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Geb.: 3.12.1961 in Dachsbach
Foto: Andreas Riedel
Titel: Dr. phil.

Helmut Haberkamm

1961 im mittelfränkischen Dachsbach im Aischgrund geboren, studiert Helmut Haberkamm nach dem Abitur in Neustadt a.d. Aisch Anglistik, Amerikanistik und Germanistik in Erlangen und im walisischen Swansea. Mit einer Doktorarbeit über die Gegenwartsdichtung in Großbritannien schließt er diesen Lebensabschnitt 1991 ab. Danach arbeitet Haberkamm als Lehrer an Gymnasien in Fürth, Kulmbach, Erlangen und Spardorf, aber auch als Dozent an der Universität Erlangen-Nürnberg sowie freiberuflich als Dialektkünstler.

Der Dichter, Stückeschreiber, Songübersetzer und Erzähler entstammt einer Landwirtsfamilie und ist im dörflich-bäuerlichen Milieu Mittelfrankens mit der Aischgründer Mundart aufgewachsen, die er zum Werkzeug und Gegenstand seines Schreibens und Schaffens gemacht hat. Seit seinem Debüt mit dem Gedichtband Frankn lichd nedd am Meer (1992), für den er mit dem Bayerischen Kunstförderpreis 1993 ausgezeichnet wird, gehört Helmut Haberkamm zu den bekanntesten und produktivsten fränkischen Schriftstellern. Weitere Gedichtbände erscheinen: Wie di erschdn Menschn (1993), Leem aufm Babbier (1995), Lichd ab vom Schuß (1999), Des sichd eich gleich (2001) und Uns schiggd der Himml (2010).

Darüber hinaus ist Helmut Haberkamm der Verfasser sehr erfolgreicher Bühnenwerke in fränkischer Mundart: Schellhammer (Theater Erlangen, UA 1996, UA 1997), Der Kartoffelkrieg (Fränkischer Theatersommer, UA 2000), No Woman, No Cry – Ka Weiber, ka Gschrei (Theater Erlangen, UA 2001), Die g'schenkte Stund (Theater Kuckucksheim, UA 2003), Die Schuddgogerer (Theater Erlangen, UA 2005), Der Frankenhasser (Staatsschauspiel Nürnberg, UA 2006), Die Fichtn im Weiher (Theater Kuckucksheim, UA 2008), Der Kaschberlesmoo (Theater Regenbogen, UA 2008), Dem Shakespeare sei Sommernachtstraum (Theater Kuckucksheim, UA 2015).

Zu Helmut Haberkamms auffälligster Eigenschaft gehört seine Vielseitigkeit. So überträgt er Songs und Gedichte aus dem Englischen und Amerikanischen in seine angestammte ländliche Mundart. Daraus entsteht die CD Fodd ieberm großn Wasser (2006) mit 23 Rocksongs in fränkischen Versionen, gesungen vom Liedermacher Johann Müller und rezitiert von Haberkamm selbst. Im Sammelband Ka Weiber, ka Gschrei (2005) sind 111 solcher Song-Klassiker auf Fränkisch versammelt. Haberkamms besondere Liebe und Zuwendung gilt dabei den Liedtexten des Songpoeten Bob Dylan. Mit diversen Musikern präsentiert er seine Werke regelmäßig auf fränkischen Bühnen (u.a. Johann Müller, Winni Wittkopp, Jens Magdeburg, Klaus Treuheit, Heinrich Hartl, Jürgen Kinne, Ralf Bauer, Reiner Geißdörfer, Stefan Hippe). Auf der Doppel-CD Gidderbarri (2012), einem opulenten Hörbuch mit 56 Texten und Songs über ein erfundenes fränkisches Dorf Güthleinsberg, im Dialekt „Gidderbarri“ genannt, setzt Haberkamm seiner Leidenschaft für seine Heimat, ihren Menschen und Geschichten ein vielstimmiges Denkmal, bereichert mit Vertonungen von Musikerkollegen wie etwa Heinrich Filsner, Johann Müller, Winni Wittkopp, Dietmar Staskowiak, Stefan Grasse, Heinrich Hartl, Wolfgang Tietz und Wolfgang Buck.

