Alfred Neumann
Der Sohn eines Holzfabrikanten Alfred Neumann studiert seit 1913 Kunstgeschichte in München und Romanistik in Genf und promoviert 1920 zum Dr. phil. mit einer Arbeit über den französischen Schriftsteller Alfred de Musset. Er wird Lektor und Redakteur der Zeitschrift Der Neue Merkur beim Georg Müller Verlag in München, daneben beschäftigt er sich mit Übersetzungen und Nachdichtungen aus dem Französischen. 1918 bis 1920 ist er dann Dramaturg an den Münchner Kammerspielen. Ab 1921 arbeitet Neumann als freier Schriftsteller.
Seinen Wohnort bezieht er abwechselnd in München (bis 1931, als Nachbar und Freund Thomas Manns, mit dem er in der Folgezeit einen regen Briefwechsel betreibt) und Fiesole bei Florenz, wohin er nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten zieht. 1931-1933 hält er sich noch in Brannenburg am Inn auf, wo er „das letzte Werk […] auf deutschem Boden“, den „barocken, tolldreisten Chronik-Roman Narrenspiegel“ schreibt (Peter de Mendelssohn), bevor er 1938 wegen Bedrohung durch die Gestapo aufgrund seiner jüdischen Herkunft nach Nizza, 1941 über Spanien und Portugal in die USA emigriert. Neben der Schriftstellerei ist Alfred Neumann in Hollywood als Filmautor tätig (u.a. für das oscar-nominierte Drehbuch zu None Shall Escape, 1944). Er wird amerikanischer Staatsbürger und kehrt 1951 nach Florenz zurück.
Nach ersten Gedichtbänden (Die Lieder vom Lächeln und von der Not, 1917) und durchaus erfolgreichen Veröffentlichungen im Bereich der Prosa (Erzählung Lehrer Taussig und Roman Die Brüder, beide 1924) gelingt ihm der Durchbruch zum Weltruhm mit den beiden Werken Der Patriot (1925) und Der Teufel (1926). Der Patriot, eine historische Novelle über die Offiziersverschwörung gegen den despotischen Zaren Paul I. im Jahre 1801, wird 1927 von Neumann für die Bühne bearbeitet und ein Jahr später, mit Emil Jannings in der Rolle des Zaren, von Ernst Lubitsch verfilmt. Für seinen historischen Roman Der Teufel, ein Drama der politischen Besessenheit und Machtgier um Ludwig IX. von Frankreich (1423-1483) und seinen dämonischen Ratgeber Oliver Necker, erhält Neumann noch im Erscheinungsjahr den Kleist-Preis.
„Kein deutscher Dichter [hat] die Psychologie der Macht und die intellektuelle Technik der politischen Intrige so konsequent dargestellt“ wie er, so das Urteil Hermann Kestens. Neben Lion Feuchtwanger und Bruno Frank findet der psychologische Geschichtsroman in Alfred Neumann einen „sprachlich virtuosen Charakter- und Seelenanalytiker“, der „aus der Optik der Tiefenpsychologie und Psychoanalyse geschichtliche und politische Prozesse zu interpretieren und zu aktualisieren“ versucht (Manfred Kluge). Der Held, Roman eines politischen Mordes (1930) thematisiert schließlich das deutsche Zeitgeschehen der Gegenwart, die politischen Morde an Walther Rathenau und Kurt Eisner.
Weitere Romane, zumeist in englischer Sprache, erscheinen, 1944 Es waren ihrer sechs. Es ist der Roman über die deutsche Widerstandsgruppe der im Februar 1943 hingerichteten Geschwister Scholl, der in zyklisch angelegten Kapiteln die miteinander verbundenen Lebensgeschichten der sechs Inhaftierten von der Verteilung der Flugblätter bis zu Verhaftung und Verhör erzählt. 1949 erscheint Der Pakt, worin Neumann die Geschichte des amerikanischen Arztes, Anwalts, Abenteurers und Söldnerführers William Walker, der Mitte des 19. Jahrhunderts versuchte, mehrere Staaten in Mittelamerika zu erobern, schildert.
