Ernst Anton Zündt
Die Mindelburg, auf dem St. Georgenberg hoch über der Stadt Mindelheim gelegen, ist bekannt als Stammburg des Landsknechtführers Georg von Frundsberg (1473-1528). Bereits im 17. Jahrhundert verliert die Burg aber ihre Funktion als Herrschaftssitz. Im frühen 18. Jahrhundert gehen Vorburg-Gebäude in den Besitz der alten Beamten- und Militärfamilie von Zündt über.
Ernst Anton Zündt (ursprünglich Ernst Anton Joseph Zündt Freiherr von Kenzingen) wird dort 1819 geboren. Sein Vater Max Wilhelm Zündt Freiherr von Kenzingen, ein Landwehroffizier in den Feldzügen des bairischen Heers unter Napoleon, stirbt 1831 im Alter von nur 40 Jahren, seine Mutter Kunigunde ist eine geborene Freiin von Freyberg-Eisenberg. Zündt wird zunächst durch Hauslehrer unterrichtet und kommt dann an das holländische Institut in München. Schon während seines Studiums der Rechtswissenschaften und Philosophie an der Universität München interessiert er sich für Literatur und Theater und ist mit dem Schriftsteller Hermann Lingg bekannt. 1843 debütiert Zündt erfolgreich als Schriftsteller. Der 24-Jährige bearbeitet und übersetzt François Ponsards Trauerspiel Lukretia und wird für diese Arbeit von der Académie française ausgezeichnet. 1844 legt Zündt seinen ersten Gedichtband Einsame Stunden vor. Im Gedicht „Sieges-Lust“ begrüßt er euphorisch den von König Ludwig I. verkündeten Märzerlass vom 6. März 1848 mit umfassenden Neuerungen für eine Liberalisierung der Verfassung. 1849 heiratet er seine Jugendliebe Johanna Ammann, eine mittellose Bürgerliche, das Paar bekommt zwei Söhne. Seine Familie lehnt die nicht standesgemäße Heirat ab, finanzielle Zuwendungen bleiben aus, die wirtschaftliche Situation der jungen Familie wird zunehmend angespannt. Bis 1852 arbeitet Zündt als Postassistent in Nördlingen, doch das Diensteinkommen reicht weder zur Tilgung seiner aus der Studienzeit herrührenden Schulden noch zum Familienunterhalt. Krankheiten verschlimmern die Lage. Um die Gläubiger bezahlen zu können, entwendet er Geldbeträge aus Postsendungen und wird dafür zu Festungshaft verurteilt, er verliert seine Anstellung und seinen Adelstitel.
Zündt wandert 1857 mit seiner Familie in die USA aus, um sich ein neues Leben aufzubauen. Zwei weitere Kinder kommen zur Welt. Zündt gründet eine Zeitung in Greenbay (Wisconsin), arbeitet in Milwaukee (Wisconsin) als Redakteur für verschiedene deutschsprachige Zeitungen und als Regisseur beim dortigen Theater, zudem erteilt er Privatunterricht. 1864 erfolgt die Übersiedlung nach St. Louis (Missouri), wo er Feuilletonist bei der Westlichen Post wird. Zündt macht sich einen Namen als Übersetzer und wird Deutschlehrer in Jefferson City, der Hauptstadt des Bundesstaats Missouri.
Mit seinem „Lied eines Deutsch-Amerikaners“ setzt er sich 1865 in einem Wettbewerb des New Yorker Sängerbunds gegen 200 Mitbewerber durch und erhält dafür den ersten Preis. Er verfasst zahlreiche Festgedichte (u.a. für Turnerfeste) und Festspiele „Laßt uns Frieden haben“, „Columbia am Rhein“ und „Im Olymp“, die mit Erfolg aufgeführt werden. Der Sammelband Deutsch in Amerika (1892) enthält seine Gedichte „Das deutsche Lied“, „Waldvöglein“, „Geistergruß“, „Sonnenschein“, „Geh‘ James, lösch‘ diese Lampen aus“, „Deutschland erwacht“, „Siegesfrühling“, „Die Nacht“, „Freiheit“, „Heimkehr von der Arbeit“, „Hertha“ und „Alexander von Humboldt“.
