Joseph Weigert
Ein Schriftsteller, der im Hauptberuf als evangelischer oder katholischer Pfarrer tätig ist, wird im Allgemeinen als „Dichterpfarrer“ bezeichnet – auch wenn die literarische Produktion von Dichterpfarrern in einem Zusammenhang zur seelsorgerischen Tätigkeit oder zur religiösen Volksliteratur zählt. In die große namhafte Schar, zu der u.a. Paul Gerhardt (1607-1676), Gustav Schwab (1792-1850), Eduard Mörike (1804-1875) oder Albrecht Goes (1908-2000) zählen, gehört wohl auch der langjährige Mockersdorfer Pfarrer, Bauer und Schriftsteller Joseph Weigert.
Joseph Weigert, geboren am 14. Juli 1870 in Kelheim als Sohn eines Glasermeisters, besucht das humanistische Gymnasium bei den Benediktinern in Metten und tritt nach dem Abitur in das Regensburger Priesterseminar ein. Seine Priesterweihe erfolgt am 16. Juni 1895 im Regensburger Dom. Es folgen Jahre als Kooperator in Schwarzach bei Nabburg, Lindkirchen in der Hallertau, Burglengenfeld sowie in Tirschenreuth.
Von Oktober 1900 bis Oktober 1931 wirkt Joseph Weigert als römisch-katholischer Pfarrer in der filialreichen Pfarrei St. Michael der damals selbstständigen Gemeinde Mockersdorf am Rauhen Kulm in der Nähe von Kemnath (seit Juli 1972 Lkr. Neustadt a.d. Waldnaab) und bewirtschaftet mit drei Dienstboten den größten Teil der Wiesen und Felder der Pfarrgründe. Die Leitung der verantwortungsvollen „Pfarrökonomie“ trägt ihm letztlich den Ehrentitel „der Bauernpfarrer“ ein. Noch heute ist übrigens Mockersdorf – das zu den Urpfarreien der Oberpfalz zählt – eine eigene Pfarrei.
Nach seinem langjährigen Wirken mit dem „Doppelberuf“ Pfarrer und Bauer sehen wir ihn bis 1939 als Pfarrer in Sarching bei Donaustauf, wo er im Alter von fast 70 Jahren in den Ruhestand geht, den er – bis zu seinem Tod am 9. September 1946 – im Gäubodendorf Großenpinning bei Landau an der Isar verbringt.
In der Zeit seines geistigen Wirkens in Mockersdorf hat Weigert trotz seiner vielfältigen seelsorgerischen und landwirtschaftlichen Arbeit noch Zeit für die Herausgabe von dreizehn Büchern.
1915 erscheint Das Dorf entlang. Ein Buch vom deutschen Bauerntum, das bis 1923 in mehreren Auflagen nachgedruckt wird. Weitere Bücher ergänzen und erweitern diesen Themenbereich, so etwa Die Volksbildung auf dem Lande (1922), Religiöse Volkskunde (1924), Des Volkes Denken und Reden (1925), Untergang der Dorfkultur? (1930), Die weibliche Jugend auf dem Lande (1931), Von Beruf und Leben auf dem Lande (1931) und schließlich Die Ernte. Eine Würdigung der Bauernarbeit (1934). Vorangegangen ist sein erzählerisches Werk Deutsche Volksschwänke des 16. Jahrhunderts (1909) sowie Beim Kienspan. Die Lebensanschauung des Volkes aus seinem Munde (1922). Zu seinen belletristischen Publikationen zählen außerdem diverse Kurzgeschichten, Anekdoten, Plaudereien und Radiohörspiele.
„In seinen literarischen Arbeiten stellt Joseph Weigert dar, was im frühen 20. Jahrhundert vom altbayerischen Leben auf dem Lande zu überlieferten Bräuchen, Traditionen und Anschauungen noch nicht vergessen war. Sein Anliegen war es, das Landvolk solle über seine wirtschaftlichen Nöte und Interessen die kulturellen und seelischen Werte nicht hintanstellen oder vergessen“, so Alois J. Weichslgartner. Doch als Joseph Weigert 1946 stirbt, beginnt allmählich der große Umbruch in der Landwirtschaft und im Alltagsleben, der das bisherige Dorfleben radikal verändert.
Joseph Weigerts literarisches Wirken wird mehrfach gewürdigt und ausgezeichnet, 1917 verleiht ihm König Ludwig III. das „König-Ludwig-Kreuz“, 1925 erhält Joseph Weigert das „Ehrenbürgerrecht“ der Gemeinden Mockersdorf und Plössen. 1931 folgt dann das „Ehrenbürgerrecht“ der Gemeinde Ramlesreuth.
Am 12. September 2021 gedenken die Mockersdorfer des 75. Todestags von Joseph Weigert. Das Jubiläum ist verbunden mit der Herausgabe einer Gedenkschrift des 2007 gegründeten Kulturvereins 1794 e.V. und der Stadt Neustadt am Kulm über Leben und Wirken des „Bauernpfarrers“.
