Carl Friedrich Aichinger
Der Sprachwissenschaftler und Literaturreformer des 18. Jahrhunderts Carl Friedrich Aichinger wird als Sohn des Weißgerbers und „churfürstlichen Ratsfreunds“ Hans Augustin Aichinger und seiner ersten Ehefrau Kunigunde im Oberpfälzischen Vohenstrauß (Lkr. Neustadt a.d. Waldnaab) geboren. Die Familie Aichinger lebt dort zu dieser Zeit schon seit vielen Jahren. Nach Unterrichtung durch den protestantischen Ortspfarrer Franz Bucher hält sich Carl Friedrich Aichinger vier Jahre als Gymnasiast und Alumnus in Regensburg auf. 1741 unterzieht er sich einem Examen in Sulzbach, worauf er am 14. Juli 1741 in das Rektorat der Lateinschule eingewiesen wird. Von 1750 bis 1777 versieht er die Stadtpredigerstelle („Stadtprediger zu Sulzbach in der obern Pfalz“) und später das evangelische Inspektorat.
Eine besondere Rolle kommt ihm im spätbarocken Sprachenstreit um die Definition einer allgemein gültigen deutschen Schriftnorm zu. Die Kontrahenten sind dabei in den protestantischen Norden, der das ostmitteldeutsche Sächsisch favorisiert und sich um den Literaturkritiker Johann Christoph Gottsched (1700-1766) schart, sowie in den katholischen Süden geteilt, der der oberdeutschen Schriftsprache anhängt und dem auch Carl Friedrich Aichinger angehört. Die Position der Anomalisten, u.a. vertreten durch Gottsched, setzt sich schließlich durch. Ab der Mitte des 18. Jahrhunderts wird die ostmitteldeutsche Schreibsprache deutsche Standardsprache („Hochdeutsch“).
Auf einer seiner Bildungsreisen kommt Gottsched, „Kulturpapst“ und angesehener Literat der deutschen Frühaufklärung, im Herbst 1749 auf der Reise von Nürnberg nach Wien auch durch die Oberpfalz. Im Klag-Lied des Herrn Professor Gottscheds über das rauhe Pfälzer-Land in einer Abschieds-Ode (Regensburg, 1750) überzieht er die Oberpfalz mit polemischer Kritik, die Carl Friedrich Aichinger nicht unbeantwortet lässt. Dieses Gedicht erregt in der damaligen Oberpfalz einen gewaltigen Aufruhr, der zu den verschiedensten Reaktionen führt, letztlich mit dem Erfolg, dass das Gedicht zurückgezogen wird. Aichinger veröffentlicht ein dezidiert pro-oberpfälzisches Antwortgedicht mit dem Titel Bemühungen der Obern Pfalz, den Zorn des Herrn Prof. Gottscheds zu besänfftigen (o.O., 1750). In diesem Gedicht setzt sich die personifizierte Oberpfalz gegen Gottscheds Anwürfe zur Wehr, indem sie diese als Folge seiner eigenen Beschränktheit erklärt.
Carl Friedrich Aichinger verfasst mehrere sprachwissenschaftliche Aufsätze und Schriften, deren umfangreichste eine Grammatik der deutschen Sprache unter dem Titel Versuch einer teutschen Sprachlehre, anfänglich nur zu eignem Gebrauche unternommen, endlich aber, um den Gelehrten zu fernerer Untersuchung Anlaß zu geben, ans Liecht gestellt (Frankfurt und Leipzig, 1754; Repr. Hildesheim, 1972). „Diese Grammatik hat in der sprachwissenschaftlichen Diskussion um die Mitte des 18. Jahrhunderts eine beachtliche Rolle gespielt“, so der Linguist Ludwig M. Eichinger. Ihr wissenschaftlicher Wert wird auch in mehreren neueren Publikationen eingehend gewürdigt.
Zur Zeit Carl Friedrich Aichingers ist Sulzbach ein selbständiges Fürstentum, das Herzog Christian August († 1708) seinem Sohn Theodor hinterlässt, der noch bis 1732 regiert. 1742 verlagert sich erbmäßig der politische Schwerpunkt an den Rhein, und Sulzbach verliert seine Funktion als Residenz. Die Landesregierung verbleibt aber zunächst noch bis 1790 dort.
