Joseph Sebastian Edler von Rittershausen
1748 wird Joseph Franz von Rittershausen in Immenstadt geboren. Sein Vater Franz Joseph ist der oberste Beamte der Grafschaft Königsegg-Rothenfels, seine Mutter Maria Agatha die Tochter eines Apothekers aus Weingarten.
Joseph von Rittershausen besucht die Jesuiten-Gymnasien in Augsburg und Konstanz und studiert ab 1760 Logik, Philosophie, Mathematik und Physik an der Universität Innsbruck. 1762 wechselt er für das Studium des Gemeinen und Kanonischen Rechts an die Universität Freiburg im Breisgau und erwirbt 1766 den Doktor beider Rechte (iuris utriusque). Um die französische Sprache zu erlernen, hält er sich über ein Jahr an der Universität in Paris auf. Nach der Rückkehr in seine Heimatstadt ist er kurze Zeit als Schreiber bei einem Advokaten tätig, findet aber keinen Gefallen am Beruf des Juristen. 1768 tritt er in München in den Orden der Theatiner ein, der große Gelehrte in seinen Reihen hat und von dem sich Rittershausen ein Leben für Kunst und Wissenschaft verspricht. Er legt die Profess ab, erhält dabei vermutlich den zweiten Vornamen Sebastian und wird 1770 zum Priester geweiht. Ihm wird die über 10.000 Bände umfassende Bibliothek anvertraut. Jüngere Kleriker unterrichtet er in Kanonischem Recht. Kurfürst Max III. Joseph ernennt ihn zum Professor der Philosophie am Münchener Lyzeum. Als sich eine geplante Kunstreise nach Italien mit den Ordensregeln und den Lehrverpflichtungen nicht vereinbaren lässt, verlässt Rittershausen 1782 den Orden und legt seine Professur nieder. Am Ende seiner Reise wird er in Rom von Papst Pius VI. mit dem Portugiesischen Christusorden ausgezeichnet.
Ab 1777 entfaltet Rittershausen eine rege publizistische Tätigkeit durch die Mitarbeit an der Monatsschrift Der Zuschauer in Bayern. Von 1782 bis 1786 gibt er in eigener Verantwortung die Monatsschrift Deutschlands achtzehntes Jahrhundert heraus; 1804 erscheint das erste Heft seiner Monatsschrift Deutschlands Aufklärung im neunzehnten Jahrhundert. Seit seiner Gymnasialzeit in Konstanz widmet sich Rittershausen ausgiebig der Malerei. Zudem ist er schriftstellerisch produktiv. Neben kunstästhetischen Schriften (wie Die vornehmsten(n) Merkwürdigkeiten der Residenzstadt München, für Liebhaber der bildenden Künste, 1788) und religiösen Büchern (wie Feyerstunden des Christen, 1787-1803) schreibt Rittershausen Schauspiele (Die Tochter Jephte, 1785), das Libretto zur Oper Orpheus und Eurydike, Gedichte, Kantaten, Satiren und Erzählungen (Die Alpen im Algöw, 1784). Ein ausführliches Werkverzeichnis gibt Vogel (1996, S. 567).
Rittershausen ist ein gemäßigter Aufklärer, der Missstände in der Kirche zwar kritisiert, Glaubenswahrheiten aber nie anzweifelt. Kants Philosophie begegnet er kritisch. 1788 wird er in den Geistlichen Rat berufen, der u.a. für die staatliche Aufsicht über die Klöster und die staatliche Mitwirkung bei der Besetzung kirchlicher Ämter zuständig ist. Das Amt sichert ihm ein geregeltes Einkommen, bringt ihn aber in Gewissenskonflikte bei Entscheidungen, die er als Vertreter des Staats gegen die Kirche mittragen soll. Er wird auf eigenen Wunsch aus dem Amt entlassen, den Titel darf er behalten. Einer seiner Kritiker wirft ihm 20 Jahre später Bestechlichkeit vor, Rittershausen verteidigt sich gegen diese Vorwürfe in Zum neuen Jahre für die Hypokriten (1803). Er wird in die Kommission zur Überwachung der Illuminaten berufen. Mit dem Tod des Kurfürsten Karl Theodor 1799 verliert Rittershausen an Rückhalt. Gegen die vom neuen Kurfürsten Max IV. Joseph und dessen Minister Freiherr von Montgelas geschätzte Vernunftreligion polemisiert er in mehreren Streitschriften. Rittershausens finanzielle Situation ist zunehmend angespannt, er ist auf geliehenes Geld angewiesen, ein von Freunden verschafftes Benefizium verliert er wieder. Er wird der feindlichen Gesinnung gegen Napoleon verdächtigt und nach Bayreuth verwiesen. Wenige Monate nach Montgelas' Sturz 1817 kann Rittershausen nach München zurückkehren, wo er in den Genuss des Benefiziums St. Peter kommt. 1820 stirbt er dort im 72. Lebensjahr.
Sekundärliteratur:
Seb. von Rittershausen, der Publizist und Kunstästhetiker. In: Lama, Ritter Franz von (1937): Die Satire als Kampfmittel in der bayerischen Publizistik, Kap. 4, München, S. 51-72, mit Anhang zu Kap. 4, S. 104-107.
Vogel, Rudolf (1996): Joseph Sebastian Edler von Rittershausen, Dr. iur. utr. In: Immenstadt im Allgäu. Landschaft, Geschichte, Gesellschaft, Wirtschaft, kulturelles und religiöses Leben im Lauf der Jahrhunderte, hg. von Rudolf Vogel, S. 563-568.
