Winfried G. Sebald
Winfried Georg („Max“) Sebald kommt im allgäuischen Wertach zur Welt. Sein Vater, ein gelernter Schlosser und Soldat, stammt aus dem Bayerischen Wald, seine Mutter ist kurz vor seiner Geburt aus Bamberg ins Haus der Eltern geflohen, um Schutz vor dem Luftkrieg zu suchen. Zusammen mit seiner älteren Schwester Gertrud wächst Sebald beim Großvater mütterlicherseits auf, der 40 Jahre lang Dorfgendarm in Wertach gewesen ist.
Von 1952 bis 1963 lebt Sebald in Sonthofen und besucht ab 1954 das Realgymnasium Maria Stern in Immenstadt, dann die Oberstdorfer Oberrealschule und macht 1963 Abitur. Aufgrund eines Herzfehlers vom Wehrdienst befreit, studiert er anschließend Literaturwissenschaft in Freiburg im Breisgau und in der Schweiz, wo er 1966 mit der Licence des lettres erfolgreich abschließt. Im selben Jahr wandert er nach England aus, heiratet seine Frau und bezieht mit ihr und der gemeinsamen Tochter ein viktorianisches Pfarrhaus („Rectory“, „Old Vic“ in Poringland).
Drei Jahre ist er als Lektor an der University of Manchester tätig, dazwischen unterrichtet Sebald als Privatschullehrer in St. Gallen. Seinen Magister schließt er mit einer Arbeit über Carl Sternheim ab; 1970 bis 1975 doziert er an der University of East Anglia in Norwich Literaturwissenschaft, wo er auch promoviert. Nach einem kurzen Aufenthalt am Goetheinstitut in München wandert Sebald zum zweiten Male nach England aus. Zwei Jahre nach seiner Habilitation in Hamburg wird er Ordinarius für Neuere Deutsche Literatur an der University of East Anglia.
Sebald gründet 1989 das British Centre for Literary Translation, das führende Zentrum für literarische Übersetzungen in Großbritannien. Darüber hinaus setzt er sich für die Germanistik in Großbritannien und die Vermittlung deutschsprachiger Literatur im englischsprachigen Raum ein. Sein eigenes schriftstellerisches Werk erscheint seit Ende der 80er kaum wahrgenommen in Deutschland, wohingegen er in anderen Ländern als Kandidat für den Nobelpreis gehandelt wird.
Es entstehen halb-dokumentarische, zumeist von Fotografien inspirierte Texte, die die Melancholie poetisch einfangen (Schwindel. Gefühle, 1990), um die großen Katastrophen der Menschheitsgeschichte, vor allem des 20. Jahrhunderts, kreisen (Die Ausgewanderten, 1992; Die Ringe des Saturn. Eine englische Wallfahrt, 1995) und als „Forschungsarbeiten“ über die eigene Herkunft geschrieben sind. In ihnen widmet sich der Schriftsteller traumatisierten Menschen: Ausgewanderten, die wie er ihr Heimatland verlassen haben und in der Fremde nach Neuorientierung suchen. In seinem bekanntesten Buch Austerlitz (2001) verbindet Sebald das jüdische Schicksal des Gelehrten Jacques Austerlitz, der als Dreijähriger mit dem Kindertransport von Prag nach England transportiert wird, mit der Darstellung von Verdrängung und unkontrollierter Erinnerung.
Eine Kontroverse über die deutsche Nachkriegsliteratur übt Sebald in dem noch zu Lebzeiten viel diskutierten Essay Luftkrieg und Literatur (1999) aus, in dem er die Aufmerksamkeit auf die Deutschen als Opfer des Bombenkriegs lenkt.
Am 14. Dezember 2001 stirbt er unweit seiner Wohnung bei einem Autounfall.
Sekundärliteratur:
Sebald, W. G. In: Munzinger Online/Personen - Internationales Biographisches Archiv, http://www.munzinger.de/document/00000021734, (24.10.2011).
