Adam Reißner
Adam Reißner, der spätere Verfasser theologischer und historischer Schriften und Dichter geistlicher Lieder, wird um 1496 in Mindelheim geboren. Seine Eltern sind wahrscheinlich Benedikt Reißner und Ursula Altenstaigin, die Schwester des Humanisten Johann Altenstaig. Am 16. Juli 1518 immatrikuliert er sich an der Universität Ingolstadt, studiert Griechisch und Hebräisch bei Johannes Reuchlin und erwirbt in dieser Zeit fundierte Sprachkenntnisse. 1523 geht er zusammen mit Melchior von Frundsberg, dem zweitgeborenen Sohn von Georg von Frundsberg, zum Studium an die Universität Wittenberg. Dort lernt er das Gedankengut der Reformation kennen und hört eigenen Angaben zufolge täglich Luther und Melanchthon.
In den Jahren 1526 bis 1528 begleitet er den Mindelheimer Stadtherrn Georg von Frundsberg und dessen Landsknechte als Geheimschreiber auf dem Italienfeldzug und lernt in Ferrara den Humanisten Jakob Ziegler kennen, der ihn nach Frundsbergs Tod 1528 nach Straßburg holt. Dort macht er Bekanntschaft mit dem schlesischen Reformator Caspar Schwenckfeld von Ossig und wird überzeugter Anhänger seiner spiritualistischen Lehre. Der begabte Philologe wird wichtig für den Reformator als Übersetzer und Vertrauter. Die Stellung als Stadtschreiber von Mindelheim, die er seit 1532 innehat, verliert Reißner 1548 wegen seiner Parteinahme für die Reformation während des Schmalkaldischen Kriegs; das Haus Frundsberg ist katholisch geblieben. Nach kurzer Einkerkerung (für seine Entlassung sorgt Johann Jacob Fuggers Fürsprache) sorgt er mit Schreibarbeiten, Übersetzungen und Privatlehrerdiensten für den Lebensunterhalt seiner vielköpfigen Familie, es kommt zu zeitweiligen Ortswechseln nach Frankfurt am Main und Augsburg. Trotz der Repressionen bleibt er Zeit seines Lebens ein Schwenckfeld-Anhänger und gibt nach Schwenckfelds Tod seine noch nicht publizierten Werke heraus.
Ergebnis der intensiven schriftstellerischen Tätigkeit Reißners sind neben Übersetzungen auch historische und theologische Werke sowie geistliche Lieder. Zu den historischen Schriften gehören die sog. Römischen Historien, eine antipäpstliche Weltchronik, die während seiner Lebenszeit ungedruckt bleibt und deren erste Fassung in drei Handschriften überliefert ist. Historiographisch bedeutsam ist seine reichhaltige Frundsberg-Biographie Historia Herrn Georgen Vnnd Herrn Casparn von Frundsberg, Vatters vnd Sons beyder Herrn zu Mündelheym (1568, 1572, 1599, 1620, Neuausg. 1913). Von den theologischen Schriften sind vor allem drei Werke zu nennen: IERVUSALEM mit den drei Teilen Die Alte Haubtstat der Jüden, Das irrdisch Paradyß und Die Gaistlich himlisch Stat Gottes (1563, 1565 in Frankfurt). Zeitgleich mit dem dritten Jerusalem-Band erscheint 1565 MIRACVLA, Wunderwerck Jhesu Christi, der zweite Teil liegt allerdings nur als Handschrift vor.