Darüber hinaus schreibt Neumann die Novelle Viele heißen Kain, nach deren Vorlage 1951 der Film K – Das Haus des Schweigens / Jahre des Schweigens entsteht, zu dessen Uraufführung der Autor im Februar zu seinem zweiten Nachkriegsbesuch nach Deutschland kommt. Es ist die Geschichte eines Mannes, der aus Bruderliebe zum Mörder wird und sich selber richtet.
Danach zwingt Alfred Neumann ein Herzleiden, ständig im schweizerischen Lugano zu leben. Er stirbt dort im Alter von 57 Jahren am 3. Oktober 1952. Sein Grab liegt auf dem Münchner Nordfriedhof, sein Nachlass in der Monacensia.
Sekundärliteratur:
Heuer, Renate: Neumann, Alfred. In: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 137f., URL: https://www.deutsche-biographie.de/gnd118587250.html#ndbcontent, (28.12.2016).
Kluge, Manfred (2009): Alfred Neumann – Der Teufel. In: Kindlers Literatur Lexikon. 3., völlig neu bearb. Aufl. Hg. von Heinz Ludwig Arnold. Verlag J.B. Metzler, Stuttgart/Weimar. Zit. nach: Kindlers Literatur Lexikon Online: www.kll-online.de, (28.12.2016).
o.Vf.: Neumann, Alfred. In: Munzinger Online/Personen - Internationales Biographisches Archiv, URL: http://www.munzinger.de/document/00000003143, (28.12.2016).
Vierhaus, Rudolf (Hg.) (20052): Deutsche Biographische Enzyklopädie (DBE). Bd. 7. K.G. Saur Verlag, München, S. 415.
Externe Links:
Literatur von Alfred Neumann im BVB
Literatur über Alfred Neumann im BVB
Alfred Neumann im Kulturportal West-Ost
Alfred Neumann als Drehbuchautor in Hollywood. Briefe an Hermann Kesten (1941)
Der Sohn eines Holzfabrikanten Alfred Neumann studiert seit 1913 Kunstgeschichte in München und Romanistik in Genf und promoviert 1920 zum Dr. phil. mit einer Arbeit über den französischen Schriftsteller Alfred de Musset. Er wird Lektor und Redakteur der Zeitschrift Der Neue Merkur beim Georg Müller Verlag in München, daneben beschäftigt er sich mit Übersetzungen und Nachdichtungen aus dem Französischen. 1918 bis 1920 ist er dann Dramaturg an den Münchner Kammerspielen. Ab 1921 arbeitet Neumann als freier Schriftsteller.
Seinen Wohnort bezieht er abwechselnd in München (bis 1931, als Nachbar und Freund Thomas Manns, mit dem er in der Folgezeit einen regen Briefwechsel betreibt) und Fiesole bei Florenz, wohin er nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten zieht. 1931-1933 hält er sich noch in Brannenburg am Inn auf, wo er „das letzte Werk […] auf deutschem Boden“, den „barocken, tolldreisten Chronik-Roman Narrenspiegel“ schreibt (Peter de Mendelssohn), bevor er 1938 wegen Bedrohung durch die Gestapo aufgrund seiner jüdischen Herkunft nach Nizza, 1941 über Spanien und Portugal in die USA emigriert. Neben der Schriftstellerei ist Alfred Neumann in Hollywood als Filmautor tätig (u.a. für das oscar-nominierte Drehbuch zu None Shall Escape, 1944). Er wird amerikanischer Staatsbürger und kehrt 1951 nach Florenz zurück.
