Info
Geburtsjahr: 1180
in Gräfenberg
abweichendes Datum: 1210/1220
Todesjahr: 1230
Namensvarianten: Wirnt von Grafenberc

Wirnt von Grafenberg

Über die Lebensverhältnisse Wirnts von Grafenberg ist nichts bekannt. Wirnt ist ausschließlich literarisch bezeugt; neben seinem eigenen Werk – dem Artusroman Wigalois – sind Andeutungen in Die Krone Heinrichs von dem Türlin (um 1225), in den Dichterkatalogen Rudolfs von Ems (vor bzw. um 1235) sowie in Konrad von Würzburgs Der Welt Lohn zu finden. Dort wird er als ritterlicher Diener der allegorischen Frau Welt beschrieben. Vermutlich ist er Illiterat ritterlichen Geschlechts wie Wolfram von Eschenbach, den er als größten Laiendichter feiert, und stammt aus dem fränkischen Gräfenberg bei Nürnberg. Gestützt wird diese Annahme einerseits durch den Namenszusatz „von Grâvenberc“, andererseits im Wigalois durch die Erwähnung des Sands bei Nürnberg als Turnierstätte (v. 8447). Die Stilisierungen Wirnts zum „ritter“ bei Konrad und Invektiven gegen soziale Aufsteiger unter den „rîtern“ im eigenen Text geben weniger Auskunft über seinen Geburtsstand als darüber, ein bestimmtes Autorbild zu implementieren.

Die Klage über den Tod des „edlen Fürsten von Meran“ im Wigalois wird gemeinhin auf Herzog Berthold IV. von Andechs-Meran (gest. 1204) bezogen, die Entstehung des Wigalois deshalb auf nach 1204 angesetzt. Es könnte aber auch Bertholds Sohn Otto I. (gest. 1234) gemeint und somit das Werk erst um 1235 entstanden sein. Auszugehen ist jedoch vom terminus ante quem durch die beiden frühesten Handschriften A (erstes Viertel 13. Jahrhundert) und E (1220-1230), womit eine Datierung des Romans vor 1230 ausreichend gesichert ist. Zahlreiche Anspielungen setzen zusätzlich die literarische Kenntnis der Werke Hartmanns von Aue, von Wolframs Parzival und Gottfried von Straßburgs Tristan voraus, freilich ohne einen exakten Datierungsanhalt zu liefern.

Mit 13 vollständigen und 28 fragmentarischen Handschriften ist der Wigalois nach Wolframs Parzival der Artusroman mit der reichsten handschriftlichen Überlieferung. Er gilt als Musterbeispiel für eine fortgeschrittene Entwicklungsstufe des Artusromans, indem er im Gegensatz zu den Protagonisten Chrestiens, Hartmanns oder Wolframs seinen Helden von Anfang an seinen Weg als perfekter Ritter gehen lässt. Im Roman wird die âventiure des Gawein-Sohnes Wigalois erzählt; auf dem Höhepunkt der Abenteuerhandlung, im Kampf gegen den bösen Roaz, siegt der durch priesterlichen Segen geschützte Held über die Macht des Teufels. Durch eine Reihe zeitkritischer Elemente zeichnet sich der Abstand des realen adligen Lebens zum Ideal höfischer Vollkommenheit im Roman deutlich ab.

Im 15. Jahrhundert wird der Wigalois von Ulrich Füetrer in sein Buch der Abenteuer aufgenommen – danach entsteht eine Prosaauflösung (Wigoleis), die eine Übersetzung ins Dänische und Isländische erfährt. Eine jiddische Versfassung entsteht wohl gegen Anfang des 16. Jahrhunderts und wird am Ende des 17. Jahrhunderts ins Hochdeutsche übertragen. Den letzten wirkungsgeschichtlichen Ausläufer bildet die satirische Prosa Vom König Artus und von dem bildschönen Ritter Wieduwilt. Ein Ammenmärchen von 1786.

Verfasst von: Bayerische Staatsbibliothek / Dr. Peter Czoik

Sekundärliteratur:

Steinmeyer: Grafenberg, Wirnt. In: Allgemeine Deutsche Biographie 9 (1879), S. 562, http://www.deutsche-biographie.de/pnd118633945.html?anchor=adb, (13.01.2012).

Ziegeler, Hans-Joachim (19992): Wirnt von Grafenberg. In: Keil, Gundolf; Ruh, Kurt; Schröder, Werner u.a. (Hg.): Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. Bd. 10. De Gruyter, Berlin u.a., S. 1252-1267.


Externe Links:

Literatur von Wirnt von Grafenberg im BVB

Literatur über Wirnt von Grafenberg im BVB

Digitalisat der BSB

Überlieferung

Wigalois: eine Bibliographie

Prädestination und Fiktionalität in Wirnts Wigalois

Wirnts Wigalois und der Umgang mit Autor und Werk

Materialien von Prof. Dr. Ulrich Seelbach

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