Ödön von Horváth
Ödön von Horváth wird am 9. Dezember 1901 in Fiume, heute Rijeka in Kroatien, in eine „typisch alt österreichisch-ungarische“ Großbürgerfamilie hineingeboren.
Horváths Vater, der Minsterialrat Dr. Edmund von Horváth, entstammt einer magyarisch-kroatischen Offiziersfamilie und steht im diplomatischen Dienst der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie; 1908 wird er wegen seiner Verdienste geadelt. Ödön von Horváths Mutter, Maria Hermine, geborene Prehnal, kommt aus einer tschechisch-deutschen Militärarztfamilie. Der Beruf des Vaters bringt es mit sich, dass die Familie mehrmals umzieht, von Fiume nach Belgrad (1902), dann nach Budapest (1908), ein Jahr später nach München. Die beiden Söhne Ödön und Lajos bleiben vorerst in einem kirchlichen Internat in Budapest zurück. Im Sommer 1913 holen die Eltern wegen der nahenden Kriegsgefahr die beiden nach München. Dort besucht Ödön von Horváth das Wilhelms-Gymnasium und das Alte Realgymnasium, muss aber wegen seiner schlechten Schulleistungen 1916 an ein Gymnasium im Ausland wechseln. Nach Schulaufenthalten in Pressburg und Budapest legt Horváth 1919 die Matura in Wien ab. Eigenen Angaben zufolge wechselt er viermal die Unterrichtssprache und besucht fast jede Klasse in einer anderen Stadt. Im September 1919 kehrt er mit seinen Eltern nach München zurück, beginnt ein Studium an der Universität München und weiß noch nicht so recht, was er werden will.
Die Familie Horváth erwirbt 1921 ein Grundstück in Murnau am Staffelsee und lässt hier 1924 zusätzlich zum Haus in der Münchner Martiusstraße 4 ein Landhaus erbauen. Der älteste Sohn Ödön hält sich von nun ab bis Ende 1933 überwiegend in Murnau auf. Dort entdeckt er seine literarischen Stoffe und Motive, dort entwickelt er sich zum Schriftsteller, dort entstehen seine bedeutenden Theaterstücke Zur schönen Aussicht (1927), Die Bergbahn (1929), Italienische Nacht (1932), Geschichten aus dem Wiener Wald (1931), Kasimir und Karoline (1932), Glaube Liebe Hoffnung (1933) und der Roman Der ewige Spießer (1930).
Ödön von Horváth bringt in seinen Stücken die Alltagsprobleme der einfachen Leute in ihrer eigenen Sprache auf die Bühnen der Städte Berlin, Leipzig und Hamburg und gibt dem Theater seiner Zeit die entscheidenden Impulse für eine Neuorientierung. Dafür erhält er 1931 zusammen mit Erik Reger den Kleist-Preis.
1927 stellt Ödön von Horváth bei der Marktgemeinde Murnau einen Einbürgerungsantrag. Die Regierung von Oberbayern schließt sich der Empfehlung des Gemeinderates Murnau an und lehnt das Gesuch um Einbürgerung im Mai 1928 ab. Horváth betont in Zukunft vor allem sein Weltbürgertum. Anfang 1931 wird er Zeuge einer Saalschlacht zwischen Mitgliedern der NSDAP und Angehörigen des SPD-nahen „Reichsbanners“. In zwei Prozessen sagt Horváth als Zeuge aus. Im Februar 1933 zwingen ortsansässige Mitglieder der NSDAP Ödön von Horváth dazu, Murnau augenblicklich zu verlassen.
1937 erscheint Ödön von Horváths Antikriegsroman Jugend ohne Gott, in dem er die Seelenlage der in Nazi-Deutschland zu Menschenverachtung, Rassenhass und Gehorsam erzogenen jungen Generation schildert. 1938 setzen die Nationalsozialisten den Roman auf die „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“. Im selben Jahr geht Ödön von Horváth nach dem Anschluss Österreichs in die Emigration. Auf dem Weg ins amerikanische Exil kommt er Ende Mai nach Paris. Dort trifft er sich am 1. Juni 1938 mit Robert Siodmak, um über die Verfilmung von Jugend ohne Gott zu sprechen. Am selben Tag wird er auf den Champs-Élysées von einem herabstürzenden Ast erschlagen.
Ödön von Horváth gilt als Erneuerer des Volksstücks, Chronist seiner Zeit und Diagnostiker des Kleinbürgertums. Seine Stücke und Romane haben bis heute nichts an Aktualität eingebüßt.
Sekundärliteratur:
Bartsch, Kurt (2000): Ödön von Horváth. Stuttgart.
Hildebrandt, Dieter (1998, 2001): Ödön von Horváth. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek bei Hamburg.
Lunzer, Heinz; Lunzer-Talos, Victoria; Tworek, Elisabeth (2001): Horváth. Einem Schriftsteller auf der Spur. Salzburg.
