Tannhäuser
Der historische „Tannhäuser“ dürfte (nach Karl Bosl) aus der Reichsministerialenfamilie „de Tanhusen“ aus dem oberpfälzischen Thannhausen (Landkreis Neumarkt) stammen, dem Grenzraum zwischen Franken und Bayern. Auf die Oberpfälzer Lokalität deutet auch das Tannhäuser-Wappen in der Minnesänger-Darstellung der Manessischen Liederhandschrift hin. Interessant in diesem Zusammenhang ist dabei die Feststellung, dass zahlreiche Minnesänger (Hadamar von Laber, Reinmar von Brennenberg, Albrecht von Scharfenberg, Neidhart von Reuenthal, Burggraf von Riedenburg, Burggraf von Regensburg, Reinbot von Durne und Rüdiger von Hinkhoven) aus der südlichen Oberpfalz stammen. Sagenhaft ist der „Sängerkrieg“ von 1226 auf dem Hoffest des Thüringer Landgrafen auf der Wartburg zwischen dem freimütig-offen auftretenden und freizügig-singenden Tannhäuser und seinem berühmten, älteren Zeitgenossen, dem fahrenden Minnesänger Walther von der Vogelweide.
Historisch verbürgt dagegen ist, dass ein gewisser Siboto III. von Tanhausen in Nürnberg dem Deutschen Orden beitritt. Die Manessische Liederhandschrift zeigt denn auch den „Tanhuser“ im Mantel des Deutschritterordens. Auch eine Teilnahme am Kreuzzug (1228-1229) mit Kaiser Friedrich II. ist möglich, wie es in Tannhäusers „Kreuz-Lied“ anschaulich nachtönt:
Ich fand zu Kreta fast den Tod,
hätt Gott mich nicht erlöset.
Mich warfen Sturmwinde
gar nahe an einen Felsen
schnell in einer Nacht,
meine Freude, die war gering.
(neuhochdeutsche Übersetzung)
1235 bis 1246 lebt der Minnesänger Tannhäuser nachweisbar am Wiener Hof seines Gönners, des Babenberger Herzogs Friedrich II. des Streitbaren, den er nach dessen Tod in der Schlacht gegen die Ungarn wieder verlässt. Eine Wanderschaft zu neuen Gönnern, nach neuer höfischer Heimstätte setzt ein. Einige Zeit weilt Tannhäuser am Hofe des Wittelsbacher Herzogs Ottos des Erlauchten (1206-1253), der in Landshut von 1231 bis 1253 als Herzog von Bayern regiert. Mehrmals tritt Siboto III. von Tanhausen als Zeuge bei Hauskäufen in Eger, Amberg, Ellingen und Regensburg auf.
Im Allgemeinen wird die Schaffenszeit Tannhäusers auf etwa 1245-70 angesetzt. Seine Lieder sind meist Tanzlieder, welche die Grenzen des höfischen Minnesangs durch parodistische Momente, durch konkret-sinnliche Schönheitsbeschreibungen sowie durch einen autobiographischen Detailrealismus durchbrechen. Souverän verfügt der Dichter vor allem in der teils balladesken, teils lyrischen Großform des Liedes über die Elemente Naturbild, Pastourelle, Tanz und heiteres Minnespiel.
Tannhäuser preist die Frauen in der Schilderung der körperlichen Schönheit – Liebesvereinigungs- und Tanzmotive sind eng miteinander verflochten. Neben Minneliedern und „Tanzleichs“ stehen die zeitgeschichtlichen Lieder von den Beschwernissen der Kreuzfahrt. Das Sinnlich-Körperliche bei Tannhäuser wird vorbildlich für die Folgezeit:
Von diesen Blumen brach ich viel,
wie ich sie auf der Heide sah.
Es dünkte mich ein sanftes Spiel.
Eine Aventiure mir geschah.
(neuhochdeutsche Übersetzung)
Ein „Leich-Gedicht“ endet mit folgender Strophe:
Falsches Trauern werfet hin,
mit Züchten sollet ihr sein froh!
Gewinnen wir denselben Sinn,
So solln wir mit euch tun also.
(neuhochdeutsche Übersetzung)
Durch sein abenteuerliches Leben und die unter seinem Namen überlieferten Bußlieder wird Tannhäuser 1515 zum literarischen Helden in der „Sage vom Venusberg“ (Das lyedt von dem Danheuser). Darin wird Tannhäuser endgültig zum legendären Liebestrunkenen im Dienst der Frau Venus umstilisiert. Ludwig Tieck behandelt den Stoff dann in Der getreue Eckhard und der Tannhäuser (1800), Richard Wagner komponiert 1845 die romantische Oper Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg.