1566 erscheint schließlich sein drittes größeres theologisches Werk Messiah, Daß Jhesus sey Christus der ware Messias. 1568 folgt das Psalmbuch, in welchem Reißner alle 150 Psalmen aus dem Hebräischen übersetzt und kommentiert. Adam Reißners geistliche Lieder sind zunächst vor allem für die Schwenckfeld-Anhänger bestimmt, entfalten aber eine weitreichende Wirkung und sind teilweise bis heute in Kirchengesangsbüchern enthalten. Johann Sebastian Bach übernimmt die fünfte Strophe von „In dich hab ich gehoffet, Herr“ in seine Matthäuspassion. Die in der Universitätsbibliothek Augsburg aufbewahrte Handschrift von Reißners Gesangbuch aus dem Jahr 1554 ist durch Johannes Janota und Ute Evers 2004 kommentiert neu herausgegeben worden. Zudem widmet sich Ute Evers auch in ihrer Dissertation Das geistliche Lied der Schwenckfelder (2007) dem Liederdichter, Übersetzer und Gesangbuchkompilator Adam Reißner.
Seinen Lebensabend verbringt Reißner in Mindelheim, wo er auch stirbt. Sein genaues Todesdatum ist nicht bekannt, es wird zwischen 1575 und 1582 vermutet.
Sekundärliteratur:
Bertheau, Carl (1889): Reißner, Adam. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Bd. 28. Duncker & Humblot, Leipzig, S. 150-152.
Eickmeyer, Jost (2010): Reusner, Reisner, Reißner, Reissner, Adam, lat. Reusnerus, Oryzius, Orisius, In: Walther Killy (Hg.): Literaturlexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache. Bd. 9, 2., vollst. überarb. Ausg. Berlin, S. 572f.
Janota, Johannes; Ute Evers (Hg) (2004): Adam Reißner Gesangbuch. I. Faksimile der Augsburger Handschrift, II. Kommentar zur Augsburger Handschrift. Tübingen.
Layer, Adolf (1987): Adam Reißner. In: Landkreis Unterallgäu. Bd. 2. Lebensbilder, S. 851f.
Mader, Ernst T. (1994): Literarische Landschaft bayerisches Allgäu, S. 57.
Pörnbacher, Hans (2002): Schwäbische Literaturgeschichte, S. 112.
Schäfer, Joachim (2023): Eintrag in Ökumenisches Heiligenlexikon. URL: https://www.heiligenlexikon.de/BiographienA/Adam_Reusner.htm, (23.08.2024).
Externe Links:
Adam Reißner, der spätere Verfasser theologischer und historischer Schriften und Dichter geistlicher Lieder, wird um 1496 in Mindelheim geboren. Seine Eltern sind wahrscheinlich Benedikt Reißner und Ursula Altenstaigin, die Schwester des Humanisten Johann Altenstaig. Am 16. Juli 1518 immatrikuliert er sich an der Universität Ingolstadt, studiert Griechisch und Hebräisch bei Johannes Reuchlin und erwirbt in dieser Zeit fundierte Sprachkenntnisse. 1523 geht er zusammen mit Melchior von Frundsberg, dem zweitgeborenen Sohn von Georg von Frundsberg, zum Studium an die Universität Wittenberg. Dort lernt er das Gedankengut der Reformation kennen und hört eigenen Angaben zufolge täglich Luther und Melanchthon.
In den Jahren 1526 bis 1528 begleitet er den Mindelheimer Stadtherrn Georg von Frundsberg und dessen Landsknechte als Geheimschreiber auf dem Italienfeldzug und lernt in Ferrara den Humanisten Jakob Ziegler kennen, der ihn nach Frundsbergs Tod 1528 nach Straßburg holt. Dort macht er Bekanntschaft mit dem schlesischen Reformator Caspar Schwenckfeld von Ossig und wird überzeugter Anhänger seiner spiritualistischen Lehre. Der begabte Philologe wird wichtig für den Reformator als Übersetzer und Vertrauter. Die Stellung als Stadtschreiber von Mindelheim, die er seit 1532 innehat, verliert Reißner 1548 wegen seiner Parteinahme für die Reformation während des Schmalkaldischen Kriegs; das Haus Frundsberg ist katholisch geblieben. Nach kurzer Einkerkerung (für seine Entlassung sorgt Johann Jacob Fuggers Fürsprache) sorgt er mit Schreibarbeiten, Übersetzungen und Privatlehrerdiensten für den Lebensunterhalt seiner vielköpfigen Familie, es kommt zu zeitweiligen Ortswechseln nach Frankfurt am Main und Augsburg. Trotz der Repressionen bleibt er Zeit seines Lebens ein Schwenckfeld-Anhänger und gibt nach Schwenckfelds Tod seine noch nicht publizierten Werke heraus.
