Peter Paul Althaus
Für Peter Paul Althaus ist München zur Heimat geworden, vor allem Schwabing, wo sich der Dichter selbst zum „Bürgermeister der Traumstadt“ ernannt hat: „Die Originalitäten-Schau München-Schwabing zog ihn an. Schwabing, mit exzentrischen, abstrusen und geistreich amüsanten Köpfen damals gut versorgt, lag nach dem mittäglichen Glanz unter Wittelsbachischer Liberalität bereits in abendlichem Schatten“, schreibt der Autor Wilhelm Lukas Kristl über ihn.
1892 in Münster geboren, beginnt Peter Paul Althaus auf Wunsch seines Vaters, des Kaufmanns Franz Althaus, mit 23 Jahren eine Apothekerlehre. Nachdem er aus dem Ersten Weltkrieg zurückgekehrt ist, gründet er mit seinem Bruder eine Heeresgutsammelstelle. Die Behörde wird zum Treffpunkt für junge Künstler und Literaten. Althaus studiert an der Universität Münster einige Semester Philosophie, Literatur- und Kunstgeschichte, befasst sich mit dem Theater und gibt Zeitschriften heraus.
Von 1916 bis 1933 arbeitet er für Albert Langens Zeitschrift Simplicissimus. 1922 zieht er nach München, unterstützt von der Entscheidung seiner Lebensgefährtin, der Lektorin Hilde Supan, die ihn in die Schwabinger Kreise einführt. Er befreundet sich u.a. mit Karl Wolfskehl und Joachim Ringelnatz, die Künstlerin Marietta di Monaco wird eine langjährige Weggefährtin. Mit Klaus und Erika Mann sowie Frank Wedekinds Kindern Pamela und Kadidja führt er außerdem kleine Hauskabaretts in Wedekinds Wohnung auf.
Ein erster Gedichtband mit dem Titel Jack der Aufschlitzer erscheint 1924, wegen der allzu drastischen Bilder von Rolf Schlichter wird das Buch jedoch verboten. Althaus arbeitet als Übersetzer und setzt sich mit mystischer Lyrik auseinander. Oft fährt er nach Frankreich, 23-mal nach England, 1928 unternimmt er eine Reise nach Mallorca. Geld verdient er mit Kolumnen zum Tagesgeschehen. Er selbst spricht von „Käsegedichten“, die er als George on Zola oder F. R. de Brie unterzeichnet. 1928 kommt Das Vierte Reich. Eine Symphonie heraus. Seit Ende der 1920er Jahre schreibt er Hörspiele und Unterhaltungsprogramme für den Rundfunk.
1930 gründet der Dichter mit dem Publizisten Wolfgang von Weber, dem Pianisten Ludwig Kusche und anderen das Kabarett Zwiebelfisch; die Auftritte finden in der Gaststätte „Weißes Haus“ in der Barerstraße statt. 1939 heiratet Althaus die Malerin Irene von Westernhagen (Scheidung 1940). Im selben Jahr geht er als Chefdramaturg des „Deutschlandsenders“ nach Berlin und wird, weil er seinen Gedichtband Das Vierte Reich Albert Einstein gewidmet hat, von Propagandaminister Joseph Goebbels 1941 entlassen. Althaus kämpft als Hauptmann im Zweiten Weltkrieg, eine Zeit, die er später beklagen wird.
Über Starnberg gelangt er 1948 zurück nach München, ein Künstlertreff in der „Seerose“ will das alte Schwabing wiederbeleben. Mit der Schauspielerin Trude Hesterberg und dem Schauspieler Gerd Fröbe eröffnet Althaus das Kabarett Monopteroß. Die ersten „Traumstadt“-Gedichte werden 1951 veröffentlicht (In der Traumstadt), in den folgenden Jahren entstehen weitere Episoden um Dr. Enzian, seinen Diener Anatol und seine Köchin, die Witwe Winter. Althaus ist Mitglied in literarischen Zirkeln wie dem Seerosen- und dem Tukan-Kreis. Während sich Schwabing verändert, wird die „Traumstadt“ zum Gegenentwurf des modernisierten Stadtteils: „Früher war’s das Künstlerviertel Schwabing – Schwabylon. Heut’ markieren Viertelkünstler Schwabing – Babylon“. „Bürgermeister“ Althaus macht Münchens Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel zum „Ehren-Ober-Trambahnschaffner“. In der Wohnung des Malers Oswald Malura finden dagegen Treffen und Gespräche statt.