Foto: Stefanie Engelmann/Stadt Freystadt
In der Stadtpfarrkirche von Neumarkt befindet sich ein Familienepitaph des Tannhäusers, zudem gibt es eine Grabplatte des Siboto von Tanhusen in der Deutschhauskirche zu Würzburg. Lange Zeit ist bei der Kirche in Thannhausen eine historische Turmhügelburg mit Graben zu erkennen, bis Umbauarbeiten dem Areal des Burghügels ein Ende setzen.
Sekundärliteratur:
Baron, Bernhard M. (2015): Der Tannhäuser – ein Minnesänger aus der Oberpfalz. In: Oberpfälzer Heimatspiegel 2016, S. 178-184.
Bayerische Staatsbibliothek (Hg.): Zwölf Jahrhunderte Literatur in Bayern. Ausstellung der Bayerischen Staatsbibliothek März bis Mai 1975 (Ausstellungskatalog Nr. 15). München, S. 50f.
Bosl, Karl (1983): Bosls bayerische Biogaphie. 8000 Personen aus 15 Jahrhunderten. Bd. 1. Regensburg, S. 786.
Bruckner, Dietmar (1993): Der doppelte Tannhäuser. In: Die Zeit, Nr. 15, 9. April.
Bumke, Joachim (20044): Geschichte der deutschen Literatur im hohen Mittelalter. München, S. 310f. et passim.
Dünninger, Josef (1965): Tannhäuser. In: Dünninger, Eberhard; Kiesselbach, Dorothee (Hg.): Bayerische Literaturgeschichte in ausgewählten Beispielen. Mittelalter. Bd. 1. München, S. 245-255.
Meid, Volker (20062): Reclams Lexikon der deutschsprachigen Autoren (Reclams Universal-Bibliothek Nr. 17664). Stuttgart, S. 932.
Pippis, Peter; Otto, Dirk (2011): Liebe im Mittelalter: Die Skandale des echten Tannhäuser. Mdr-TV-Film in der Reihe „Geschichte Mitteldeutschlands“. Erstausstrahlung: 13.11.2011.
Schrenk, Johann (2003): Tannhäusers Heimat (Auf den Spuren der Dichter und Denker durch Franken, 1). Gunzenhausen.
Siebert, Johannes (1980): Der Dichter Tannhäuser. Leben, Gedichte, Sage. Nachdr. 1934. Halle an der Saale.
Wachinger, Burghart (1996): Vom Tannhäuser zur Tannhäuser-Ballade. In: Zeitschrift für deutsches Altertum 125, S. 125-141.
Externe Links:
Literatur von Tannhäuser im BVB
Der historische „Tannhäuser“ dürfte (nach Karl Bosl) aus der Reichsministerialenfamilie „de Tanhusen“ aus dem oberpfälzischen Thannhausen (Landkreis Neumarkt) stammen, dem Grenzraum zwischen Franken und Bayern. Auf die Oberpfälzer Lokalität deutet auch das Tannhäuser-Wappen in der Minnesänger-Darstellung der Manessischen Liederhandschrift hin. Interessant in diesem Zusammenhang ist dabei die Feststellung, dass zahlreiche Minnesänger (Hadamar von Laber, Reinmar von Brennenberg, Albrecht von Scharfenberg, Neidhart von Reuenthal, Burggraf von Riedenburg, Burggraf von Regensburg, Reinbot von Durne und Rüdiger von Hinkhoven) aus der südlichen Oberpfalz stammen. Sagenhaft ist der „Sängerkrieg“ von 1226 auf dem Hoffest des Thüringer Landgrafen auf der Wartburg zwischen dem freimütig-offen auftretenden und freizügig-singenden Tannhäuser und seinem berühmten, älteren Zeitgenossen, dem fahrenden Minnesänger Walther von der Vogelweide.
Historisch verbürgt dagegen ist, dass ein gewisser Siboto III. von Tanhausen in Nürnberg dem Deutschen Orden beitritt. Die Manessische Liederhandschrift zeigt denn auch den „Tanhuser“ im Mantel des Deutschritterordens. Auch eine Teilnahme am Kreuzzug (1228-1229) mit Kaiser Friedrich II. ist möglich, wie es in Tannhäusers „Kreuz-Lied“ anschaulich nachtönt:
Ich fand zu Kreta fast den Tod,
hätt Gott mich nicht erlöset.
Mich warfen Sturmwinde
gar nahe an einen Felsen
schnell in einer Nacht,
meine Freude, die war gering.
(neuhochdeutsche Übersetzung)
1235 bis 1246 lebt der Minnesänger Tannhäuser nachweisbar am Wiener Hof seines Gönners, des Babenberger Herzogs Friedrich II. des Streitbaren, den er nach dessen Tod in der Schlacht gegen die Ungarn wieder verlässt. Eine Wanderschaft zu neuen Gönnern, nach neuer höfischer Heimstätte setzt ein. Einige Zeit weilt Tannhäuser am Hofe des Wittelsbacher Herzogs Ottos des Erlauchten (1206-1253), der in Landshut von 1231 bis 1253 als Herzog von Bayern regiert. Mehrmals tritt Siboto III. von Tanhausen als Zeuge bei Hauskäufen in Eger, Amberg, Ellingen und Regensburg auf.