1867 stirbt sein Sohn Robert (Gedicht „Am Grabe meines erwachsenen Sohnes Robert“), 1882 sein Sohn Wilhelm an den Folgen eines Eisenbahn-Unglücks, noch bevor dessen Frau das erste Kind zur Welt bringt. Zündt widmet dem Enkel Wilhelm das Gedicht „Sein Sohn“ (beide Gedichte in Ebbe und Fluth, 1894, S. 283f.). 1876 kehrt Zündt nach St. Louis zurück und arbeitet bis 1884 als Beamter für verschiedene Behörden. Als er nach längerer Krankheit die Arbeit verliert, geht er als Redakteur für den deutschsprachigen Herold und für die Freie Presse nach Minneapolis (Minnesota). Auch diese Arbeit muss er krankheitsbedingt aufgeben. Ab 1890 verbringen er und seine Frau Johanna den Lebensabend bei einem der Söhne in Jefferson City, umgeben von neun Enkeln. 1897 stirbt Zündt im Alter von 78 Jahren. Ein Jahr später enthüllen die deutschen Turner von St. Louis und Jefferson City ihm zu Ehren ein Denkmal auf dem Friedhof.
Zündts Werk liegt in drei umfangreichen Sammlungen vor. Der Band Lyrische und dramatische Dichtungen (1873) enthält neben deutsch-volkstümlicher Lyrik, Freiheits- und Turnerliedern das Trauerspiel Jugurtha sowie die Übertragungen von Miß Mitfords Rienzi, der letzte Tribun und Ponsards Galilei. Im Band Dramatische und lyrische Dichtungen (1879) finden sich Gedichte, die Märchenbearbeitungen Aschenbrödel, Dornröschen und Eisfee und das noch aus seiner Zeit in Bayern stammende Theaterstück Gambsenjaga (späterer Titel: Die Gemsenjäger), dessen Handlung in der Gegend um Hohenschwangau angesiedelt ist. Der Band Ebbe und Fluth (1894) umfasst lyrische Dichtungen, das Trauerspiel Jugurtha, Festgedichte, Nachdichtungen im Kapitel „Aus andern Sprachen“ und im Kapitel „Daheim“ Gedichte, in denen er Heimweh und Verbundenheit zur alten Heimat ausdrückt. Zeit seines Lebens nimmt er Anteil an den politischen und gesellschaftlichen Veränderungen in Deutschland und verarbeitet dies literarisch.
Franz Brümmer schreibt in Biographisches Jahrbuch und deutscher Nekrolog (1897, 103) über den Schriftsteller Ernst Anton Zündt: „Sein bestes Können tritt uns in seinen episch-didaktischen Dichtungen entgegen, die alle in grossem Stile abgefasst sind. Viele seiner Gedichte sind politischen Inhalts. Sonst erinnern seine lyrischen Gedichte vielfach an Brentano und Heine; dieselbe Ironie und Gracie auf der einen, und der volksthümliche Ton, sowie der geheimnisvolle Hauch auf der anderen Seite“.
Sekundärliteratur:
Augsburger Anzeigblatt vom 6. Januar 1852, https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10485227_00029_u001/1, (26.08.2024).
Bornmüller, Franz (1882): Biographisches Schriftsteller-Lexikon der Gegenwart. Die bekanntesten Zeitgenossen auf dem Gebiet der Nationalliteratur aller Völker mit Angabe ihrer Werke (Meyers Fach-Lexika; 11). Bibliographisches Institut, Leipzig, S. 789.
Brümmer, Franz (1898): Zündt, Ernst Anton. In: Anton Bettelheim (Hg.): Biographisches Jahrbuch und deutscher Nekrolog, Bd. 2. Reimer Verlag, Berlin, S. 102f.
Ders. (1913): Zündt, Ernst Anton Joseph. In: Ders.: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. 6. völlig neu bearb. und stark verm. Aufl. Reclam, Leipzig, Bd. 8, S. 117.
Fränkel, Ludwig: Zündt-Kenzingen, Ernst Anton Joseph von. In: Allgemeine Deutsche Biographie 45 (1900), S. 486-489; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd128020172.html#adbcontent, (26.08.2024).
Zimmermann, Gustav Adolf (1892): Deutsch in Amerika. Beiträge zur Geschichte der Deutsch-amerikanischen Literatur, Bd. 1: Episch-lyrische Poesie, Chicago: Ackermann & Eyller, mit den 12 Gedichten von Ernst Anton Zündt „Das deutsche Lied“, „Waldvöglein“, „Geistergruß“, „Sonnenschein“, „Geh‘ James, lösch‘ diese Lampen aus“, „Deutschland erwacht“, „Siegesfrühling“, „Die Nacht“, „Freiheit“, „Heimkehr von der Arbeit“, „Hertha“ und „Alexander von Humboldt“.
