Stefan George
Stefan George wird als Sohn einer katholischen Weingutbesitzers- und Gastwirtsfamilie in Büdesheim bei Bingen geboren. 1873 zieht die Familie nach Bingen, wo sein Vater als Stadtverordneter tätig ist. 1882 bis 1888 besucht George das Darmstädter Ludwig-Georgs-Gymnasium, danach geht er auf Sprachreisen nach London und in die Schweiz, nach Italien und Spanien. Während dieser Zeit entstehen erste Gedichte, die er als Die Fibel. Auswahl erster Verse (1901) in sein gedrucktes Œuvre aufnimmt. Im März 1889 reist George nach Paris, wo er u.a. Mallarmé, Verlaine und Rodin kennenlernt und Werke von Baudelaire, Rimbaud, Régnier und Moréas liest. Im Oktober schreibt er sich dann an der Berliner Universität ein und hört philologische und kunstgeschichtliche Vorlesungen. Schon früh treiben ihn Auswanderungspläne und Fantasien über eine poetische Universalsprache um.
1890 erscheinen die im Privatdruck seinem Schulfreund Carl August Klein zugedachten 17 Hymnen, deren symbolistischer Ton und präraphaelitische Ornamentierung die Konventionen bürgerlicher Bildung durchbrechen.
Eine kurze stürmische Freundschaft verbindet George mit Hugo von Hofmannsthal 1891 in Wien, der ihm noch einige Zeit innerlich verbunden bleibt und bis 1906 Beiträge für dessen Blätter für die Kunst liefert, eine Zeitschrift, die George zusammen mit Carl August Klein 1892 begründet. Zum Mitarbeiterkreis – aus dem sich heraus der „George-Kreis“ bildet – gehören u.a. Leopold Andrian, Max Dauthendey, Karl Wolfskehl, Ludwig Klages, Oscar A. H. Schmitz, Ernst Hardt, Friedrich und Ernst Gundolf, Ludwig Derleth, Henry von Heiseler, Alfred Schuler, Walter Wenghöfer und Saladin Schmitt. Die sezessionistische Absicht ihrer Kunst betonen die Autoren vor allem dadurch, dass sie „eine kunst für die kunst“ schaffen wollen, künstlerisch besonders prunkvoll ausstatten und typografisch durch eine eigens entworfene Schrifttype hervorheben.
Neben München, wo George seit 1893 in nähere Beziehung zur Gruppe der „Kosmiker“ (Schuler, Klages, Wolfskehl) tritt und später seine Muse Maximilian Kronberger kennenlernt, den er durch das Gedenkbuch (1908) und den „Maximin“-Zyklus des Siebenten Rings ehrt, hält er sich hauptsächlich in Berlin auf, hat aber auch weiterhin keinen festen Wohnsitz. Mit dem Gedichtzyklus Das Jahr der Seele erscheint 1897 das bedeutendste Werk seiner ersten Schaffensperiode. Es ist der Versuch, die Naturpoesie in Deutschland unter den veränderten Bedingungen der Moderne umzuformen; die Natur wird dabei real, der Park zum sinnbildlichen Element einer gebändigten, menschlich gestalteten Landschaft („Komm in den totgesagten park und schau“).
Im Zyklus Der siebente Ring (1907) vollzieht George endgültig den Richtungswandel seines Lebens und Werks: indem er aus dem Bereich des Nur-Ästhetischen hinaustritt, wird ihm mehr das neue Leben als die neue Kunst zum Ziel. Die einleitenden Zeitgedichte bezeichnen diesen Standort; durch Kritik und Hinweis auf große Vorbilder (Dante, Goethe, Nietzsche, Leo XIII.) gibt George seinen Zeitgenossen dichterisch Weisung. Sein Anspruch, die deutsche Sprache an den weltliterarischen Traditionen zu schulen, findet darüber hinaus in einer Reihe von Übertragungen und Umdichtungen regen Niederschlag (u.a. Baudelaire, Mallarmé, Verwey, Swinburne, Dowson, Dante, Shakespeare).
Der 1913 fertiggebrachte Gedichtzyklus Stern des Bundes verleiht dieser nationalpädagogischen Absicht dann den formstrengsten lyrischen Ausdruck. Die 100 spruchhaften Gedichte, die sich auf drei Bücher mit je 30 Stücken, den Eingang und den Schlusschor verteilen, enthalten Grundsätze des neuen Lebens und verzichten auf reichen Bilderschmuck. An die Stelle des Engels aus dem „Vorspiel“ des 1899 erschienenen Teppich des Lebens und die Lieder von Traum und Tod tritt nun die lebensspendende und gebietende Gottgestalt Maximins („Das neue wort von dir verkündet / Das neue volk von dir erweckt.“).
