Gred Ibscher
Margareta Ibscher (später wird sie sich selbst Gred nennen) wird 1906 in Kirchheim i. Schw. bei Mindelheim (heute Landkr. Unterallgäu) als älteste von sechs Töchtern der Eheleute Maria Ibscher, geb. Roth, und Carl Ibscher geboren. Ihr Vater ist Leiter der Fürstl. Fugger von Glött'schen Domänenverwaltung. Sie besucht im Anschluss an die Volksschule das humanistische Reformgymnasium in München, wo sie 1926 die Abiturprüfung ablegt. Anschließend studiert sie in Berlin, Leipzig und München Klassische Philologie, Geschichte und Archäologie. Zu ihren Lehrern gehören neben den Philosophen Eduard Spranger und Nicolai Hartmann die Klassischen Philologen Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff, Werner Jaeger und Wolfgang Schadewaldt. Auf das Staatsexamen 1931/32 folgt 1934 die Promotion bei Johannes Stroux mit der Dissertationsarbeit Der Begriff des Sittlichen in der Pflichtenlehre des Panaitios. Ein Beitrag zur Erkenntnis der mittleren Stoa.
Ihre 1932 begonnene Lehramtsausbildung bricht Gred Ibscher 1934 ab. Sie weigert sich, einem der NS-Berufsverbände beizutreten und geht zunächst für Studienarbeiten nach Rom und Madrid. Nach dem Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs kehrt sie nach München zurück und arbeitet 1937 bis 1938 als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Redaktion des Thesaurus Linguae Latinae. Im Herbst 1939 emigriert Gred Ibscher nach Costa Rica, wo sie unterrichtet und ab 1944 – nach einer Zusatzausbildung zur Krankenschwester und Hebamme – in verschiedenen Krankenhäusern arbeitet. Eine Einladung Werner Jaegers, als Research Assistant in Harvard tätig zu werden, nimmt sie nicht an. Sie geht stattdessen 1948 nach Peru, wo sie Griechisch, Latein und antike Philosophie lehrt und Martin Heideggers Buch Kant und das Problem der Metaphysik ins Spanische übersetzt (Kant y el problema de la metafísica). An der Universität Lima wird Gred Ibscher 1953 zum zweiten Mal mit ihrer Dissertation Verpflichtung, Tugend und Menschlichkeit. Eine vergleichende Studie zu einigen Fragen der Ethik promoviert.
Von 1955 bis 1957 kehrt sie für zwei Jahre nach Deutschland zurück und arbeitet als Südamerikareferentin in Stuttgart. In den Jahren von 1964 bis zu ihrer Emeritierung 1973 wirkt sie als Professorin für Geschichte der griechischen Literatur an der Universidad Nacional Mayor de San Marcos in Lima. Während dieser Zeit veröffentlicht sie mehrere kleinere Arbeiten zum antiken Drama und zu Goethe.
Gred Ibscher (rechts) mit ihren fünf Schwestern, ca. 1917 (v.l.n.r.: Anni, Resi, Maria, Liesl [Elisabeth], Johanna und Gred). Foto: privat aus dem Familienbesitz des Neffen Hans Peter Weiß
Nach der Emeritierung beginnt ihre produktivste Lebensphase. Gred Ibscher widmet sich zehn Jahre lang intensiv der Ethik in Demokrits Werk und gibt dazu eine zweibändige Studie in spanischer Sprache heraus (Demócrito y sus sentencias sobre Ética y Educación. Una introducción al pensamiento del atomista de Abdera, 1983/1984). Diese Studie würdigt Demokrit erstmals ausführlich als Ethiker und nicht – wie bis dahin üblich – fast ausschließlich als Atomist. Dass diese Arbeit von der Fachwelt nicht gebührend rezipiert wurde, schreibt der Altphilologie Georg Damschen der Tatsache zu, dass die Arbeit bislang lediglich in spanischer Sprache vorliegt.
1975 kehrt Gred Ibscher endgültig nach Deutschland zurück, lebt in Hamburg und arbeitet trotz einer schweren Erkrankung an einer zweisprachigen Ausgabe von Demokrits ethischen Fragmenten. Das Buch erscheint nach ihrem Tod im Reclam-Verlag (Demokrit. Fragmente zur Ethik, 1996).
Für ihre wissenschaftliche Leistung und für die Vermittlung zwischen südamerikanischer und europäischer Kultur wird Gred Ibscher in Deutschland und Peru mehrfach geehrt. 1984 erhält sie das Verdienstkreuz I. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.
Sekundärliteratur:
Damschen, Gregor (1998): Gred Ibscher †. In: Gnomon 70, S. 380f.
Solar-Dias, Fernando del (1996): Gred Ibscher Roth (1906-1996). In: Areté, revista de filosofía, Vol. VIII, Nr. 5, S. 383-391.
Wölke, Hansjörg (1996): Rezension zu: Demokrit. Fragmente zur Ethik. In: Forum Classicum 98/1, S. 42f.
