Annette Kolb
Annette Kolb wird am 3. Februar 1870 in München als Tochter des Münchner Gartenarchitekten Max Kolb und der Pariser Pianistin Sophie Kolb Danvin geboren. Sie wächst in der Sophienstraße 7 in unmittelbarer Nähe zum Alten Botanischen Garten und zum Münchner Glaspalast auf. Im Salesianerinnen-Internat in Hall in Tirol erlernt sie neben ihren Muttersprachen Deutsch und Französisch die italienische und die englische Sprache. Ab dem Alter von zwölf Jahren besucht sie Therese Aschers Privatinstitut für Mädchen in München. Im literarisch-musikalischen Salon der Mutter lernt Annette Kolb die Münchner Gesellschaft kennen und knüpft Kontakte zu international tätigen Künstlern, Literaten und Politikern. Als „Tochter zweier Vaterländer“ (Carl J. Burckhardt) wird die Vermittlung zwischen der deutschen und der französischen Kultur zu ihrem Lebensthema. Sie betätigt sich als Übersetzerin, Schriftstellerin, Theaterkritikerin und schreibt zahlreiche Artikel und Essays über die bedeutendsten französischen Intellektuellen und Künstler.
1889 veröffentlicht Annette Kolb auf eigene Rechnung den Band Kurze Aufsätze, der jedoch keinen großen Erfolg hat. Auch L'Ame à deux patries. Sieben Studien (1906) findet nur wenige Leser. Große öffentliche Anerkennung dagegen erfährt ihr Romandebüt Das Exemplar (1913), das 1913 mit dem Fontane-Preis ausgezeichnet wird.
Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges vertritt Annette Kolb immer wieder ihre politische Position in der Öffentlichkeit. Vor der Literarischen Gesellschaft in Dresden hält sie 1915 ihre erste pazifistische Rede, die einen Tumult auslöst. 1916 veröffentlicht sie die Briefe einer Deutsch-Französin, in denen sie für eine Aussöhnung und Annäherung zwischen Deutschland und Frankreich plädiert. Daraufhin wird sie vom bayerischen Kriegsministerium mit einer Briefsperre sowie einem Ausreiseverbot belegt. Bei Zuwiderhandlung drohen ihr Verhaftung und Gefängnisstrafe. Dennoch gelingt ihr 1917 die Flucht ins Exil nach Bern. Im Februar 1919 nimmt sie am Berner Internationalen Sozialistenkongress teil, wo sie Kurt Eisner kennenlernt. Unter dem Titel Zarastro erscheinen 1921 ihre Aufzeichnungen aus dem Schweizer Exil.
1919 kehrt Annette Kolb nach Deutschland zurück und lässt sich im Kurort Badenweiler im südlichen Schwarzwald nieder. Ihr Nachbar ist der deutsch-französische Schriftsteller René Schickele, mit dem sie eine enge Freundschaft verbindet. Annette Kolb kann ihre journalistische Tätigkeit ausdehnen und schreibt für die Weltbühne, das Neue Tagblatt, die Frankfurter Zeitung und das Berliner Tageblatt. Wenige Tage nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 geht sie erneut ins Exil. Ihre Flucht führt sie zunächst in die Schweiz, es folgen wechselnde Aufenthalte in Luxemburg, Frankreich und Irland, bis sie 1934 eine Wohnung in Paris bezieht, wo sie die französische Staatsbürgerschaft erhält. Mit dem Vorrücken der deutschen Truppen verlässt Annette Kolb 1940 Paris und entkommt über die Schweiz, Spanien und Portugal in die USA nach New York. Im Oktober 1945 kehrt sie zurück nach Europa – zunächst nach Paris und 1961 schließlich auf Drängen von Freunden und Verehrern nach München.