Den Ersten Weltkrieg nimmt Stefan George als Zeichen kultureller Verderbtheit seiner Zeit wahr. Wiewohl er Hofmannsthals Bitte, einen offenen Brief zur Vermeidung eines deutsch-englischen Krieges zu unterzeichnen, ablehnt, verwahrt er sich gegen die Vereinnahmung seines geistigen Kampfes mit dem politischen Kampf des nationalen deutschen Machtstaates: „Das geistige Reich hatte und hat mit und ohne sieg die ganze welt zum feind.“ Streng genommen geht es ihm also um die Ausschließung alles nur Gesellschaftlichen wie Politischen, um ein geistiges Reich des schönen Lebens zu errichten.
Alle Gedichte, die nach 1913 entstehen, fasst George in dem Band Das neue Reich (1928) zusammen. Der Band enthält Widmungsgedichte an Schüler und Freunde, darunter im Krieg gefallene, neben Oden und Liedern mit zeitübergreifenden Themen. Ein Jahr zuvor ist Stefan George mit dem Goethe-Preis der Stadt Frankfurt am Main ausgezeichnet worden, von dem er sich allerdings unbeeindruckt zeigt.
Ebenso ablehnend tritt er den Nationalsozialisten gegenüber, als diese ihm 1933 die Präsidentschaft der Preußischen Akademie für Sprache und Dichtung anbieten. Um sich gegen die nazistische Umdeutung seines Werkes zu entziehen, geht George in die Schweiz, wo er am 4. Dezember 1933 im Krankenhaus von Locarno stirbt und auf dem nahegelegenen Friedhof in Minusio begraben wird.
Sekundärliteratur:
Klussmann, Paul Gerhard: George, Stefan Anton. In: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 236-241, http://www.deutsche-biographie.de/pnd11853856X.html, (09.11.2012).
Externe Links:
Literatur von Stefan George im BVB
Literatur über Stefan George im BVB
Stefan George im Historischen Lexikon Bayerns
Stefan George wird als Sohn einer katholischen Weingutbesitzers- und Gastwirtsfamilie in Büdesheim bei Bingen geboren. 1873 zieht die Familie nach Bingen, wo sein Vater als Stadtverordneter tätig ist. 1882 bis 1888 besucht George das Darmstädter Ludwig-Georgs-Gymnasium, danach geht er auf Sprachreisen nach London und in die Schweiz, nach Italien und Spanien. Während dieser Zeit entstehen erste Gedichte, die er als Die Fibel. Auswahl erster Verse (1901) in sein gedrucktes Œuvre aufnimmt. Im März 1889 reist George nach Paris, wo er u.a. Mallarmé, Verlaine und Rodin kennenlernt und Werke von Baudelaire, Rimbaud, Régnier und Moréas liest. Im Oktober schreibt er sich dann an der Berliner Universität ein und hört philologische und kunstgeschichtliche Vorlesungen. Schon früh treiben ihn Auswanderungspläne und Fantasien über eine poetische Universalsprache um.
1890 erscheinen die im Privatdruck seinem Schulfreund Carl August Klein zugedachten 17 Hymnen, deren symbolistischer Ton und präraphaelitische Ornamentierung die Konventionen bürgerlicher Bildung durchbrechen.
Eine kurze stürmische Freundschaft verbindet George mit Hugo von Hofmannsthal 1891 in Wien, der ihm noch einige Zeit innerlich verbunden bleibt und bis 1906 Beiträge für dessen Blätter für die Kunst liefert, eine Zeitschrift, die George zusammen mit Carl August Klein 1892 begründet. Zum Mitarbeiterkreis – aus dem sich heraus der „George-Kreis“ bildet – gehören u.a. Leopold Andrian, Max Dauthendey, Karl Wolfskehl, Ludwig Klages, Oscar A. H. Schmitz, Ernst Hardt, Friedrich und Ernst Gundolf, Ludwig Derleth, Henry von Heiseler, Alfred Schuler, Walter Wenghöfer und Saladin Schmitt. Die sezessionistische Absicht ihrer Kunst betonen die Autoren vor allem dadurch, dass sie „eine kunst für die kunst“ schaffen wollen, künstlerisch besonders prunkvoll ausstatten und typografisch durch eine eigens entworfene Schrifttype hervorheben.