Carl Friedrich Aichinger stirbt am 13. Dezember 1782 als „Inspector der evangelischen Kirchen im Sulzbacher Land“.
Sekundärliteratur:
Dünninger, Eberhard (1992): Kern Teutschlands, Oberpfalz, Dein Ruhm hat mich entbrannt. Amberg, S. 12.
Eichinger, Ludwig M. (1983): Ein Oberpfälzer und das Hochdeutsche. Zu Leben und Werk des Sprachforschers C. F. Aichinger (1717-1782). In: Oberpfälzer Heimat 28 (1984), S. 71-77.
Knedlik, Manfred (2003): Aichinger, Carl Friedrich. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Bd. 21. Nordhausen, Sp. 9-11.
Ders. (2004): Gegen-Bilder. Der oberpfälzische Literaturstreit im Jahr 1750. In: Die Oberpfalz – Land der Pfalzgrafen in der Mitte Europas. FS zum 35. Bayerischen Nordgautag in Vohenstrauß. Regensburg, S. 203-208.
Poppe, Erich (1983): C. F. Aichinger (1717-1782). Zur Regionalgeschichte der deutschen Sprachwissenschaft. In: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg. Regensburg, S. 141-170.
Rössler, Paul (1997): Aichinger und Popowitsch. Eine antigottschedische Parallelaktion oberdeutscher Grammatiker? In: Eichner, Heiner (Hg.): Sprachnormung und Sprachplanung. FS für Otto Back. Wien, S. 263-286.
Ders. (2017): „Rau, höckricht, hart und steif“. Aichinger, Gottsched und die Oberpfalz im Schriftsprachreform-Diskurs um 1750. Vortrag zur Oberpfälzer Sprachgeschichte (in Kooperation mit der KEB Amberg-Sulzbach) in der Provinzialbibliothek Amberg am 11. Oktober 2017.
Sperl, August (1909): Die Aichinger. Chronik eines bayerischen Bürgerhauses 1240-1909. Auf Grund der von Christian Aichinger gesammelten Urkunden. Mit Stammbaum und anderen Beilagen. München.
Externe Links:
Literatur von Carl Friedrich Aichinger im BVB
Literatur über Carl Friedrich Aichinger im BVB
Artikel Frühneuhochdeutsch in Altbayern im Historischen Lexikon Bayerns
Der Sprachwissenschaftler und Literaturreformer des 18. Jahrhunderts Carl Friedrich Aichinger wird als Sohn des Weißgerbers und „churfürstlichen Ratsfreunds“ Hans Augustin Aichinger und seiner ersten Ehefrau Kunigunde im Oberpfälzischen Vohenstrauß (Lkr. Neustadt a.d. Waldnaab) geboren. Die Familie Aichinger lebt dort zu dieser Zeit schon seit vielen Jahren. Nach Unterrichtung durch den protestantischen Ortspfarrer Franz Bucher hält sich Carl Friedrich Aichinger vier Jahre als Gymnasiast und Alumnus in Regensburg auf. 1741 unterzieht er sich einem Examen in Sulzbach, worauf er am 14. Juli 1741 in das Rektorat der Lateinschule eingewiesen wird. Von 1750 bis 1777 versieht er die Stadtpredigerstelle („Stadtprediger zu Sulzbach in der obern Pfalz“) und später das evangelische Inspektorat.
Eine besondere Rolle kommt ihm im spätbarocken Sprachenstreit um die Definition einer allgemein gültigen deutschen Schriftnorm zu. Die Kontrahenten sind dabei in den protestantischen Norden, der das ostmitteldeutsche Sächsisch favorisiert und sich um den Literaturkritiker Johann Christoph Gottsched (1700-1766) schart, sowie in den katholischen Süden geteilt, der der oberdeutschen Schriftsprache anhängt und dem auch Carl Friedrich Aichinger angehört. Die Position der Anomalisten, u.a. vertreten durch Gottsched, setzt sich schließlich durch. Ab der Mitte des 18. Jahrhunderts wird die ostmitteldeutsche Schreibsprache deutsche Standardsprache („Hochdeutsch“).