Eine besonders produktive Zusammenarbeit verbindet Helmut Haberkamm mit bildenden bzw. grafischen Künstlern (z.B. Siegbert von Stockhausen, Kurt Neubauer, Gerd Bauer, Peter Pabst, Irma Stolz, Armin Stingl) und Fotografen wie Horst Schäfer, Erich Weiß, Berndt Fischer und Andreas Riedel. Mit letzterem entstehen sowohl die Bildgedichtbände Lichd ab vom Schuß und Des sichd eich gleich als auch eine Vielzahl von amüsanten Kunstpostkarten mit dazu formulierten fränkischen Wendungen, die schließlich in das Fototextbuch Siggsdersla. Bildli und Soocherer (2015) münden.

Helmut Haberkamm tritt zudem als Erzähler in Erscheinung, wobei er auf diesem Felde das Standarddeutsche bevorzugt. Sein Buch Tödliches Franken (2014) versammelt ebenso kuriose wie höchst komische Prosatexte, die allesamt von merkwürdigen, aberwitzigen, tragikomischen, halb erfundenen, halb zugetragenen Todesfällen aus fränkischen Gefilden berichten.

Unter dem Titel Dachsbacher Wort-Schatz-Kästla veröffentlicht Helmut Haberkamm sprachkundige Glossen zu allmählich fast schon in Vergessenheit geratenen Mundartausdrücken „zum Merken und Benutzen“, die exklusiv auf den buchstäblich ansprechenden Bäcker-Tüten des Dachsbacher Freibäckers Arnd Erbel erscheinen.

Helmut Haberkamm ist nicht nur „ein Jäger des verlorenen Wort-Schatzes“ (Nürnberger Nachrichten), sondern vor allen Dingen „ein Wortkünstler, ein Sprachkomponist, ein Akrobat, der die Mundart, die viele für grob und stumpf halten, virtuos zum Klingen bringt“ (Fränkische Landeszeitung). Er selbst sagt über sein Dichten und Trachten:

Ich schreibe seit mehr als fünfundzwanzig Jahren vorwiegend im fränkischen Dialekt, weil diese Mundart erstens meine Muttersprache ist, mit allen Komponenten, die mit diesem Begriff zusammenhängen, und zweitens weil der Dialekt eine äußerst rhythmische, wortmusikalische, bildkräftige und sprachemotionale Ausdrucksform ist, mit der man eine großartige Resonanz erzielen kann, mit Anklang sowohl beim Germanistikprofessor als auch beim Gemütlichkeitspublikum, beim Vorstandsvorsitzenden ebenso wie beim bierseligen Wirtshaushocker. Vom Feingeist bis zum Grobmotoriker: Mit der Mundart erwischt man sie alle. Und der Dialekt als Literatur kann unser Leben heute weiträumig und engmaschig zum Ausdruck und zum Vorschein bringen, sei es als Poesie, als Theaterstück oder als Hörtext. Tua res agitur: Du selbst kommst hier zur Sprache.

Für sein Werk erhält Helmut Haberkamm bisher u.a. folgende Preise und Auszeichnungen: den Ossi-Sölderer-Preis der Bayerischen Mundartfreunde 1989; den Bayerischen Kunstförderpreis 1993; den Kulturförderpreis der Stadt Erlangen 1996; den AZ-Stern des Jahres 1996 für das Theaterstück Schellhammer mit Winni Wittkopp; den Kulturförderpreis des Bezirkes Mittelfranken 1999; den AZ-Stern des Jahres 2001 und Förderpreis der 20. Bayerischen Theatertage 2002 jeweils für das Theaterstück No Woman, No Cry – Ka Weiber, ka Gschrei; den Literaturpreis der mittelfränkischen Wirtschaft 2006 (IHK-Kulturstiftung Nürnberg) sowie den Frankenwürfel 2008 der drei fränkischen Regierungsbezirke.

Von 1999 bis 2005 ist Helmut Haberkamm Vorsitzender der Neuen Gesellschaft für Literatur in Erlangen (NGL), 2007 wird er in den Pegnesischen Blumenorden gewählt.