August Kühn
August Kühn wird 1936 als Helmut Münch in München geboren. Von 1939 bis 1945 lebt die Familie wegen der jüdischen Abstammung des Vaters im Exil in der Schweiz. Nach der Rückkehr nach München besucht Helmut Münch die Realschule und absolviert danach eine Lehre als Optikschleifer bei der Firma Rodenstock. Ein paar Jahre später wechselt er als Volontär zum Münchner 8-Uhr-Blatt, das allerdings bald darauf mit einer anderen Zeitung fusioniert. Münch versucht sich als Darsteller und Texter des Kabaretts Ver(k)ehrte Welt. Zwischendurch wandert er nach Israel aus, kehrt aber bald wieder zurück.
Nach einem schweren Unfall, der ihn zum Teilinvaliden macht, wechselt er 1965 zu einer Speiseeisfirma, die ihm die Kündigung ausspricht, als er einen Betriebsrat zu gründen plant. Er arbeitet daraufhin als Versicherungsangestellter beim Städtischen Amt für Statistik und Datenanalyse. Als er 1972 erneut arbeitslos wird, beginnt er mit dem Schreiben. Er nennt sich als Autor August Kühn und wohnt seither abwechselnd in München und Hinterwössen (Kreis Traunstein). Sein Debüt ist die Westend-Geschichte (1972), laut Untertitel „Biographisches aus einem Münchner Arbeiterviertel“. Zwei Jahre später folgt der „Betriebsroman“ Eis am Stecken, in dem Kühn seine Zeit als Angestellter literarisch reflektiert. Weitere Bekanntheit erlangt er mit seiner vier Generationen umfassenden Familiensaga Zeit zum Aufstehn (1975), die manche als proletarische Antwort auf Thomas Manns Die Buddenbrooks verstehen und die vom ZDF 1978 verfilmt wird, mit Franz Xaver Kroetz in der Hauptrolle. Unter dem Namen Rainer Zwing schreibt Kühn nun auch für Fernsehen und Theater.
Das ehrgeizigste seiner weiteren Bücher ist die Chronik Die Vorstadt, die 1981 erscheint und am Beispiel der Au das Münchner Leben vom 13. bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts erzählt. Als Kühn im folgenden Jahr der Ernst-Hoferichter-Preis der Stadt München verliehen werden soll, kommt es zum Eklat: Der damalige Zweite Bürgermeister Winfried Zehetmeier weigert sich, den Preis zu übergeben und sagt die Teilnahme an der Veranstaltung ab. Der Grund: Kühn ist Mitglied der DKP. Zeitlebens engagiert sich Kühn politisch, bei den Bundestagswahlen 1994 kandidiert er für die PDS.
1984 wird August Kühn als „Tippel-Dichter“ (Der Spiegel) bekannt: Er wandert, ungeachtet seiner Behinderung, durch die BRD, um seine Bücher im ganzen Land vorzustellen – in der Hoffnung, eine Antwort auf die Frage zu bekommen, „ob dieses Land noch ein Kulturland ist und seine Dichter ernähren kann“. 1990 erscheint der Roman Die Abrechnung, der von den Schwabinger Krawallen und der APO handelt.
Am 9. Februar 1996 stirbt August Kühn im Haus der Familie in Hinterwössen.
Sekundärliteratur:
Kühn, August. In: Munzinger Online/Personen - Internationales Biographisches Archiv, URL: http://www.munzinger.de/search/go/document.jsp?id=00000015585, (11.02.2012).
Moser, Dietz-Rüdiger u.a. (1997): Lexikon der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur seit 1945. Bd. 2. München, S. 740-743.
Schlierf, Werner; Schweiggert, Alfons (2004): August Kühn (25.9.1936 – 8.2.1996). Chronist der Münchner Arbeiterschaft. In: Schweiggert, Alfons; Macher, Hannes S. (Hg.): Autoren und Autorinnen in Bayern. 20. Jahrhundert. Bayerland Verlag, Dachau, S. 303.