Externe Links:
Literatur von Gred Ibscher im BVB
Margareta Ibscher (später wird sie sich selbst Gred nennen) wird 1906 in Kirchheim i. Schw. bei Mindelheim (heute Landkr. Unterallgäu) als älteste von sechs Töchtern der Eheleute Maria Ibscher, geb. Roth, und Carl Ibscher geboren. Ihr Vater ist Leiter der Fürstl. Fugger von Glött'schen Domänenverwaltung. Sie besucht im Anschluss an die Volksschule das humanistische Reformgymnasium in München, wo sie 1926 die Abiturprüfung ablegt. Anschließend studiert sie in Berlin, Leipzig und München Klassische Philologie, Geschichte und Archäologie. Zu ihren Lehrern gehören neben den Philosophen Eduard Spranger und Nicolai Hartmann die Klassischen Philologen Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff, Werner Jaeger und Wolfgang Schadewaldt. Auf das Staatsexamen 1931/32 folgt 1934 die Promotion bei Johannes Stroux mit der Dissertationsarbeit Der Begriff des Sittlichen in der Pflichtenlehre des Panaitios. Ein Beitrag zur Erkenntnis der mittleren Stoa.
Ihre 1932 begonnene Lehramtsausbildung bricht Gred Ibscher 1934 ab. Sie weigert sich, einem der NS-Berufsverbände beizutreten und geht zunächst für Studienarbeiten nach Rom und Madrid. Nach dem Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs kehrt sie nach München zurück und arbeitet 1937 bis 1938 als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Redaktion des Thesaurus Linguae Latinae. Im Herbst 1939 emigriert Gred Ibscher nach Costa Rica, wo sie unterrichtet und ab 1944 – nach einer Zusatzausbildung zur Krankenschwester und Hebamme – in verschiedenen Krankenhäusern arbeitet. Eine Einladung Werner Jaegers, als Research Assistant in Harvard tätig zu werden, nimmt sie nicht an. Sie geht stattdessen 1948 nach Peru, wo sie Griechisch, Latein und antike Philosophie lehrt und Martin Heideggers Buch Kant und das Problem der Metaphysik ins Spanische übersetzt (Kant y el problema de la metafísica). An der Universität Lima wird Gred Ibscher 1953 zum zweiten Mal mit ihrer Dissertation Verpflichtung, Tugend und Menschlichkeit. Eine vergleichende Studie zu einigen Fragen der Ethik promoviert.
Von 1955 bis 1957 kehrt sie für zwei Jahre nach Deutschland zurück und arbeitet als Südamerikareferentin in Stuttgart. In den Jahren von 1964 bis zu ihrer Emeritierung 1973 wirkt sie als Professorin für Geschichte der griechischen Literatur an der Universidad Nacional Mayor de San Marcos in Lima. Während dieser Zeit veröffentlicht sie mehrere kleinere Arbeiten zum antiken Drama und zu Goethe.
Gred Ibscher (rechts) mit ihren fünf Schwestern, ca. 1917 (v.l.n.r.: Anni, Resi, Maria, Liesl [Elisabeth], Johanna und Gred). Foto: privat aus dem Familienbesitz des Neffen Hans Peter Weiß
Nach der Emeritierung beginnt ihre produktivste Lebensphase. Gred Ibscher widmet sich zehn Jahre lang intensiv der Ethik in Demokrits Werk und gibt dazu eine zweibändige Studie in spanischer Sprache heraus (Demócrito y sus sentencias sobre Ética y Educación. Una introducción al pensamiento del atomista de Abdera, 1983/1984). Diese Studie würdigt Demokrit erstmals ausführlich als Ethiker und nicht – wie bis dahin üblich – fast ausschließlich als Atomist. Dass diese Arbeit von der Fachwelt nicht gebührend rezipiert wurde, schreibt der Altphilologie Georg Damschen der Tatsache zu, dass die Arbeit bislang lediglich in spanischer Sprache vorliegt.
1975 kehrt Gred Ibscher endgültig nach Deutschland zurück, lebt in Hamburg und arbeitet trotz einer schweren Erkrankung an einer zweisprachigen Ausgabe von Demokrits ethischen Fragmenten. Das Buch erscheint nach ihrem Tod im Reclam-Verlag (Demokrit. Fragmente zur Ethik, 1996).
Für ihre wissenschaftliche Leistung und für die Vermittlung zwischen südamerikanischer und europäischer Kultur wird Gred Ibscher in Deutschland und Peru mehrfach geehrt. 1984 erhält sie das Verdienstkreuz I. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.
Damschen, Gregor (1998): Gred Ibscher †. In: Gnomon 70, S. 380f.
Solar-Dias, Fernando del (1996): Gred Ibscher Roth (1906-1996). In: Areté, revista de filosofía, Vol. VIII, Nr. 5, S. 383-391.
Wölke, Hansjörg (1996): Rezension zu: Demokrit. Fragmente zur Ethik. In: Forum Classicum 98/1, S. 42f.