Externe Links:
Die Mindelburg, auf dem St. Georgenberg hoch über der Stadt Mindelheim gelegen, ist bekannt als Stammburg des Landsknechtführers Georg von Frundsberg (1473-1528). Bereits im 17. Jahrhundert verliert die Burg aber ihre Funktion als Herrschaftssitz. Im frühen 18. Jahrhundert gehen Vorburg-Gebäude in den Besitz der alten Beamten- und Militärfamilie von Zündt über.
Ernst Anton Zündt (ursprünglich Ernst Anton Joseph Zündt Freiherr von Kenzingen) wird dort 1819 geboren. Sein Vater Max Wilhelm Zündt Freiherr von Kenzingen, ein Landwehroffizier in den Feldzügen des bairischen Heers unter Napoleon, stirbt 1831 im Alter von nur 40 Jahren, seine Mutter Kunigunde ist eine geborene Freiin von Freyberg-Eisenberg. Zündt wird zunächst durch Hauslehrer unterrichtet und kommt dann an das holländische Institut in München. Schon während seines Studiums der Rechtswissenschaften und Philosophie an der Universität München interessiert er sich für Literatur und Theater und ist mit dem Schriftsteller Hermann Lingg bekannt. 1843 debütiert Zündt erfolgreich als Schriftsteller. Der 24-Jährige bearbeitet und übersetzt François Ponsards Trauerspiel Lukretia und wird für diese Arbeit von der Académie française ausgezeichnet. 1844 legt Zündt seinen ersten Gedichtband Einsame Stunden vor. Im Gedicht „Sieges-Lust“ begrüßt er euphorisch den von König Ludwig I. verkündeten Märzerlass vom 6. März 1848 mit umfassenden Neuerungen für eine Liberalisierung der Verfassung. 1849 heiratet er seine Jugendliebe Johanna Ammann, eine mittellose Bürgerliche, das Paar bekommt zwei Söhne. Seine Familie lehnt die nicht standesgemäße Heirat ab, finanzielle Zuwendungen bleiben aus, die wirtschaftliche Situation der jungen Familie wird zunehmend angespannt. Bis 1852 arbeitet Zündt als Postassistent in Nördlingen, doch das Diensteinkommen reicht weder zur Tilgung seiner aus der Studienzeit herrührenden Schulden noch zum Familienunterhalt. Krankheiten verschlimmern die Lage. Um die Gläubiger bezahlen zu können, entwendet er Geldbeträge aus Postsendungen und wird dafür zu Festungshaft verurteilt, er verliert seine Anstellung und seinen Adelstitel.
Zündt wandert 1857 mit seiner Familie in die USA aus, um sich ein neues Leben aufzubauen. Zwei weitere Kinder kommen zur Welt. Zündt gründet eine Zeitung in Greenbay (Wisconsin), arbeitet in Milwaukee (Wisconsin) als Redakteur für verschiedene deutschsprachige Zeitungen und als Regisseur beim dortigen Theater, zudem erteilt er Privatunterricht. 1864 erfolgt die Übersiedlung nach St. Louis (Missouri), wo er Feuilletonist bei der Westlichen Post wird. Zündt macht sich einen Namen als Übersetzer und wird Deutschlehrer in Jefferson City, der Hauptstadt des Bundesstaats Missouri.
Mit seinem „Lied eines Deutsch-Amerikaners“ setzt er sich 1865 in einem Wettbewerb des New Yorker Sängerbunds gegen 200 Mitbewerber durch und erhält dafür den ersten Preis. Er verfasst zahlreiche Festgedichte (u.a. für Turnerfeste) und Festspiele „Laßt uns Frieden haben“, „Columbia am Rhein“ und „Im Olymp“, die mit Erfolg aufgeführt werden. Der Sammelband Deutsch in Amerika (1892) enthält seine Gedichte „Das deutsche Lied“, „Waldvöglein“, „Geistergruß“, „Sonnenschein“, „Geh‘ James, lösch‘ diese Lampen aus“, „Deutschland erwacht“, „Siegesfrühling“, „Die Nacht“, „Freiheit“, „Heimkehr von der Arbeit“, „Hertha“ und „Alexander von Humboldt“.
