Eduard Stemplinger
Als Sohn einer niederbayerischen Kaufmannsfamilie geboren, besucht Eduard Stemplinger nach der Volksschule das Neue Gymnasium in Regensburg, wo er bei einem Schneidermeister in der Spiegelgasse wohnt. Sein bereits in Plattling gewecktes musikalisches Interesse wird gefördert, er singt im Kirchenchor und spielt neben diversen Saiteninstrumenten Posaune. Stemplinger beschließt, nach Bestehen des Gymnasiums gegen den Willen der Mutter klassische Philologie zu studieren; in München nimmt er das Studium der Altphilologie, Germanistik und Geschichte auf und veröffentlicht schon früh Gedichte und Prosawerke für den Plattlinger Isarboten, das Bayerische Vaterland und das Deutsche Dichterheim. Im Juli 1893 promoviert Stemplinger mit dem Thema „Strabons litterarhistorische Notizen“ zum Dr. phil. und besteht das Erste Staatsexamen. Seine Laufbahn als Lehrer führt ihn von Neuburg an der Donau über Schäftlarn und München nach Würzburg, Augsburg, München sowie Rosenheim.
Im März 1911 wird dem Altphilologen ein 1908 ausgeschriebener Preis der Akademie der Wissenschaften für seine Arbeit Das Plagiat in der griechischen Literatur verliehen, im Folgejahr überträgt man ihm die Leitung der Bayerischen Gymnasialblätter. Während des Ersten Weltkriegs erholt sich Stemplinger von seinem Lungenleiden; da er ausgemustert ist, muss er nicht am Krieg teilnehmen. Mit Argwohn betrachtet er den Sturz der Monarchie in Bayern und legt trotz politischer Unruhen Wert auf einen geregelten Unterricht. 1921 zum Oberstudiendirektor ernannt, wird er mit der Leitung des Humanistischen Gymnasiums in Rosenheim betraut, das er bis zu seiner Pensionierung leitet. Wie Ludwig Thoma und Josef Hofmiller schreibt Stemplinger ironische Artikel und Gedichte für den konservativen Miesbacher Anzeiger – zu Hofmiller, der ab 1922 als Konrektor nach Rosenheim versetzt wird, verbindet ihn bald eine tiefe Freundschaft.
Stemplinger besucht Ostern 1931 den Arzt Dr. Eligius Peter in Edenstetten bei Metten, wo er auch den Heimatschriftsteller Pater Gallus Ritter wiedertrifft, und verbringt dort in den nächsten Jahren regelmäßig einige Zeit. In Elbach bei Miesbach baut er sich auf Vermittlung des Schriftstellers Fritz Müller-Partenkirchen ein größeres Wochenendhaus. Seine Autobiographie Lernjahre. Jugend in Altbayern – der 1936 noch die Fortsetzung Ernte aus Altbayern folgt – erscheint und wird von der Kritik begeistert aufgenommen. Eine Bearbeitung des Brandner-Kasper-Stoffes, die bäuerliche Spieloper Tegernseer im Himmel, sowie eine Richard Wagner-Untersuchung finden ebenfalls Beachtung.
Stemplinger macht den Führerschein, um bequem nach Miesbach und Rosenheim zu gelangen, und scheidet 1934 laut Urkunde auf eigenes „Ansuchen wegen nachgewiesener Dienstunfähigkeit“ aus dem Beamtendienst aus, wobei Differenzen gegenüber den neuen Machthabern eine Rolle spielen. In den Folgejahren hält er Vorträge; er pflegt Kontakte zu verschiedenen Persönlichkeiten, u.a. zu dem Heimatforscher Josef Brunhuber, dem Graphiker Paul Ernst Rattelmüller, aber auch zu den Schriftstellerkollegen Wilhelm Diess, Fritz Müller-Partenkirchen, Julius Kreis, Max Peinkofer und Marzell Oberneder. Der nationalsozialistische Bürgermeister lässt Stemplingers Rosenheimer Wohnung 1941 schließlich beschlagnahmen, woraufhin dieser seinen Hauptwohnsitz in Elbach nimmt. Von dort beobachtet er mit Verbitterung die Eingriffe ins bayerische Gymnasialwesen und hört regelmäßig Feindsender.
Nach dem Krieg werden seine historischen und sprachkundlichen Betrachtungen in der Sammlung Wir Altbayern (1946) veröffentlicht. Außerdem erscheinen Die alte Truhe – Baierns Geisteskultur in Anekdoten, die umfassende Untersuchung Antiker Volksglaube sowie sein Immerwährender bayerischer Kalender. Stemplinger erhält wegen „großer pädagogischer, wissenschaftlicher und literarischer Verdienste“ das Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, den Bayerischen Verdienstorden und zusammen mit Josef Maria Lutz den Poetentaler der Münchner Turmschreiber. Sein Wissen über antike Literatur hat er in der bereits 1905 erschienenen Mundartdichtung Horaz in der Lederhos’n bzw. im Lyrikband Vom Dirndel- und Buab’nfang. Frei nach Ovids ars amatoria (1922) verewigt. Ebenso freie Übertragungen ins Bairische sind seine zwei Bände Oberbayerische Märchen (1924-26) nach den Gebrüdern Grimm.
Sekundärliteratur:
Weichslgartner, Alois J. (2004): Eduard Stemplinger (6.1.1870 – 25.2.1964). Der „Horaz in der Lederhos'n“. In: Schweiggert, Alfons; Macher, Hannes S. (Hg.): Autoren und Autorinnen in Bayern. 20. Jahrhundert. Bayerland Verlag, Dachau, S. 63f.