Kolb wird 1950 in die Bayerische Akademie der Schönen Künste aufgenommen und erhält im Jahr darauf den Förderpreis Literatur der Stadt München. Ihr Lebenswerk und ihr ständiges Bemühen um die deutsch-französischen Beziehungen werden neben anderen hohen Auszeichnungen mit der Erhebung zum Ritter der französischen Ehrenlegion, dem Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, dem Bayerischen Verdienstorden und dem Orden Pour le mérite geehrt.
Die Romane Annette Kolbs tragen autobiographische Züge: Die Schaukel (1934) beschreibt ihre Kindheit in München, Daphne Herbst (1928) und Das Exemplar (1913) beschreiben Erfahrungen ihrer Jugend, die Tagebuchromane Glückliche Reise (1940), Zarastro (1921) und Memento (1960) die Jahre im Exil. Die Biographien Mozart (1937) und Schubert (1941) zeugen von Kolbs musikalischer Erziehung und Begabung. Ihre letzte große Reise führt sie im März 1967 nach Israel, im Dezember desselben Jahres stirbt sie in München. Ihr literarischer Nachlass mit über 1800 Briefen und mehr als 150 Manuskripten dokumentiert ihre große literarische, politische und gesellschaftliche Bedeutung als Weltbürgerin und Vermittlerin zwischen verschiedenen Welten.
Ihr Grab befindet sich auf dem Bogenhauser Friedhof.
Sekundärliteratur:
Bauschinger, Sigrid (1993): Ich habe etwas zu sagen: Annette Kolb 1870-1967. München.
Lemp, Richard (1970): Annette Kolb. Leben und Werk einer Europäerin. Mainz.
Pedarnig, Dietlind; Ziegler, Edda (Hg.) (2013): Bayerische Schriftstellerinnen. Ein Lesebuch. Allitera Verlag, München, S. 84-92.
Strohmeyr, Armin (2002): Annette Kolb. Dichterin zwischen den Völkern. München.
Werner, Charlotte Marlo (2000): Annette Kolb. Eine literarische Stimme Europas. Königstein/Taunus.
Externe Links:
Literatur von Annette Kolb im BVB
Annette Kolb wird am 3. Februar 1870 in München als Tochter des Münchner Gartenarchitekten Max Kolb und der Pariser Pianistin Sophie Kolb Danvin geboren. Sie wächst in der Sophienstraße 7 in unmittelbarer Nähe zum Alten Botanischen Garten und zum Münchner Glaspalast auf. Im Salesianerinnen-Internat in Hall in Tirol erlernt sie neben ihren Muttersprachen Deutsch und Französisch die italienische und die englische Sprache. Ab dem Alter von zwölf Jahren besucht sie Therese Aschers Privatinstitut für Mädchen in München. Im literarisch-musikalischen Salon der Mutter lernt Annette Kolb die Münchner Gesellschaft kennen und knüpft Kontakte zu international tätigen Künstlern, Literaten und Politikern. Als „Tochter zweier Vaterländer“ (Carl J. Burckhardt) wird die Vermittlung zwischen der deutschen und der französischen Kultur zu ihrem Lebensthema. Sie betätigt sich als Übersetzerin, Schriftstellerin, Theaterkritikerin und schreibt zahlreiche Artikel und Essays über die bedeutendsten französischen Intellektuellen und Künstler.
1889 veröffentlicht Annette Kolb auf eigene Rechnung den Band Kurze Aufsätze, der jedoch keinen großen Erfolg hat. Auch L'Ame à deux patries. Sieben Studien (1906) findet nur wenige Leser. Große öffentliche Anerkennung dagegen erfährt ihr Romandebüt Das Exemplar (1913), das 1913 mit dem Fontane-Preis ausgezeichnet wird.
Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges vertritt Annette Kolb immer wieder ihre politische Position in der Öffentlichkeit. Vor der Literarischen Gesellschaft in Dresden hält sie 1915 ihre erste pazifistische Rede, die einen Tumult auslöst. 1916 veröffentlicht sie die Briefe einer Deutsch-Französin, in denen sie für eine Aussöhnung und Annäherung zwischen Deutschland und Frankreich plädiert. Daraufhin wird sie vom bayerischen Kriegsministerium mit einer Briefsperre sowie einem Ausreiseverbot belegt. Bei Zuwiderhandlung drohen ihr Verhaftung und Gefängnisstrafe. Dennoch gelingt ihr 1917 die Flucht ins Exil nach Bern. Im Februar 1919 nimmt sie am Berner Internationalen Sozialistenkongress teil, wo sie Kurt Eisner kennenlernt. Unter dem Titel Zarastro erscheinen 1921 ihre Aufzeichnungen aus dem Schweizer Exil.
1919 kehrt Annette Kolb nach Deutschland zurück und lässt sich im Kurort Badenweiler im südlichen Schwarzwald nieder. Ihr Nachbar ist der deutsch-französische Schriftsteller René Schickele, mit dem sie eine enge Freundschaft verbindet. Annette Kolb kann ihre journalistische Tätigkeit ausdehnen und schreibt für die Weltbühne, das Neue Tagblatt, die Frankfurter Zeitung und das Berliner Tageblatt. Wenige Tage nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 geht sie erneut ins Exil. Ihre Flucht führt sie zunächst in die Schweiz, es folgen wechselnde Aufenthalte in Luxemburg, Frankreich und Irland, bis sie 1934 eine Wohnung in Paris bezieht, wo sie die französische Staatsbürgerschaft erhält. Mit dem Vorrücken der deutschen Truppen verlässt Annette Kolb 1940 Paris und entkommt über die Schweiz, Spanien und Portugal in die USA nach New York. Im Oktober 1945 kehrt sie zurück nach Europa – zunächst nach Paris und 1961 schließlich auf Drängen von Freunden und Verehrern nach München.
Kolb wird 1950 in die Bayerische Akademie der Schönen Künste aufgenommen und erhält im Jahr darauf den Förderpreis Literatur der Stadt München. Ihr Lebenswerk und ihr ständiges Bemühen um die deutsch-französischen Beziehungen werden neben anderen hohen Auszeichnungen mit der Erhebung zum Ritter der französischen Ehrenlegion, dem Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, dem Bayerischen Verdienstorden und dem Orden Pour le mérite geehrt.
Die Romane Annette Kolbs tragen autobiographische Züge: Die Schaukel (1934) beschreibt ihre Kindheit in München, Daphne Herbst (1928) und Das Exemplar (1913) beschreiben Erfahrungen ihrer Jugend, die Tagebuchromane Glückliche Reise (1940), Zarastro (1921) und Memento (1960) die Jahre im Exil. Die Biographien Mozart (1937) und Schubert (1941) zeugen von Kolbs musikalischer Erziehung und Begabung. Ihre letzte große Reise führt sie im März 1967 nach Israel, im Dezember desselben Jahres stirbt sie in München. Ihr literarischer Nachlass mit über 1800 Briefen und mehr als 150 Manuskripten dokumentiert ihre große literarische, politische und gesellschaftliche Bedeutung als Weltbürgerin und Vermittlerin zwischen verschiedenen Welten.
Ihr Grab befindet sich auf dem Bogenhauser Friedhof.
Bauschinger, Sigrid (1993): Ich habe etwas zu sagen: Annette Kolb 1870-1967. München.
Lemp, Richard (1970): Annette Kolb. Leben und Werk einer Europäerin. Mainz.
Pedarnig, Dietlind; Ziegler, Edda (Hg.) (2013): Bayerische Schriftstellerinnen. Ein Lesebuch. Allitera Verlag, München, S. 84-92.
Strohmeyr, Armin (2002): Annette Kolb. Dichterin zwischen den Völkern. München.
Werner, Charlotte Marlo (2000): Annette Kolb. Eine literarische Stimme Europas. Königstein/Taunus.