Ende der 1950er Jahre zieht sich PPA, wie Althaus seine Texte signiert, in seine „Matratzengruft“ zurück – die nächsten sechs Jahre verbringt der kranke Dichter in einer Mansardenwohnung mit sieben Katzen. „Ein Neubau erboste ihn dermaßen, daß er auf die Bauarbeiter leere Bier- und Kognakflaschen hinunterschmeißt“, schreibt Wilhelm Lukas Kristl. Mit einem Tonbandgerät nimmt Malura die Botschaften des Freundes auf und spielt die Nachrichten am Stammtisch in der „Seerose“ ab.
Von der Stadt München hat sich Peter Paul Althaus ein Ehrengrab auf dem Nordfriedhof gewünscht, aus seinem Nachlass stammt sein entsprechender Entwurf einer Grabrede: „Einstweilen Addio! – Werft Eure Schaufeln und streut Eure Blumen. Und dann geht in die ‚Seerose‘. Ich habe dort hundert Mark hinterlegt. Die könnt ihr auf mein jenseitiges Wohl versaufen! Allerherzlichst Euer PPA.“
Sekundärliteratur:
Kristl, Wilhelm Lukas (1976): Der Aufstieg des Peter Paul Althaus zum Schwabinger Olymp. In: Aus dem Antiquariat. Beilage zum Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. Frankfurter Ausgabe 3.
Lachenmayr, Anette (1995): Ruhm und Realität Wahnmochings in der Zeit seit 1922, dargestellt am Beispiel von Leben und Werk des Dichters Peter Paul Althaus (1892-1865) und seiner Traumstadt-Idee. Unveröffentlichte Magisterarbeit an der Ludwig-Maximilians-Universität München: Bestand der Monacenisa, Literaturarchiv und Bibliothek der Landeshauptstadt München, München.
Norbisrath, Karl (1991): Das Leben des Dichters Peter Paul Althaus. Hg. von Hans Althaus. Essen.
Externe Links:
Literatur von Peter Paul Althaus im BVB
Für Peter Paul Althaus ist München zur Heimat geworden, vor allem Schwabing, wo sich der Dichter selbst zum „Bürgermeister der Traumstadt“ ernannt hat: „Die Originalitäten-Schau München-Schwabing zog ihn an. Schwabing, mit exzentrischen, abstrusen und geistreich amüsanten Köpfen damals gut versorgt, lag nach dem mittäglichen Glanz unter Wittelsbachischer Liberalität bereits in abendlichem Schatten“, schreibt der Autor Wilhelm Lukas Kristl über ihn.
1892 in Münster geboren, beginnt Peter Paul Althaus auf Wunsch seines Vaters, des Kaufmanns Franz Althaus, mit 23 Jahren eine Apothekerlehre. Nachdem er aus dem Ersten Weltkrieg zurückgekehrt ist, gründet er mit seinem Bruder eine Heeresgutsammelstelle. Die Behörde wird zum Treffpunkt für junge Künstler und Literaten. Althaus studiert an der Universität Münster einige Semester Philosophie, Literatur- und Kunstgeschichte, befasst sich mit dem Theater und gibt Zeitschriften heraus.
Von 1916 bis 1933 arbeitet er für Albert Langens Zeitschrift Simplicissimus. 1922 zieht er nach München, unterstützt von der Entscheidung seiner Lebensgefährtin, der Lektorin Hilde Supan, die ihn in die Schwabinger Kreise einführt. Er befreundet sich u.a. mit Karl Wolfskehl und Joachim Ringelnatz, die Künstlerin Marietta di Monaco wird eine langjährige Weggefährtin. Mit Klaus und Erika Mann sowie Frank Wedekinds Kindern Pamela und Kadidja führt er außerdem kleine Hauskabaretts in Wedekinds Wohnung auf.