Externe Links:
Literatur von August Kühn im BVB
August Kühn wird 1936 als Helmut Münch in München geboren. Von 1939 bis 1945 lebt die Familie wegen der jüdischen Abstammung des Vaters im Exil in der Schweiz. Nach der Rückkehr nach München besucht Helmut Münch die Realschule und absolviert danach eine Lehre als Optikschleifer bei der Firma Rodenstock. Ein paar Jahre später wechselt er als Volontär zum Münchner 8-Uhr-Blatt, das allerdings bald darauf mit einer anderen Zeitung fusioniert. Münch versucht sich als Darsteller und Texter des Kabaretts Ver(k)ehrte Welt. Zwischendurch wandert er nach Israel aus, kehrt aber bald wieder zurück.
Nach einem schweren Unfall, der ihn zum Teilinvaliden macht, wechselt er 1965 zu einer Speiseeisfirma, die ihm die Kündigung ausspricht, als er einen Betriebsrat zu gründen plant. Er arbeitet daraufhin als Versicherungsangestellter beim Städtischen Amt für Statistik und Datenanalyse. Als er 1972 erneut arbeitslos wird, beginnt er mit dem Schreiben. Er nennt sich als Autor August Kühn und wohnt seither abwechselnd in München und Hinterwössen (Kreis Traunstein). Sein Debüt ist die Westend-Geschichte (1972), laut Untertitel „Biographisches aus einem Münchner Arbeiterviertel“. Zwei Jahre später folgt der „Betriebsroman“ Eis am Stecken, in dem Kühn seine Zeit als Angestellter literarisch reflektiert. Weitere Bekanntheit erlangt er mit seiner vier Generationen umfassenden Familiensaga Zeit zum Aufstehn (1975), die manche als proletarische Antwort auf Thomas Manns Die Buddenbrooks verstehen und die vom ZDF 1978 verfilmt wird, mit Franz Xaver Kroetz in der Hauptrolle. Unter dem Namen Rainer Zwing schreibt Kühn nun auch für Fernsehen und Theater.
Das ehrgeizigste seiner weiteren Bücher ist die Chronik Die Vorstadt, die 1981 erscheint und am Beispiel der Au das Münchner Leben vom 13. bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts erzählt. Als Kühn im folgenden Jahr der Ernst-Hoferichter-Preis der Stadt München verliehen werden soll, kommt es zum Eklat: Der damalige Zweite Bürgermeister Winfried Zehetmeier weigert sich, den Preis zu übergeben und sagt die Teilnahme an der Veranstaltung ab. Der Grund: Kühn ist Mitglied der DKP. Zeitlebens engagiert sich Kühn politisch, bei den Bundestagswahlen 1994 kandidiert er für die PDS.
1984 wird August Kühn als „Tippel-Dichter“ (Der Spiegel) bekannt: Er wandert, ungeachtet seiner Behinderung, durch die BRD, um seine Bücher im ganzen Land vorzustellen – in der Hoffnung, eine Antwort auf die Frage zu bekommen, „ob dieses Land noch ein Kulturland ist und seine Dichter ernähren kann“. 1990 erscheint der Roman Die Abrechnung, der von den Schwabinger Krawallen und der APO handelt.
Am 9. Februar 1996 stirbt August Kühn im Haus der Familie in Hinterwössen.
Kühn, August. In: Munzinger Online/Personen - Internationales Biographisches Archiv, URL: http://www.munzinger.de/search/go/document.jsp?id=00000015585, (11.02.2012).
Moser, Dietz-Rüdiger u.a. (1997): Lexikon der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur seit 1945. Bd. 2. München, S. 740-743.
Schlierf, Werner; Schweiggert, Alfons (2004): August Kühn (25.9.1936 – 8.2.1996). Chronist der Münchner Arbeiterschaft. In: Schweiggert, Alfons; Macher, Hannes S. (Hg.): Autoren und Autorinnen in Bayern. 20. Jahrhundert. Bayerland Verlag, Dachau, S. 303.