Auf einer seiner Bildungsreisen kommt Gottsched, „Kulturpapst“ und angesehener Literat der deutschen Frühaufklärung, im Herbst 1749 auf der Reise von Nürnberg nach Wien auch durch die Oberpfalz. Im Klag-Lied des Herrn Professor Gottscheds über das rauhe Pfälzer-Land in einer Abschieds-Ode (Regensburg, 1750) überzieht er die Oberpfalz mit polemischer Kritik, die Carl Friedrich Aichinger nicht unbeantwortet lässt. Dieses Gedicht erregt in der damaligen Oberpfalz einen gewaltigen Aufruhr, der zu den verschiedensten Reaktionen führt, letztlich mit dem Erfolg, dass das Gedicht zurückgezogen wird. Aichinger veröffentlicht ein dezidiert pro-oberpfälzisches Antwortgedicht mit dem Titel Bemühungen der Obern Pfalz, den Zorn des Herrn Prof. Gottscheds zu besänfftigen (o.O., 1750). In diesem Gedicht setzt sich die personifizierte Oberpfalz gegen Gottscheds Anwürfe zur Wehr, indem sie diese als Folge seiner eigenen Beschränktheit erklärt.
Carl Friedrich Aichinger verfasst mehrere sprachwissenschaftliche Aufsätze und Schriften, deren umfangreichste eine Grammatik der deutschen Sprache unter dem Titel Versuch einer teutschen Sprachlehre, anfänglich nur zu eignem Gebrauche unternommen, endlich aber, um den Gelehrten zu fernerer Untersuchung Anlaß zu geben, ans Liecht gestellt (Frankfurt und Leipzig, 1754; Repr. Hildesheim, 1972). „Diese Grammatik hat in der sprachwissenschaftlichen Diskussion um die Mitte des 18. Jahrhunderts eine beachtliche Rolle gespielt“, so der Linguist Ludwig M. Eichinger. Ihr wissenschaftlicher Wert wird auch in mehreren neueren Publikationen eingehend gewürdigt.
Zur Zeit Carl Friedrich Aichingers ist Sulzbach ein selbständiges Fürstentum, das Herzog Christian August († 1708) seinem Sohn Theodor hinterlässt, der noch bis 1732 regiert. 1742 verlagert sich erbmäßig der politische Schwerpunkt an den Rhein, und Sulzbach verliert seine Funktion als Residenz. Die Landesregierung verbleibt aber zunächst noch bis 1790 dort.
Carl Friedrich Aichinger stirbt am 13. Dezember 1782 als „Inspector der evangelischen Kirchen im Sulzbacher Land“.
Dünninger, Eberhard (1992): Kern Teutschlands, Oberpfalz, Dein Ruhm hat mich entbrannt. Amberg, S. 12.
Eichinger, Ludwig M. (1983): Ein Oberpfälzer und das Hochdeutsche. Zu Leben und Werk des Sprachforschers C. F. Aichinger (1717-1782). In: Oberpfälzer Heimat 28 (1984), S. 71-77.
Knedlik, Manfred (2003): Aichinger, Carl Friedrich. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Bd. 21. Nordhausen, Sp. 9-11.
Ders. (2004): Gegen-Bilder. Der oberpfälzische Literaturstreit im Jahr 1750. In: Die Oberpfalz – Land der Pfalzgrafen in der Mitte Europas. FS zum 35. Bayerischen Nordgautag in Vohenstrauß. Regensburg, S. 203-208.
Poppe, Erich (1983): C. F. Aichinger (1717-1782). Zur Regionalgeschichte der deutschen Sprachwissenschaft. In: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg. Regensburg, S. 141-170.
Rössler, Paul (1997): Aichinger und Popowitsch. Eine antigottschedische Parallelaktion oberdeutscher Grammatiker? In: Eichner, Heiner (Hg.): Sprachnormung und Sprachplanung. FS für Otto Back. Wien, S. 263-286.
Ders. (2017): „Rau, höckricht, hart und steif“. Aichinger, Gottsched und die Oberpfalz im Schriftsprachreform-Diskurs um 1750. Vortrag zur Oberpfälzer Sprachgeschichte (in Kooperation mit der KEB Amberg-Sulzbach) in der Provinzialbibliothek Amberg am 11. Oktober 2017.
Sperl, August (1909): Die Aichinger. Chronik eines bayerischen Bürgerhauses 1240-1909. Auf Grund der von Christian Aichinger gesammelten Urkunden. Mit Stammbaum und anderen Beilagen. München.