Neben München, wo George seit 1893 in nähere Beziehung zur Gruppe der „Kosmiker“ (Schuler, Klages, Wolfskehl) tritt und später seine Muse Maximilian Kronberger kennenlernt, den er durch das Gedenkbuch (1908) und den „Maximin“-Zyklus des Siebenten Rings ehrt, hält er sich hauptsächlich in Berlin auf, hat aber auch weiterhin keinen festen Wohnsitz. Mit dem Gedichtzyklus Das Jahr der Seele erscheint 1897 das bedeutendste Werk seiner ersten Schaffensperiode. Es ist der Versuch, die Naturpoesie in Deutschland unter den veränderten Bedingungen der Moderne umzuformen; die Natur wird dabei real, der Park zum sinnbildlichen Element einer gebändigten, menschlich gestalteten Landschaft („Komm in den totgesagten park und schau“).
Im Zyklus Der siebente Ring (1907) vollzieht George endgültig den Richtungswandel seines Lebens und Werks: indem er aus dem Bereich des Nur-Ästhetischen hinaustritt, wird ihm mehr das neue Leben als die neue Kunst zum Ziel. Die einleitenden Zeitgedichte bezeichnen diesen Standort; durch Kritik und Hinweis auf große Vorbilder (Dante, Goethe, Nietzsche, Leo XIII.) gibt George seinen Zeitgenossen dichterisch Weisung. Sein Anspruch, die deutsche Sprache an den weltliterarischen Traditionen zu schulen, findet darüber hinaus in einer Reihe von Übertragungen und Umdichtungen regen Niederschlag (u.a. Baudelaire, Mallarmé, Verwey, Swinburne, Dowson, Dante, Shakespeare).
Der 1913 fertiggebrachte Gedichtzyklus Stern des Bundes verleiht dieser nationalpädagogischen Absicht dann den formstrengsten lyrischen Ausdruck. Die 100 spruchhaften Gedichte, die sich auf drei Bücher mit je 30 Stücken, den Eingang und den Schlusschor verteilen, enthalten Grundsätze des neuen Lebens und verzichten auf reichen Bilderschmuck. An die Stelle des Engels aus dem „Vorspiel“ des 1899 erschienenen Teppich des Lebens und die Lieder von Traum und Tod tritt nun die lebensspendende und gebietende Gottgestalt Maximins („Das neue wort von dir verkündet / Das neue volk von dir erweckt.“).
Den Ersten Weltkrieg nimmt Stefan George als Zeichen kultureller Verderbtheit seiner Zeit wahr. Wiewohl er Hofmannsthals Bitte, einen offenen Brief zur Vermeidung eines deutsch-englischen Krieges zu unterzeichnen, ablehnt, verwahrt er sich gegen die Vereinnahmung seines geistigen Kampfes mit dem politischen Kampf des nationalen deutschen Machtstaates: „Das geistige Reich hatte und hat mit und ohne sieg die ganze welt zum feind.“ Streng genommen geht es ihm also um die Ausschließung alles nur Gesellschaftlichen wie Politischen, um ein geistiges Reich des schönen Lebens zu errichten.
Alle Gedichte, die nach 1913 entstehen, fasst George in dem Band Das neue Reich (1928) zusammen. Der Band enthält Widmungsgedichte an Schüler und Freunde, darunter im Krieg gefallene, neben Oden und Liedern mit zeitübergreifenden Themen. Ein Jahr zuvor ist Stefan George mit dem Goethe-Preis der Stadt Frankfurt am Main ausgezeichnet worden, von dem er sich allerdings unbeeindruckt zeigt.
Ebenso ablehnend tritt er den Nationalsozialisten gegenüber, als diese ihm 1933 die Präsidentschaft der Preußischen Akademie für Sprache und Dichtung anbieten. Um sich gegen die nazistische Umdeutung seines Werkes zu entziehen, geht George in die Schweiz, wo er am 4. Dezember 1933 im Krankenhaus von Locarno stirbt und auf dem nahegelegenen Friedhof in Minusio begraben wird.
Klussmann, Paul Gerhard: George, Stefan Anton. In: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 236-241, http://www.deutsche-biographie.de/pnd11853856X.html, (09.11.2012).