Externe Links:
Literatur von Joseph Sebastian Edler von Rittershausen im BVB
Literatur über Joseph Sebastian Edler von Rittershausen im BVB
1748 wird Joseph Franz von Rittershausen in Immenstadt geboren. Sein Vater Franz Joseph ist der oberste Beamte der Grafschaft Königsegg-Rothenfels, seine Mutter Maria Agatha die Tochter eines Apothekers aus Weingarten.
Joseph von Rittershausen besucht die Jesuiten-Gymnasien in Augsburg und Konstanz und studiert ab 1760 Logik, Philosophie, Mathematik und Physik an der Universität Innsbruck. 1762 wechselt er für das Studium des Gemeinen und Kanonischen Rechts an die Universität Freiburg im Breisgau und erwirbt 1766 den Doktor beider Rechte (iuris utriusque). Um die französische Sprache zu erlernen, hält er sich über ein Jahr an der Universität in Paris auf. Nach der Rückkehr in seine Heimatstadt ist er kurze Zeit als Schreiber bei einem Advokaten tätig, findet aber keinen Gefallen am Beruf des Juristen. 1768 tritt er in München in den Orden der Theatiner ein, der große Gelehrte in seinen Reihen hat und von dem sich Rittershausen ein Leben für Kunst und Wissenschaft verspricht. Er legt die Profess ab, erhält dabei vermutlich den zweiten Vornamen Sebastian und wird 1770 zum Priester geweiht. Ihm wird die über 10.000 Bände umfassende Bibliothek anvertraut. Jüngere Kleriker unterrichtet er in Kanonischem Recht. Kurfürst Max III. Joseph ernennt ihn zum Professor der Philosophie am Münchener Lyzeum. Als sich eine geplante Kunstreise nach Italien mit den Ordensregeln und den Lehrverpflichtungen nicht vereinbaren lässt, verlässt Rittershausen 1782 den Orden und legt seine Professur nieder. Am Ende seiner Reise wird er in Rom von Papst Pius VI. mit dem Portugiesischen Christusorden ausgezeichnet.
Ab 1777 entfaltet Rittershausen eine rege publizistische Tätigkeit durch die Mitarbeit an der Monatsschrift Der Zuschauer in Bayern. Von 1782 bis 1786 gibt er in eigener Verantwortung die Monatsschrift Deutschlands achtzehntes Jahrhundert heraus; 1804 erscheint das erste Heft seiner Monatsschrift Deutschlands Aufklärung im neunzehnten Jahrhundert. Seit seiner Gymnasialzeit in Konstanz widmet sich Rittershausen ausgiebig der Malerei. Zudem ist er schriftstellerisch produktiv. Neben kunstästhetischen Schriften (wie Die vornehmsten(n) Merkwürdigkeiten der Residenzstadt München, für Liebhaber der bildenden Künste, 1788) und religiösen Büchern (wie Feyerstunden des Christen, 1787-1803) schreibt Rittershausen Schauspiele (Die Tochter Jephte, 1785), das Libretto zur Oper Orpheus und Eurydike, Gedichte, Kantaten, Satiren und Erzählungen (Die Alpen im Algöw, 1784). Ein ausführliches Werkverzeichnis gibt Vogel (1996, S. 567).
Rittershausen ist ein gemäßigter Aufklärer, der Missstände in der Kirche zwar kritisiert, Glaubenswahrheiten aber nie anzweifelt. Kants Philosophie begegnet er kritisch. 1788 wird er in den Geistlichen Rat berufen, der u.a. für die staatliche Aufsicht über die Klöster und die staatliche Mitwirkung bei der Besetzung kirchlicher Ämter zuständig ist. Das Amt sichert ihm ein geregeltes Einkommen, bringt ihn aber in Gewissenskonflikte bei Entscheidungen, die er als Vertreter des Staats gegen die Kirche mittragen soll. Er wird auf eigenen Wunsch aus dem Amt entlassen, den Titel darf er behalten. Einer seiner Kritiker wirft ihm 20 Jahre später Bestechlichkeit vor, Rittershausen verteidigt sich gegen diese Vorwürfe in Zum neuen Jahre für die Hypokriten (1803). Er wird in die Kommission zur Überwachung der Illuminaten berufen. Mit dem Tod des Kurfürsten Karl Theodor 1799 verliert Rittershausen an Rückhalt. Gegen die vom neuen Kurfürsten Max IV. Joseph und dessen Minister Freiherr von Montgelas geschätzte Vernunftreligion polemisiert er in mehreren Streitschriften. Rittershausens finanzielle Situation ist zunehmend angespannt, er ist auf geliehenes Geld angewiesen, ein von Freunden verschafftes Benefizium verliert er wieder. Er wird der feindlichen Gesinnung gegen Napoleon verdächtigt und nach Bayreuth verwiesen. Wenige Monate nach Montgelas' Sturz 1817 kann Rittershausen nach München zurückkehren, wo er in den Genuss des Benefiziums St. Peter kommt. 1820 stirbt er dort im 72. Lebensjahr.
Seb. von Rittershausen, der Publizist und Kunstästhetiker. In: Lama, Ritter Franz von (1937): Die Satire als Kampfmittel in der bayerischen Publizistik, Kap. 4, München, S. 51-72, mit Anhang zu Kap. 4, S. 104-107.
Vogel, Rudolf (1996): Joseph Sebastian Edler von Rittershausen, Dr. iur. utr. In: Immenstadt im Allgäu. Landschaft, Geschichte, Gesellschaft, Wirtschaft, kulturelles und religiöses Leben im Lauf der Jahrhunderte, hg. von Rudolf Vogel, S. 563-568.