Externe Links:
Literatur von Eduard Stemplinger im BVB
Literatur über Eduard Stemplinger im BVB
150. Geburtstag: Der altbayerische Humanist Stemplinger (SZ-Artikel)
Als Sohn einer niederbayerischen Kaufmannsfamilie geboren, besucht Eduard Stemplinger nach der Volksschule das Neue Gymnasium in Regensburg, wo er bei einem Schneidermeister in der Spiegelgasse wohnt. Sein bereits in Plattling gewecktes musikalisches Interesse wird gefördert, er singt im Kirchenchor und spielt neben diversen Saiteninstrumenten Posaune. Stemplinger beschließt, nach Bestehen des Gymnasiums gegen den Willen der Mutter klassische Philologie zu studieren; in München nimmt er das Studium der Altphilologie, Germanistik und Geschichte auf und veröffentlicht schon früh Gedichte und Prosawerke für den Plattlinger Isarboten, das Bayerische Vaterland und das Deutsche Dichterheim. Im Juli 1893 promoviert Stemplinger mit dem Thema „Strabons litterarhistorische Notizen“ zum Dr. phil. und besteht das Erste Staatsexamen. Seine Laufbahn als Lehrer führt ihn von Neuburg an der Donau über Schäftlarn und München nach Würzburg, Augsburg, München sowie Rosenheim.
Im März 1911 wird dem Altphilologen ein 1908 ausgeschriebener Preis der Akademie der Wissenschaften für seine Arbeit Das Plagiat in der griechischen Literatur verliehen, im Folgejahr überträgt man ihm die Leitung der Bayerischen Gymnasialblätter. Während des Ersten Weltkriegs erholt sich Stemplinger von seinem Lungenleiden; da er ausgemustert ist, muss er nicht am Krieg teilnehmen. Mit Argwohn betrachtet er den Sturz der Monarchie in Bayern und legt trotz politischer Unruhen Wert auf einen geregelten Unterricht. 1921 zum Oberstudiendirektor ernannt, wird er mit der Leitung des Humanistischen Gymnasiums in Rosenheim betraut, das er bis zu seiner Pensionierung leitet. Wie Ludwig Thoma und Josef Hofmiller schreibt Stemplinger ironische Artikel und Gedichte für den konservativen Miesbacher Anzeiger – zu Hofmiller, der ab 1922 als Konrektor nach Rosenheim versetzt wird, verbindet ihn bald eine tiefe Freundschaft.
Stemplinger besucht Ostern 1931 den Arzt Dr. Eligius Peter in Edenstetten bei Metten, wo er auch den Heimatschriftsteller Pater Gallus Ritter wiedertrifft, und verbringt dort in den nächsten Jahren regelmäßig einige Zeit. In Elbach bei Miesbach baut er sich auf Vermittlung des Schriftstellers Fritz Müller-Partenkirchen ein größeres Wochenendhaus. Seine Autobiographie Lernjahre. Jugend in Altbayern – der 1936 noch die Fortsetzung Ernte aus Altbayern folgt – erscheint und wird von der Kritik begeistert aufgenommen. Eine Bearbeitung des Brandner-Kasper-Stoffes, die bäuerliche Spieloper Tegernseer im Himmel, sowie eine Richard Wagner-Untersuchung finden ebenfalls Beachtung.
Stemplinger macht den Führerschein, um bequem nach Miesbach und Rosenheim zu gelangen, und scheidet 1934 laut Urkunde auf eigenes „Ansuchen wegen nachgewiesener Dienstunfähigkeit“ aus dem Beamtendienst aus, wobei Differenzen gegenüber den neuen Machthabern eine Rolle spielen. In den Folgejahren hält er Vorträge; er pflegt Kontakte zu verschiedenen Persönlichkeiten, u.a. zu dem Heimatforscher Josef Brunhuber, dem Graphiker Paul Ernst Rattelmüller, aber auch zu den Schriftstellerkollegen Wilhelm Diess, Fritz Müller-Partenkirchen, Julius Kreis, Max Peinkofer und Marzell Oberneder. Der nationalsozialistische Bürgermeister lässt Stemplingers Rosenheimer Wohnung 1941 schließlich beschlagnahmen, woraufhin dieser seinen Hauptwohnsitz in Elbach nimmt. Von dort beobachtet er mit Verbitterung die Eingriffe ins bayerische Gymnasialwesen und hört regelmäßig Feindsender.
Nach dem Krieg werden seine historischen und sprachkundlichen Betrachtungen in der Sammlung Wir Altbayern (1946) veröffentlicht. Außerdem erscheinen Die alte Truhe – Baierns Geisteskultur in Anekdoten, die umfassende Untersuchung Antiker Volksglaube sowie sein Immerwährender bayerischer Kalender. Stemplinger erhält wegen „großer pädagogischer, wissenschaftlicher und literarischer Verdienste“ das Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, den Bayerischen Verdienstorden und zusammen mit Josef Maria Lutz den Poetentaler der Münchner Turmschreiber. Sein Wissen über antike Literatur hat er in der bereits 1905 erschienenen Mundartdichtung Horaz in der Lederhos’n bzw. im Lyrikband Vom Dirndel- und Buab’nfang. Frei nach Ovids ars amatoria (1922) verewigt. Ebenso freie Übertragungen ins Bairische sind seine zwei Bände Oberbayerische Märchen (1924-26) nach den Gebrüdern Grimm.
Weichslgartner, Alois J. (2004): Eduard Stemplinger (6.1.1870 – 25.2.1964). Der „Horaz in der Lederhos'n“. In: Schweiggert, Alfons; Macher, Hannes S. (Hg.): Autoren und Autorinnen in Bayern. 20. Jahrhundert. Bayerland Verlag, Dachau, S. 63f.