Externe Links:
Literatur von Winfried G. Sebald im BVB
Winfried Georg („Max“) Sebald kommt im allgäuischen Wertach zur Welt. Sein Vater, ein gelernter Schlosser und Soldat, stammt aus dem Bayerischen Wald, seine Mutter ist kurz vor seiner Geburt aus Bamberg ins Haus der Eltern geflohen, um Schutz vor dem Luftkrieg zu suchen. Zusammen mit seiner älteren Schwester Gertrud wächst Sebald beim Großvater mütterlicherseits auf, der 40 Jahre lang Dorfgendarm in Wertach gewesen ist.
Von 1952 bis 1963 lebt Sebald in Sonthofen und besucht ab 1954 das Realgymnasium Maria Stern in Immenstadt, dann die Oberstdorfer Oberrealschule und macht 1963 Abitur. Aufgrund eines Herzfehlers vom Wehrdienst befreit, studiert er anschließend Literaturwissenschaft in Freiburg im Breisgau und in der Schweiz, wo er 1966 mit der Licence des lettres erfolgreich abschließt. Im selben Jahr wandert er nach England aus, heiratet seine Frau und bezieht mit ihr und der gemeinsamen Tochter ein viktorianisches Pfarrhaus („Rectory“, „Old Vic“ in Poringland).
Drei Jahre ist er als Lektor an der University of Manchester tätig, dazwischen unterrichtet Sebald als Privatschullehrer in St. Gallen. Seinen Magister schließt er mit einer Arbeit über Carl Sternheim ab; 1970 bis 1975 doziert er an der University of East Anglia in Norwich Literaturwissenschaft, wo er auch promoviert. Nach einem kurzen Aufenthalt am Goetheinstitut in München wandert Sebald zum zweiten Male nach England aus. Zwei Jahre nach seiner Habilitation in Hamburg wird er Ordinarius für Neuere Deutsche Literatur an der University of East Anglia.
Sebald gründet 1989 das British Centre for Literary Translation, das führende Zentrum für literarische Übersetzungen in Großbritannien. Darüber hinaus setzt er sich für die Germanistik in Großbritannien und die Vermittlung deutschsprachiger Literatur im englischsprachigen Raum ein. Sein eigenes schriftstellerisches Werk erscheint seit Ende der 80er kaum wahrgenommen in Deutschland, wohingegen er in anderen Ländern als Kandidat für den Nobelpreis gehandelt wird.
Es entstehen halb-dokumentarische, zumeist von Fotografien inspirierte Texte, die die Melancholie poetisch einfangen (Schwindel. Gefühle, 1990), um die großen Katastrophen der Menschheitsgeschichte, vor allem des 20. Jahrhunderts, kreisen (Die Ausgewanderten, 1992; Die Ringe des Saturn. Eine englische Wallfahrt, 1995) und als „Forschungsarbeiten“ über die eigene Herkunft geschrieben sind. In ihnen widmet sich der Schriftsteller traumatisierten Menschen: Ausgewanderten, die wie er ihr Heimatland verlassen haben und in der Fremde nach Neuorientierung suchen. In seinem bekanntesten Buch Austerlitz (2001) verbindet Sebald das jüdische Schicksal des Gelehrten Jacques Austerlitz, der als Dreijähriger mit dem Kindertransport von Prag nach England transportiert wird, mit der Darstellung von Verdrängung und unkontrollierter Erinnerung.
Eine Kontroverse über die deutsche Nachkriegsliteratur übt Sebald in dem noch zu Lebzeiten viel diskutierten Essay Luftkrieg und Literatur (1999) aus, in dem er die Aufmerksamkeit auf die Deutschen als Opfer des Bombenkriegs lenkt.
Am 14. Dezember 2001 stirbt er unweit seiner Wohnung bei einem Autounfall.
Sebald, W. G. In: Munzinger Online/Personen - Internationales Biographisches Archiv, http://www.munzinger.de/document/00000021734, (24.10.2011).