Ein erster Gedichtband mit dem Titel Jack der Aufschlitzer erscheint 1924, wegen der allzu drastischen Bilder von Rolf Schlichter wird das Buch jedoch verboten. Althaus arbeitet als Übersetzer und setzt sich mit mystischer Lyrik auseinander. Oft fährt er nach Frankreich, 23-mal nach England, 1928 unternimmt er eine Reise nach Mallorca. Geld verdient er mit Kolumnen zum Tagesgeschehen. Er selbst spricht von „Käsegedichten“, die er als George on Zola oder F. R. de Brie unterzeichnet. 1928 kommt Das Vierte Reich. Eine Symphonie heraus. Seit Ende der 1920er Jahre schreibt er Hörspiele und Unterhaltungsprogramme für den Rundfunk.
1930 gründet der Dichter mit dem Publizisten Wolfgang von Weber, dem Pianisten Ludwig Kusche und anderen das Kabarett Zwiebelfisch; die Auftritte finden in der Gaststätte „Weißes Haus“ in der Barerstraße statt. 1939 heiratet Althaus die Malerin Irene von Westernhagen (Scheidung 1940). Im selben Jahr geht er als Chefdramaturg des „Deutschlandsenders“ nach Berlin und wird, weil er seinen Gedichtband Das Vierte Reich Albert Einstein gewidmet hat, von Propagandaminister Joseph Goebbels 1941 entlassen. Althaus kämpft als Hauptmann im Zweiten Weltkrieg, eine Zeit, die er später beklagen wird.
Über Starnberg gelangt er 1948 zurück nach München, ein Künstlertreff in der „Seerose“ will das alte Schwabing wiederbeleben. Mit der Schauspielerin Trude Hesterberg und dem Schauspieler Gerd Fröbe eröffnet Althaus das Kabarett Monopteroß. Die ersten „Traumstadt“-Gedichte werden 1951 veröffentlicht (In der Traumstadt), in den folgenden Jahren entstehen weitere Episoden um Dr. Enzian, seinen Diener Anatol und seine Köchin, die Witwe Winter. Althaus ist Mitglied in literarischen Zirkeln wie dem Seerosen- und dem Tukan-Kreis. Während sich Schwabing verändert, wird die „Traumstadt“ zum Gegenentwurf des modernisierten Stadtteils: „Früher war’s das Künstlerviertel Schwabing – Schwabylon. Heut’ markieren Viertelkünstler Schwabing – Babylon“. „Bürgermeister“ Althaus macht Münchens Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel zum „Ehren-Ober-Trambahnschaffner“. In der Wohnung des Malers Oswald Malura finden dagegen Treffen und Gespräche statt.
Ende der 1950er Jahre zieht sich PPA, wie Althaus seine Texte signiert, in seine „Matratzengruft“ zurück – die nächsten sechs Jahre verbringt der kranke Dichter in einer Mansardenwohnung mit sieben Katzen. „Ein Neubau erboste ihn dermaßen, daß er auf die Bauarbeiter leere Bier- und Kognakflaschen hinunterschmeißt“, schreibt Wilhelm Lukas Kristl. Mit einem Tonbandgerät nimmt Malura die Botschaften des Freundes auf und spielt die Nachrichten am Stammtisch in der „Seerose“ ab.
Von der Stadt München hat sich Peter Paul Althaus ein Ehrengrab auf dem Nordfriedhof gewünscht, aus seinem Nachlass stammt sein entsprechender Entwurf einer Grabrede: „Einstweilen Addio! – Werft Eure Schaufeln und streut Eure Blumen. Und dann geht in die ‚Seerose‘. Ich habe dort hundert Mark hinterlegt. Die könnt ihr auf mein jenseitiges Wohl versaufen! Allerherzlichst Euer PPA.“
Kristl, Wilhelm Lukas (1976): Der Aufstieg des Peter Paul Althaus zum Schwabinger Olymp. In: Aus dem Antiquariat. Beilage zum Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. Frankfurter Ausgabe 3.
Lachenmayr, Anette (1995): Ruhm und Realität Wahnmochings in der Zeit seit 1922, dargestellt am Beispiel von Leben und Werk des Dichters Peter Paul Althaus (1892-1865) und seiner Traumstadt-Idee. Unveröffentlichte Magisterarbeit an der Ludwig-Maximilians-Universität München: Bestand der Monacenisa, Literaturarchiv und Bibliothek der Landeshauptstadt München, München.
Norbisrath, Karl (1991): Das Leben des Dichters Peter Paul Althaus. Hg. von Hans Althaus. Essen.