Sebastian Wild
Über Sebastian Wilds Lebensweg ist wenig bekannt. Von Beruf ursprünglich Schneider, später wohl als Lehrer an einer deutschen Schule tätig, erlangt er als Meistersinger und „Tichter“, in dessen Haus zeitweise die öffentlichen Konzerte (‚Singschulen‘) der Augsburger Gesellschaft abgehalten worden sind (1547 und 1550 belegt), überregionale Bekanntheit und Wertschätzung. Er erfindet 13 Töne, die in dem Liederzyklus Die histori der zerstörung Jerusalem (BSB, Cgm 5103) vereinigt sind; bereits 1555 bedient sich Hans Sachs seines ‚Gekrönten Tons‘. In mehreren Meistersinger-Handschriften, darunter dem bekannten Singebuch (1584/88) des Breslauer Meistersingers Adam Puschman, sind insgesamt 31 Lieder aus der Zeit zwischen 1553 und 1573 überliefert.
Spätestens 1565 entstehen paarzeilig gereimte Begleitverse zu einer von dem Augsburger Maler Jörg Sorg d. Ä. (1481-1563) und seiner Werkstatt geschaffenen Folge von 82 Bildnissen römischer und deutscher Kaiser von Julius Caesar bis Maximilian II. für Herzog Albrecht V. von Bayern; eine Drucklegung erfolgt allerdings erst 1791.
Eine wichtige Rolle kommt Wild als Bühnenautor zu. 1566 erscheint bei Matthäus Franck in Augsburg unter dem Titel Schöner Comedien und Tragedien zwölff eine umfängliche Sammlung seiner lehrhaft-moralisierenden Schauspiele. Eine Dramatisierung erfahren neben Stoffen aus der Bibel, der Legendentradition (Tragedj von dem Keiser Tydo [Titus]) und der populär-kanonistischen Literatur (Belial) auch frühneuzeitliche Prosaromane wie Die siben weysen Maister und Die schön Magelona sowie eine Fabel des Äsop (Der Doctor mit dem Esel). Eine nachhaltige Wirkung im bairisch-österreichischen Raum entfaltet sein Passions- und Osterspiel Tragedj … von dem Leyden vnd sterben, auch die aufferstehung vnsers Herren Jesu Christi, das zusammen mit dem sog. ‚Augsburger Passionsspiel‘ (letztes Viertel 15. Jahrhundert) aus dem Benediktinerkloster St. Ulrich und Afra die Grundlage des ältesten Oberammergauer Spieltextes von 1662 bildet.
Neben Hans Sachs gehört Wild im dritten Viertel des 16. Jahrhunderts auf der Meistersingerbühne der Reichsstadt Augsburg zu den meist gespielten Autoren. Zuletzt hat das Passionsspiel 2003 eine Aufführung in einer modernisierten Fassung durch Augsburger Germanistikstudenten erlebt.
Sekundärliteratur:
Brandl, Willy (1914): Sebastian Wild, ein Augsburger Meistersinger. Verlag Alexander Duncker, Weimar.
Holstein, H.: Wild, Sebastian. In: Allgemeine Deutsche Biographie 42 (1897), S. 490f., http://www.deutsche-biographie.de/pnd129217514.html?anchor=adb, (20.07.2012).
Knedlik, Manfred (2011): Wild, Sebastian. In: Killy Literaturlexikon, Bd. 12. Verlag Walter de Gruyter, Berlin, S. 412-414.
Externe Links:
Literatur von Sebastian Wild im BVB
Literatur über Sebastian Wild im BVB
Über Sebastian Wilds Lebensweg ist wenig bekannt. Von Beruf ursprünglich Schneider, später wohl als Lehrer an einer deutschen Schule tätig, erlangt er als Meistersinger und „Tichter“, in dessen Haus zeitweise die öffentlichen Konzerte (‚Singschulen‘) der Augsburger Gesellschaft abgehalten worden sind (1547 und 1550 belegt), überregionale Bekanntheit und Wertschätzung. Er erfindet 13 Töne, die in dem Liederzyklus Die histori der zerstörung Jerusalem (BSB, Cgm 5103) vereinigt sind; bereits 1555 bedient sich Hans Sachs seines ‚Gekrönten Tons‘. In mehreren Meistersinger-Handschriften, darunter dem bekannten Singebuch (1584/88) des Breslauer Meistersingers Adam Puschman, sind insgesamt 31 Lieder aus der Zeit zwischen 1553 und 1573 überliefert.
Spätestens 1565 entstehen paarzeilig gereimte Begleitverse zu einer von dem Augsburger Maler Jörg Sorg d. Ä. (1481-1563) und seiner Werkstatt geschaffenen Folge von 82 Bildnissen römischer und deutscher Kaiser von Julius Caesar bis Maximilian II. für Herzog Albrecht V. von Bayern; eine Drucklegung erfolgt allerdings erst 1791.
Eine wichtige Rolle kommt Wild als Bühnenautor zu. 1566 erscheint bei Matthäus Franck in Augsburg unter dem Titel Schöner Comedien und Tragedien zwölff eine umfängliche Sammlung seiner lehrhaft-moralisierenden Schauspiele. Eine Dramatisierung erfahren neben Stoffen aus der Bibel, der Legendentradition (Tragedj von dem Keiser Tydo [Titus]) und der populär-kanonistischen Literatur (Belial) auch frühneuzeitliche Prosaromane wie Die siben weysen Maister und Die schön Magelona sowie eine Fabel des Äsop (Der Doctor mit dem Esel). Eine nachhaltige Wirkung im bairisch-österreichischen Raum entfaltet sein Passions- und Osterspiel Tragedj … von dem Leyden vnd sterben, auch die aufferstehung vnsers Herren Jesu Christi, das zusammen mit dem sog. ‚Augsburger Passionsspiel‘ (letztes Viertel 15. Jahrhundert) aus dem Benediktinerkloster St. Ulrich und Afra die Grundlage des ältesten Oberammergauer Spieltextes von 1662 bildet.
Neben Hans Sachs gehört Wild im dritten Viertel des 16. Jahrhunderts auf der Meistersingerbühne der Reichsstadt Augsburg zu den meist gespielten Autoren. Zuletzt hat das Passionsspiel 2003 eine Aufführung in einer modernisierten Fassung durch Augsburger Germanistikstudenten erlebt.
Brandl, Willy (1914): Sebastian Wild, ein Augsburger Meistersinger. Verlag Alexander Duncker, Weimar.
Holstein, H.: Wild, Sebastian. In: Allgemeine Deutsche Biographie 42 (1897), S. 490f., http://www.deutsche-biographie.de/pnd129217514.html?anchor=adb, (20.07.2012).
Knedlik, Manfred (2011): Wild, Sebastian. In: Killy Literaturlexikon, Bd. 12. Verlag Walter de Gruyter, Berlin, S. 412-414.