Info
Geb.: 3. 2.1870 in München
Gest.: 3.12.1967 in München
Annette Kolb, um 1920 (Archiv Monacensia)
Namensvarianten: Anna Mathilde Kolb

Annette Kolb

Die Autorin, Journalistin und Aktivistin Annette Kolb wird am 3. Februar 1870 in München als Tochter des Münchner Gartenarchitekten Max Kolb und der Pariser Pianistin Sophie Kolb Danvin geboren. In ihrem von Flucht und Exil geprägten Leben setzt sie sich vehement für Frieden und die deutsch-französische Verständigung ein. Auch literarisch beschäftigt sie sich u.a. mit ihrer Identität als Deutsch-Französin. 1967 stirbt Annette Kolb in München. 

Werdegang

Annette Kolb wächst in der Sophienstraße 7 in unmittelbarer Nähe zum Alten Botanischen Garten und zum Münchner Glaspalast auf. Im Salesianerinnen-Internat in Hall in Tirol erlernt sie neben ihren Muttersprachen Deutsch und Französisch die italienische und die englische Sprache. Ab dem Alter von zwölf Jahren besucht sie Therese Aschers Privatinstitut für Mädchen in München. Im literarisch-musikalischen Salon der Mutter lernt Annette Kolb die Münchner Gesellschaft kennen und knüpft Kontakte zu international tätigen Künstlern, Literaten und Politikern. Als „Tochter zweier Vaterländer“ (Carl J. Burckhardt) wird die Vermittlung zwischen der deutschen und der französischen Kultur zu ihrem Lebensthema. Sie betätigt sich als Übersetzerin, Schriftstellerin, Theaterkritikerin und schreibt zahlreiche Artikel und Essays über die bedeutendsten französischen Intellektuellen und Künstler. 

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges vertritt Annette Kolb immer wieder ihre politische Position in der Öffentlichkeit. Vor der Literarischen Gesellschaft in Dresden hält sie 1915 ihre erste pazifistische Rede, die einen Tumult auslöst. Als Reaktion auf die Veröffentlichung ihrer Briefe einer Deutsch-Französin wird sie vom bayerischen Kriegsministerium mit einer Briefsperre sowie einem Ausreiseverbot belegt. Bei Zuwiderhandlung drohen ihr Verhaftung und Gefängnisstrafe. Dennoch gelingt ihr 1917 die Flucht ins Exil nach Bern. Im Februar 1919 nimmt sie am Berner Internationalen Sozialistenkongress teil, wo sie Kurt Eisner kennenlernt.

1919 kehrt Annette Kolb nach Deutschland zurück und lässt sich im Kurort Badenweiler im südlichen Schwarzwald nieder. Ihr Nachbar ist der deutsch-französische Schriftsteller René Schickele, mit dem sie eine enge Freundschaft verbindet. Annette Kolb kann ihre journalistische Tätigkeit ausdehnen und schreibt für die Weltbühne, das Neue Tagblatt, die Frankfurter Zeitung und das Berliner Tageblatt. Wenige Tage nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 geht sie erneut ins Exil. Ihre Flucht führt sie zunächst in die Schweiz, es folgen wechselnde Aufenthalte in Luxemburg, Frankreich und Irland, bis sie 1934 eine Wohnung in Paris bezieht, wo sie die französische Staatsbürgerschaft erhält. Mit dem Vorrücken der deutschen Truppen verlässt Annette Kolb 1940 Paris und entkommt über die Schweiz, Spanien und Portugal in die USA nach New York. Im Oktober 1945 kehrt sie zurück nach Europa – zunächst nach Paris und 1961 schließlich auf Drängen von Freunden und Verehrern nach München. 

Ihre letzte große Reise führt sie im März 1967 nach Israel, im Dezember desselben Jahres stirbt sie in München. Ihr Grab befindet sich auf dem Bogenhauser Friedhof.

