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Geb.: 28. 2.1982 in Boston

Paul-Henri Campbell

Paul-Henri Campbell wird 1982 in Boston, Massachusetts als Sohn eines amerikanischen Army-Offiziers und einer deutschen Krankenschwester geboren. Er wächst die ersten Jahre seines Lebens in den USA auf und kommt dann als Jugendlicher mit seinen Eltern nach Deutschland, wo er in Bayern das Abitur ablegt. Er studiert Klassische Philologie und Katholische Theologie an der National University of Ireland, Maynooth und der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Derzeit lebt er in Großwallstadt in Unterfranken.

Als bilingualer Autor verfasst Campbell neben Essays und erzählender Prosa hauptsächlich Lyrik sowohl in deutscher, als auch in englischer Sprache. Seine Gedichte widmen sich in szenischen Bildern häufig den Mythen des Alltags. Hierbei steht er sowohl in der Tradition des Dinggedichts als auch in der des Symbolismus. Campbell verfasst auch zahlreiche essayistische Porträts zu Malern und Grafikern, wie zuletzt zu Michael Morgner in Ostragehege 83, aber auch zum Werk des Leipziger Malers Aris Kalaizis, mit dem ihn seit einer nächtlichen Begegnung in einer Leipziger Kneipe eine enge Freundschaft verbindet.

Seit Januar 2013 ist Campbell ständiges Mitglied der Redaktion der Lyrikzeitschrift DAS GEDICHT, wo er zusammen mit Michael Augustin und Anton G. Leitner eine englischsprachige Ausgabe (DAS GEDICHT chapbook. German Poetry Now) initiiert. Sie hat zum Ziel, deutschsprachige Lyrik der Gegenwart einem internationalen Publikum in Übersetzung zugänglich zu machen. Campbell konstatiert: „Ich finde, die Entscheidung, eine Zeitschrift zu übersetzen, entspricht auch meiner Vorstellung von Qualität und Geschmack – beides nämlich relative, ästhetisch subjektive, situativ wandelbare, von vielen Zufällen und Idiosynkrasien abhängige Größen.“

Campbell wird 2017 mit dem Bayerischen Kunstförderpreis für seinen Gedichtband nach den narkosen (Wunderhorn 2017) ausgezeichnet. Der Band handelt vom Defekt am Körper, der Insuffizienz und der Machtlosigkeit im Angesicht dieser Tatsache, aber auch von Widerstand und Lebenswillen. Campbell stellt in seinem Werk einer sich zur Norm erhebenden gesunden Welt die Welt des Unglücklichen, des Leidenden entgegen. Campbell gelinge es, so die Jury, der Erfahrung von Krankheit und Todesnähe schonungslos radikal in „eindringlich-soghaften Bildern“ Ausdruck zu verleihen. Dabei gehe es Campbell nicht um Selbstmitleid, sondern um Welt-Eröffnung, um den Dialog mit dem eigenen leidenden Körper. Seit seiner Geburt leidet Campbell unter einem schweren Herzfehler, weshalb er auch seit seinem 24. Lebensjahr einen Herzschrittmacher trägt.

Im „Poesie-Talk“ der Zeitschrift DAS GEDICHT äußert er die Meinung, dass Dichtung im Schreiben keine angestrengte, forcierte Auseinandersetzung mit sich selbst bedeutet und sich Kunst auch nicht unbedingt dazu eignet. Dass in nach den narkosen biographisches Material zur Sprache kommt, sei Zufall. Er habe versucht, die seltsame Idee eines künstlichen Lebens für Dichtung urbar zu machen. „Es hat lange gedauert eine Sprache dafür zu entwickeln, und ich musste viel experimentieren, bis endlich Texte entstanden, die mir gefielen.“