im Mittelpunkt steht die schöne Heldin Caroline de la Romme Allery, eine Zeitgenossin von Kaiser Napoléon Bonaparte. Einen weiteren historischen Roman legt Paretti mit Der Winter, der ein Sommer war (1972) vor, der 1976 für das Fernsehen verfilmt wird: Es ist die Geschichte des Landgrafen von Hessen, der dem englischen König Georg III. (1738-1820) Soldaten für dessen Krieg gegen die um ihre Unabhängigkeit kämpfenden Amerikaner verkauft. Ebenfalls ein internationaler Bestseller wird Parettis Roman Der Wunschbaum (1975), eine Familiengeschichte aus dem großbürgerlichen Milieu zur Zeit der vorletzten Jahrhundertwende, wenngleich sich hier die Nähe zum „Klischeeroman“ abzeichnet. Die Irrfahrt eines Luxusliners zu Beginn des Ersten Weltkriegs schildert zwei Jahre darauf der Roman Das Zauberschiff. Ihm folgen Maria Canossa (1979), die Hommage an Parettis Mutter Das Echo deiner Stimme (1980), Der Paradiesmann (1983), Südseefieber (1986) und der im New Yorker Mafia-Milieu spielende Roman Tara Calese (1988).
Sind ihre von Kritikern wegen ihres Verkaufserfolgs als „weiblicher Konsalik“ titulierten Romane von einer „Traumwelt à la Dumas“ (Heinz Fischer) geprägt, nimmt die unter psychologischen Aspekten verfasste Biographie ihrer Mutter eine literarische Sonderstellung ein: Das Echo Deiner Stimme ist das Zeugnis einer Spurensuche, die einen zwischen Bewunderung und Hass schwankenden Zugang zu einer sich gewaltsam verhärtenden und darunter leidenden Frau verrät, und nebenbei noch ein Erinnerungsbuch an ein Regensburg der vergangenen Kindheit. Auch im Erinnerungsband Mein Regensburger Welttheater (1989) wird der psychologische Grundzug von Parettis Erzählen deutlich.
Lange Jahre ist Sandra Paretti mit dem in Frankreich lebenden deutschen Schriftsteller, stern-Journalisten und späteren Molden-Verleger Hans Herlin (1925-1994) liiert (Werke u.a.: Der letzte Frühling in Paris, Verdammter Atlantik). Später heiratet sie den Schweizer Werbekaufmann, Designer und Grafiker Hannes Looser (1919-1988).
Sandra Paretti und Kulturamtsleiter Bernhard M. Baron im Großen Sitzungssaal des Alten Rathauses zu Weiden am 4. Mai 1985, im Rahmen der 1. Weidener Literaturtage. Foto: Rudi Bonkoß. © Bernhard M. Baron
Nach der Mitwirkung am Drehbuch zur TV-Serie Das Traumschiff bildet das vierteilige Fernsehspiel Der rote Vogel (ZDF 1993) ihre letzte Arbeit. Unveröffentlicht bleibt das Bühnenwerk Princess Haifa. Ein Stück in drei Akten und einem fehlenden vierten Akt, in dem das Gute siegt sowie die Kriminalkomödie Die Briefe von Caruso.
Im Alter von 59 Jahren stirbt Sandra Paretti in Meilen am Zürichsee. Seit 1992 unheilbar an Krebs erkrankt, setzt sie ihrem Leben durch das Gift, das sie von der Sterbehilfsorganisation EXIT bezieht, ein Ende. Ihre euphorische Todesanzeige für Freunde in der Neuen Zürcher Zeitung stößt wegen ihres ausdrücklichen Danks für jene Organisation teilweise auf heftige Kritik.
Die Stadt Regensburg ehrt die gebürtige Regensburger Schriftstellerin im Januar 2012 mit einem eigenen Sandra-Paretti-Weg im Neubaugebiet Weinberg II (in unmittelbarer Nähe des Carl-Orff-Wegs). Die Installation der Strassenbeschilderung nimmt Oberbürgermeister Hans Schaidinger persönlich in Anwesenheit von Parettis Münchner Bruder, Carl Schneeberger, vor.
Der Nachlass von Sandra Paretti befindet sich seit 2014 in der Staatlichen Bibliothek Regensburg (Akzessions-Nr. G 14-633).
Baron, Bernhard M. (2001): Oberpfälzer Literaturg'schichten. Audio-CD. Radio Ramasuri, Weiden. Text & Sprecher: Bernhard M. Baron © Radio Ramasuri.
Ders. (2006): „Vielleicht bin ich doch eine Weidnerin?“. Sandra Paretti in Weiden. In: Oberpfälzer Heimat 50, S. 71ff.
Ders. (20074): Weiden in der Literaturgeographie. Eine Literaturgeschichte (Weidner Heimatkundliche Arbeiten Nr. 21). Weiden, S. 45f.
Berlinger, Joseph (2012): Das große Fest des Lebens [...]. Im Kampf mit dem Puritanismus: Sandra Paretti. In: Bayerischer Rundfunk. Reihe „Land und Leute“. Sonntag, 18.11.
Fischer, Heinz: Paretti, Sandra. In: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 64f., http://www.deutsche-biographie.de/pnd119458977.html, (14.10.2011).
Moser, Dietz-Rüdiger (1991): Schreiberisch in Schönheit sterben... Gespräch mit Sandra Paretti. In: Federleichte Mädchen... Das Nymphenburger Lesebuch. München, S. 17-26.
Ders. (Hg.) (1997): Lexikon der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur seit 1945. Bd. 2. Nymphenburger Verlag, München, S. 922f.
Probst, Ernst (2001): Sandra Paretti. Der „weibliche Konsalik“. In: Ders.: Superfrauen 8 – Literatur. GRIN Verlag, Norderstedt, S. 120f.