Wichtige Werke (Auswahl) 

1889 veröffentlicht Annette Kolb auf eigene Rechnung den Band Kurze Aufsätze, der jedoch keinen großen Erfolg hat. Auch L'Ame à deux patries. Sieben Studien (1906) findet nur wenige Leser. Große öffentliche Anerkennung dagegen erfährt ihr Romandebüt Das Exemplar (1913). 1916 veröffentlicht sie die Briefe einer Deutsch-Französin, in denen sie für eine Aussöhnung und Annäherung zwischen Deutschland und Frankreich plädiert.  Unter dem Titel Zarastro erscheinen 1921 ihre Aufzeichnungen aus dem Schweizer Exil.

Die Romane Annette Kolbs tragen autobiographische Züge: Die Schaukel (1934) beschreibt ihre Kindheit in München, Daphne Herbst (1928) und Das Exemplar (1913) beschreiben Erfahrungen ihrer Jugend, die Tagebuchromane Glückliche Reise (1940), Zarastro (1921) und Memento (1960) die Jahre im Exil. Die Biographien Mozart (1937) und Schubert (1941) zeugen von Kolbs musikalischer Erziehung und Begabung.

Stil / Rezeption 

"Zwar kann man nicht behaupten, dass Annette Kolb es in den deutschsprachigen Kanon geschafft hat, doch die deutsch-französische Schriftstellerin gehört mit Sicherheit zu jenen Autorinnen, bei denen Bemühungen, sie der Vergessenheit zu entreißen und ihnen einen angemessenen Platz im kulturellen Gedächtnis zu verschaffen, durchaus fruchten und dabei erfreuliche literaturhistorische und editorische Früchte tragen. Im Fall von Kolb ist die 2017 bei Wallstein erschienene, 4-bändige Werkausgabe ein Gradmesser für die wachsende Aufmerksamkeit, die ihr zugebilligt wird." Schreibt Veronika Schuchter 2020 bei Literaturkritik.de. Anlass ist die Verffentlichung einer Sammlung von Briefkorrespondenzen Annette Kolbs Ich hätte dir noch so viel zu erzählen (2019). Die gesammelten Briefe Kolbs beschreibt Veronika Schuchter als "stilistisch pointiert und ausgesprochen unterhaltsam". 

Der ausdrücklicher Wunsch Leben und Werk Annette Kolbs weiter zugänglich zu machen, zeigt sich in der Gründnung der Annette Kolb-Gesellschaft im Februar 2025. 

Preise & Auszeichnungen 

Für ihr Romandebüt wird Annette Kolb 1913 mit dem Fontane-Preis ausgezeichnet. 1950 wird Kolb in die Bayerische Akademie der Schönen Künste aufgenommen und erhält im Jahr darauf den Förderpreis Literatur der Stadt München. Ihr Lebenswerk und ihr ständiges Bemühen um die deutsch-französischen Beziehungen werden neben anderen hohen Auszeichnungen mit der Erhebung zum Ritter der französischen Ehrenlegion, dem Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, dem Bayerischen Verdienstorden und dem Orden Pour le mérite geehrt.

Ihr literarischer Nachlass mit über 1800 Briefen und mehr als 150 Manuskripten dokumentiert ihre große literarische, politische und gesellschaftliche Bedeutung als Weltbürgerin und Vermittlerin zwischen verschiedenen Welten.

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek

Sekundärliteratur:

Bauschinger, Sigrid (1993): Ich habe etwas zu sagen: Annette Kolb 1870-1967. München.

Lemp, Richard (1970): Annette Kolb. Leben und Werk einer Europäerin. Mainz.

Pedarnig, Dietlind; Ziegler, Edda (Hg.) (2013): Bayerische Schriftstellerinnen. Ein Lesebuch. Allitera Verlag, München, S. 84-92.

Strohmeyr, Armin (2002): Annette Kolb. Dichterin zwischen den Völkern. München.

Werner, Charlotte Marlo (2000): Annette Kolb. Eine literarische Stimme Europas. Königstein/Taunus.


Externe Links:

Literatur von Annette Kolb im BVB

Literatur über Annette Kolb im BVB

Annette Kolb in der BLO

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