Nach ersten Gedichtbänden (Die Lieder vom Lächeln und von der Not, 1917) und durchaus erfolgreichen Veröffentlichungen im Bereich der Prosa (Erzählung Lehrer Taussig und Roman Die Brüder, beide 1924) gelingt ihm der Durchbruch zum Weltruhm mit den beiden Werken Der Patriot (1925) und Der Teufel (1926). Der Patriot, eine historische Novelle über die Offiziersverschwörung gegen den despotischen Zaren Paul I. im Jahre 1801, wird 1927 von Neumann für die Bühne bearbeitet und ein Jahr später, mit Emil Jannings in der Rolle des Zaren, von Ernst Lubitsch verfilmt. Für seinen historischen Roman Der Teufel, ein Drama der politischen Besessenheit und Machtgier um Ludwig IX. von Frankreich (1423-1483) und seinen dämonischen Ratgeber Oliver Necker, erhält Neumann noch im Erscheinungsjahr den Kleist-Preis.
„Kein deutscher Dichter [hat] die Psychologie der Macht und die intellektuelle Technik der politischen Intrige so konsequent dargestellt“ wie er, so das Urteil Hermann Kestens. Neben Lion Feuchtwanger und Bruno Frank findet der psychologische Geschichtsroman in Alfred Neumann einen „sprachlich virtuosen Charakter- und Seelenanalytiker“, der „aus der Optik der Tiefenpsychologie und Psychoanalyse geschichtliche und politische Prozesse zu interpretieren und zu aktualisieren“ versucht (Manfred Kluge). Der Held, Roman eines politischen Mordes (1930) thematisiert schließlich das deutsche Zeitgeschehen der Gegenwart, die politischen Morde an Walther Rathenau und Kurt Eisner.
Weitere Romane, zumeist in englischer Sprache, erscheinen, 1944 Es waren ihrer sechs. Es ist der Roman über die deutsche Widerstandsgruppe der im Februar 1943 hingerichteten Geschwister Scholl, der in zyklisch angelegten Kapiteln die miteinander verbundenen Lebensgeschichten der sechs Inhaftierten von der Verteilung der Flugblätter bis zu Verhaftung und Verhör erzählt. 1949 erscheint Der Pakt, worin Neumann die Geschichte des amerikanischen Arztes, Anwalts, Abenteurers und Söldnerführers William Walker, der Mitte des 19. Jahrhunderts versuchte, mehrere Staaten in Mittelamerika zu erobern, schildert.
Darüber hinaus schreibt Neumann die Novelle Viele heißen Kain, nach deren Vorlage 1951 der Film K – Das Haus des Schweigens / Jahre des Schweigens entsteht, zu dessen Uraufführung der Autor im Februar zu seinem zweiten Nachkriegsbesuch nach Deutschland kommt. Es ist die Geschichte eines Mannes, der aus Bruderliebe zum Mörder wird und sich selber richtet.
Danach zwingt Alfred Neumann ein Herzleiden, ständig im schweizerischen Lugano zu leben. Er stirbt dort im Alter von 57 Jahren am 3. Oktober 1952. Sein Grab liegt auf dem Münchner Nordfriedhof, sein Nachlass in der Monacensia.
Heuer, Renate: Neumann, Alfred. In: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 137f., URL: https://www.deutsche-biographie.de/gnd118587250.html#ndbcontent, (28.12.2016).
Kluge, Manfred (2009): Alfred Neumann – Der Teufel. In: Kindlers Literatur Lexikon. 3., völlig neu bearb. Aufl. Hg. von Heinz Ludwig Arnold. Verlag J.B. Metzler, Stuttgart/Weimar. Zit. nach: Kindlers Literatur Lexikon Online: www.kll-online.de, (28.12.2016).
o.Vf.: Neumann, Alfred. In: Munzinger Online/Personen - Internationales Biographisches Archiv, URL: http://www.munzinger.de/document/00000003143, (28.12.2016).
Vierhaus, Rudolf (Hg.) (20052): Deutsche Biographische Enzyklopädie (DBE). Bd. 7. K.G. Saur Verlag, München, S. 415.