Externe Links:
Literatur von Ödön von Horváth im BVB
Ödön von Horváth wird am 9. Dezember 1901 in Fiume, heute Rijeka in Kroatien, in eine „typisch alt österreichisch-ungarische“ Großbürgerfamilie hineingeboren.
Horváths Vater, der Minsterialrat Dr. Edmund von Horváth, entstammt einer magyarisch-kroatischen Offiziersfamilie und steht im diplomatischen Dienst der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie; 1908 wird er wegen seiner Verdienste geadelt. Ödön von Horváths Mutter, Maria Hermine, geborene Prehnal, kommt aus einer tschechisch-deutschen Militärarztfamilie. Der Beruf des Vaters bringt es mit sich, dass die Familie mehrmals umzieht, von Fiume nach Belgrad (1902), dann nach Budapest (1908), ein Jahr später nach München. Die beiden Söhne Ödön und Lajos bleiben vorerst in einem kirchlichen Internat in Budapest zurück. Im Sommer 1913 holen die Eltern wegen der nahenden Kriegsgefahr die beiden nach München. Dort besucht Ödön von Horváth das Wilhelms-Gymnasium und das Alte Realgymnasium, muss aber wegen seiner schlechten Schulleistungen 1916 an ein Gymnasium im Ausland wechseln. Nach Schulaufenthalten in Pressburg und Budapest legt Horváth 1919 die Matura in Wien ab. Eigenen Angaben zufolge wechselt er viermal die Unterrichtssprache und besucht fast jede Klasse in einer anderen Stadt. Im September 1919 kehrt er mit seinen Eltern nach München zurück, beginnt ein Studium an der Universität München und weiß noch nicht so recht, was er werden will.
Die Familie Horváth erwirbt 1921 ein Grundstück in Murnau am Staffelsee und lässt hier 1924 zusätzlich zum Haus in der Münchner Martiusstraße 4 ein Landhaus erbauen. Der älteste Sohn Ödön hält sich von nun ab bis Ende 1933 überwiegend in Murnau auf. Dort entdeckt er seine literarischen Stoffe und Motive, dort entwickelt er sich zum Schriftsteller, dort entstehen seine bedeutenden Theaterstücke Zur schönen Aussicht (1927), Die Bergbahn (1929), Italienische Nacht (1932), Geschichten aus dem Wiener Wald (1931), Kasimir und Karoline (1932), Glaube Liebe Hoffnung (1933) und der Roman Der ewige Spießer (1930).
Ödön von Horváth bringt in seinen Stücken die Alltagsprobleme der einfachen Leute in ihrer eigenen Sprache auf die Bühnen der Städte Berlin, Leipzig und Hamburg und gibt dem Theater seiner Zeit die entscheidenden Impulse für eine Neuorientierung. Dafür erhält er 1931 zusammen mit Erik Reger den Kleist-Preis.
1927 stellt Ödön von Horváth bei der Marktgemeinde Murnau einen Einbürgerungsantrag. Die Regierung von Oberbayern schließt sich der Empfehlung des Gemeinderates Murnau an und lehnt das Gesuch um Einbürgerung im Mai 1928 ab. Horváth betont in Zukunft vor allem sein Weltbürgertum. Anfang 1931 wird er Zeuge einer Saalschlacht zwischen Mitgliedern der NSDAP und Angehörigen des SPD-nahen „Reichsbanners“. In zwei Prozessen sagt Horváth als Zeuge aus. Im Februar 1933 zwingen ortsansässige Mitglieder der NSDAP Ödön von Horváth dazu, Murnau augenblicklich zu verlassen.
1937 erscheint Ödön von Horváths Antikriegsroman Jugend ohne Gott, in dem er die Seelenlage der in Nazi-Deutschland zu Menschenverachtung, Rassenhass und Gehorsam erzogenen jungen Generation schildert. 1938 setzen die Nationalsozialisten den Roman auf die „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“. Im selben Jahr geht Ödön von Horváth nach dem Anschluss Österreichs in die Emigration. Auf dem Weg ins amerikanische Exil kommt er Ende Mai nach Paris. Dort trifft er sich am 1. Juni 1938 mit Robert Siodmak, um über die Verfilmung von Jugend ohne Gott zu sprechen. Am selben Tag wird er auf den Champs-Élysées von einem herabstürzenden Ast erschlagen.
Ödön von Horváth gilt als Erneuerer des Volksstücks, Chronist seiner Zeit und Diagnostiker des Kleinbürgertums. Seine Stücke und Romane haben bis heute nichts an Aktualität eingebüßt.
Bartsch, Kurt (2000): Ödön von Horváth. Stuttgart.
Hildebrandt, Dieter (1998, 2001): Ödön von Horváth. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek bei Hamburg.
Lunzer, Heinz; Lunzer-Talos, Victoria; Tworek, Elisabeth (2001): Horváth. Einem Schriftsteller auf der Spur. Salzburg.