1867 stirbt sein Sohn Robert (Gedicht „Am Grabe meines erwachsenen Sohnes Robert“), 1882 sein Sohn Wilhelm an den Folgen eines Eisenbahn-Unglücks, noch bevor dessen Frau das erste Kind zur Welt bringt. Zündt widmet dem Enkel Wilhelm das Gedicht „Sein Sohn“ (beide Gedichte in Ebbe und Fluth, 1894, S. 283f.). 1876 kehrt Zündt nach St. Louis zurück und arbeitet bis 1884 als Beamter für verschiedene Behörden. Als er nach längerer Krankheit die Arbeit verliert, geht er als Redakteur für den deutschsprachigen Herold und für die Freie Presse nach Minneapolis (Minnesota). Auch diese Arbeit muss er krankheitsbedingt aufgeben. Ab 1890 verbringen er und seine Frau Johanna den Lebensabend bei einem der Söhne in Jefferson City, umgeben von neun Enkeln. 1897 stirbt Zündt im Alter von 78 Jahren. Ein Jahr später enthüllen die deutschen Turner von St. Louis und Jefferson City ihm zu Ehren ein Denkmal auf dem Friedhof.
Zündts Werk liegt in drei umfangreichen Sammlungen vor. Der Band Lyrische und dramatische Dichtungen (1873) enthält neben deutsch-volkstümlicher Lyrik, Freiheits- und Turnerliedern das Trauerspiel Jugurtha sowie die Übertragungen von Miß Mitfords Rienzi, der letzte Tribun und Ponsards Galilei. Im Band Dramatische und lyrische Dichtungen (1879) finden sich Gedichte, die Märchenbearbeitungen Aschenbrödel, Dornröschen und Eisfee und das noch aus seiner Zeit in Bayern stammende Theaterstück Gambsenjaga (späterer Titel: Die Gemsenjäger), dessen Handlung in der Gegend um Hohenschwangau angesiedelt ist. Der Band Ebbe und Fluth (1894) umfasst lyrische Dichtungen, das Trauerspiel Jugurtha, Festgedichte, Nachdichtungen im Kapitel „Aus andern Sprachen“ und im Kapitel „Daheim“ Gedichte, in denen er Heimweh und Verbundenheit zur alten Heimat ausdrückt. Zeit seines Lebens nimmt er Anteil an den politischen und gesellschaftlichen Veränderungen in Deutschland und verarbeitet dies literarisch.
Franz Brümmer schreibt in Biographisches Jahrbuch und deutscher Nekrolog (1897, 103) über den Schriftsteller Ernst Anton Zündt: „Sein bestes Können tritt uns in seinen episch-didaktischen Dichtungen entgegen, die alle in grossem Stile abgefasst sind. Viele seiner Gedichte sind politischen Inhalts. Sonst erinnern seine lyrischen Gedichte vielfach an Brentano und Heine; dieselbe Ironie und Gracie auf der einen, und der volksthümliche Ton, sowie der geheimnisvolle Hauch auf der anderen Seite“.
Augsburger Anzeigblatt vom 6. Januar 1852, https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10485227_00029_u001/1, (26.08.2024).
Bornmüller, Franz (1882): Biographisches Schriftsteller-Lexikon der Gegenwart. Die bekanntesten Zeitgenossen auf dem Gebiet der Nationalliteratur aller Völker mit Angabe ihrer Werke (Meyers Fach-Lexika; 11). Bibliographisches Institut, Leipzig, S. 789.
Brümmer, Franz (1898): Zündt, Ernst Anton. In: Anton Bettelheim (Hg.): Biographisches Jahrbuch und deutscher Nekrolog, Bd. 2. Reimer Verlag, Berlin, S. 102f.
Ders. (1913): Zündt, Ernst Anton Joseph. In: Ders.: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. 6. völlig neu bearb. und stark verm. Aufl. Reclam, Leipzig, Bd. 8, S. 117.
Fränkel, Ludwig: Zündt-Kenzingen, Ernst Anton Joseph von. In: Allgemeine Deutsche Biographie 45 (1900), S. 486-489; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd128020172.html#adbcontent, (26.08.2024).
Zimmermann, Gustav Adolf (1892): Deutsch in Amerika. Beiträge zur Geschichte der Deutsch-amerikanischen Literatur, Bd. 1: Episch-lyrische Poesie, Chicago: Ackermann & Eyller, mit den 12 Gedichten von Ernst Anton Zündt „Das deutsche Lied“, „Waldvöglein“, „Geistergruß“, „Sonnenschein“, „Geh‘ James, lösch‘ diese Lampen aus“, „Deutschland erwacht“, „Siegesfrühling“, „Die Nacht“, „Freiheit“, „Heimkehr von der Arbeit“, „Hertha“ und „Alexander von Humboldt“.