Im Allgemeinen wird die Schaffenszeit Tannhäusers auf etwa 1245-70 angesetzt. Seine Lieder sind meist Tanzlieder, welche die Grenzen des höfischen Minnesangs durch parodistische Momente, durch konkret-sinnliche Schönheitsbeschreibungen sowie durch einen autobiographischen Detailrealismus durchbrechen. Souverän verfügt der Dichter vor allem in der teils balladesken, teils lyrischen Großform des Liedes über die Elemente Naturbild, Pastourelle, Tanz und heiteres Minnespiel.
Tannhäuser preist die Frauen in der Schilderung der körperlichen Schönheit – Liebesvereinigungs- und Tanzmotive sind eng miteinander verflochten. Neben Minneliedern und „Tanzleichs“ stehen die zeitgeschichtlichen Lieder von den Beschwernissen der Kreuzfahrt. Das Sinnlich-Körperliche bei Tannhäuser wird vorbildlich für die Folgezeit:
Von diesen Blumen brach ich viel,
wie ich sie auf der Heide sah.
Es dünkte mich ein sanftes Spiel.
Eine Aventiure mir geschah.
(neuhochdeutsche Übersetzung)
Ein „Leich-Gedicht“ endet mit folgender Strophe:
Falsches Trauern werfet hin,
mit Züchten sollet ihr sein froh!
Gewinnen wir denselben Sinn,
So solln wir mit euch tun also.
(neuhochdeutsche Übersetzung)
Durch sein abenteuerliches Leben und die unter seinem Namen überlieferten Bußlieder wird Tannhäuser 1515 zum literarischen Helden in der „Sage vom Venusberg“ (Das lyedt von dem Danheuser). Darin wird Tannhäuser endgültig zum legendären Liebestrunkenen im Dienst der Frau Venus umstilisiert. Ludwig Tieck behandelt den Stoff dann in Der getreue Eckhard und der Tannhäuser (1800), Richard Wagner komponiert 1845 die romantische Oper Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg.
Foto: Stefanie Engelmann/Stadt Freystadt
In der Stadtpfarrkirche von Neumarkt befindet sich ein Familienepitaph des Tannhäusers, zudem gibt es eine Grabplatte des Siboto von Tanhusen in der Deutschhauskirche zu Würzburg. Lange Zeit ist bei der Kirche in Thannhausen eine historische Turmhügelburg mit Graben zu erkennen, bis Umbauarbeiten dem Areal des Burghügels ein Ende setzen.
Baron, Bernhard M. (2015): Der Tannhäuser – ein Minnesänger aus der Oberpfalz. In: Oberpfälzer Heimatspiegel 2016, S. 178-184.
Bayerische Staatsbibliothek (Hg.): Zwölf Jahrhunderte Literatur in Bayern. Ausstellung der Bayerischen Staatsbibliothek März bis Mai 1975 (Ausstellungskatalog Nr. 15). München, S. 50f.
Bosl, Karl (1983): Bosls bayerische Biogaphie. 8000 Personen aus 15 Jahrhunderten. Bd. 1. Regensburg, S. 786.
Bruckner, Dietmar (1993): Der doppelte Tannhäuser. In: Die Zeit, Nr. 15, 9. April.
Bumke, Joachim (20044): Geschichte der deutschen Literatur im hohen Mittelalter. München, S. 310f. et passim.
Dünninger, Josef (1965): Tannhäuser. In: Dünninger, Eberhard; Kiesselbach, Dorothee (Hg.): Bayerische Literaturgeschichte in ausgewählten Beispielen. Mittelalter. Bd. 1. München, S. 245-255.
Meid, Volker (20062): Reclams Lexikon der deutschsprachigen Autoren (Reclams Universal-Bibliothek Nr. 17664). Stuttgart, S. 932.
Pippis, Peter; Otto, Dirk (2011): Liebe im Mittelalter: Die Skandale des echten Tannhäuser. Mdr-TV-Film in der Reihe „Geschichte Mitteldeutschlands“. Erstausstrahlung: 13.11.2011.
Schrenk, Johann (2003): Tannhäusers Heimat (Auf den Spuren der Dichter und Denker durch Franken, 1). Gunzenhausen.
Siebert, Johannes (1980): Der Dichter Tannhäuser. Leben, Gedichte, Sage. Nachdr. 1934. Halle an der Saale.
Wachinger, Burghart (1996): Vom Tannhäuser zur Tannhäuser-Ballade. In: Zeitschrift für deutsches Altertum 125, S. 125-141.