Ergebnis der intensiven schriftstellerischen Tätigkeit Reißners sind neben Übersetzungen auch historische und theologische Werke sowie geistliche Lieder. Zu den historischen Schriften gehören die sog. Römischen Historien, eine antipäpstliche Weltchronik, die während seiner Lebenszeit ungedruckt bleibt und deren erste Fassung in drei Handschriften überliefert ist. Historiographisch bedeutsam ist seine reichhaltige Frundsberg-Biographie Historia Herrn Georgen Vnnd Herrn Casparn von Frundsberg, Vatters vnd Sons beyder Herrn zu Mündelheym (1568, 1572, 1599, 1620, Neuausg. 1913). Von den theologischen Schriften sind vor allem drei Werke zu nennen: IERVUSALEM mit den drei Teilen Die Alte Haubtstat der Jüden, Das irrdisch Paradyß und Die Gaistlich himlisch Stat Gottes (1563, 1565 in Frankfurt). Zeitgleich mit dem dritten Jerusalem-Band erscheint 1565 MIRACVLA, Wunderwerck Jhesu Christi, der zweite Teil liegt allerdings nur als Handschrift vor.
1566 erscheint schließlich sein drittes größeres theologisches Werk Messiah, Daß Jhesus sey Christus der ware Messias. 1568 folgt das Psalmbuch, in welchem Reißner alle 150 Psalmen aus dem Hebräischen übersetzt und kommentiert. Adam Reißners geistliche Lieder sind zunächst vor allem für die Schwenckfeld-Anhänger bestimmt, entfalten aber eine weitreichende Wirkung und sind teilweise bis heute in Kirchengesangsbüchern enthalten. Johann Sebastian Bach übernimmt die fünfte Strophe von „In dich hab ich gehoffet, Herr“ in seine Matthäuspassion. Die in der Universitätsbibliothek Augsburg aufbewahrte Handschrift von Reißners Gesangbuch aus dem Jahr 1554 ist durch Johannes Janota und Ute Evers 2004 kommentiert neu herausgegeben worden. Zudem widmet sich Ute Evers auch in ihrer Dissertation Das geistliche Lied der Schwenckfelder (2007) dem Liederdichter, Übersetzer und Gesangbuchkompilator Adam Reißner.
Seinen Lebensabend verbringt Reißner in Mindelheim, wo er auch stirbt. Sein genaues Todesdatum ist nicht bekannt, es wird zwischen 1575 und 1582 vermutet.
Bertheau, Carl (1889): Reißner, Adam. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Bd. 28. Duncker & Humblot, Leipzig, S. 150-152.
Eickmeyer, Jost (2010): Reusner, Reisner, Reißner, Reissner, Adam, lat. Reusnerus, Oryzius, Orisius, In: Walther Killy (Hg.): Literaturlexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache. Bd. 9, 2., vollst. überarb. Ausg. Berlin, S. 572f.
Janota, Johannes; Ute Evers (Hg) (2004): Adam Reißner Gesangbuch. I. Faksimile der Augsburger Handschrift, II. Kommentar zur Augsburger Handschrift. Tübingen.
Layer, Adolf (1987): Adam Reißner. In: Landkreis Unterallgäu. Bd. 2. Lebensbilder, S. 851f.
Mader, Ernst T. (1994): Literarische Landschaft bayerisches Allgäu, S. 57.
Pörnbacher, Hans (2002): Schwäbische Literaturgeschichte, S. 112.
Schäfer, Joachim (2023): Eintrag in Ökumenisches Heiligenlexikon. URL: https://www.heiligenlexikon.de/BiographienA/Adam_Reusner.htm, (23.08.2024).