Gedenkstein für Pfarrer Joseph Weigert in Mockersdorf Juli 2022. Foto: Walter Stabla
Sekundärliteratur:
https://de.wikipedia.org/wiki/Dichterpfarrer, (07.08.2022).
https://de.wikipedia.org/wiki/Mockersdorf, (07.08.2022).
Baron, Bernhard M. (2022): Der Dichterpfarrer Joseph Weigert (1870-1948). In: HEIMAT – Landkreis Tirschenreuth. Beiträge zur Geschichte unserer Heimat zwischen Fichtelgebirge und Böhmerwald Bd. 34, hg. vom Landkreis Tirschenreuth i. Z. mit der VHS. Pressath, S. 148-151.
Kirchinger, Johann (2008): Pfarrer Joseph Weigert (1870-1945). Vom Landseelsorger zum „Bauernpfarrer“. In: Trenner, Florian (Hg.): Diener im Weinberg des Herrn. Priesterpersönlichkeiten aus zwölf Diözesen. Klerusblatt-Verlag, München.
Schultes, Georg (1988/2002): div. Kurzbeiträge in den Kemnather Heimatboten 8 und 22.
Weichslgartner, Alois J. (1966): Joseph Weigert. Ein Leben für das Dorf. Bayerischer Landwirtschaftsverlag GmbH, München.
Ders. (2004): Joseph Weigert (14.7.1870 – 9.9.1946), Pfarrer, Bauer und Schriftsteller. In: Schweiggert, Alfons; Macher, Hannes S. (Hg.): Autoren und Autorinnen in Bayern. 20. Jahrhundert. Bayerland Verlag, Dachau, S. 61f.
Externe Links:
Literatur von Joseph Weigert im BVB
Ein Schriftsteller, der im Hauptberuf als evangelischer oder katholischer Pfarrer tätig ist, wird im Allgemeinen als „Dichterpfarrer“ bezeichnet – auch wenn die literarische Produktion von Dichterpfarrern in einem Zusammenhang zur seelsorgerischen Tätigkeit oder zur religiösen Volksliteratur zählt. In die große namhafte Schar, zu der u.a. Paul Gerhardt (1607-1676), Gustav Schwab (1792-1850), Eduard Mörike (1804-1875) oder Albrecht Goes (1908-2000) zählen, gehört wohl auch der langjährige Mockersdorfer Pfarrer, Bauer und Schriftsteller Joseph Weigert.
Joseph Weigert, geboren am 14. Juli 1870 in Kelheim als Sohn eines Glasermeisters, besucht das humanistische Gymnasium bei den Benediktinern in Metten und tritt nach dem Abitur in das Regensburger Priesterseminar ein. Seine Priesterweihe erfolgt am 16. Juni 1895 im Regensburger Dom. Es folgen Jahre als Kooperator in Schwarzach bei Nabburg, Lindkirchen in der Hallertau, Burglengenfeld sowie in Tirschenreuth.
Von Oktober 1900 bis Oktober 1931 wirkt Joseph Weigert als römisch-katholischer Pfarrer in der filialreichen Pfarrei St. Michael der damals selbstständigen Gemeinde Mockersdorf am Rauhen Kulm in der Nähe von Kemnath (seit Juli 1972 Lkr. Neustadt a.d. Waldnaab) und bewirtschaftet mit drei Dienstboten den größten Teil der Wiesen und Felder der Pfarrgründe. Die Leitung der verantwortungsvollen „Pfarrökonomie“ trägt ihm letztlich den Ehrentitel „der Bauernpfarrer“ ein. Noch heute ist übrigens Mockersdorf – das zu den Urpfarreien der Oberpfalz zählt – eine eigene Pfarrei.
Nach seinem langjährigen Wirken mit dem „Doppelberuf“ Pfarrer und Bauer sehen wir ihn bis 1939 als Pfarrer in Sarching bei Donaustauf, wo er im Alter von fast 70 Jahren in den Ruhestand geht, den er – bis zu seinem Tod am 9. September 1946 – im Gäubodendorf Großenpinning bei Landau an der Isar verbringt.
In der Zeit seines geistigen Wirkens in Mockersdorf hat Weigert trotz seiner vielfältigen seelsorgerischen und landwirtschaftlichen Arbeit noch Zeit für die Herausgabe von dreizehn Büchern.
1915 erscheint Das Dorf entlang. Ein Buch vom deutschen Bauerntum, das bis 1923 in mehreren Auflagen nachgedruckt wird. Weitere Bücher ergänzen und erweitern diesen Themenbereich, so etwa Die Volksbildung auf dem Lande (1922), Religiöse Volkskunde (1924), Des Volkes Denken und Reden (1925), Untergang der Dorfkultur? (1930), Die weibliche Jugend auf dem Lande (1931), Von Beruf und Leben auf dem Lande (1931) und schließlich Die Ernte. Eine Würdigung der Bauernarbeit (1934). Vorangegangen ist sein erzählerisches Werk Deutsche Volksschwänke des 16. Jahrhunderts (1909) sowie Beim Kienspan. Die Lebensanschauung des Volkes aus seinem Munde (1922). Zu seinen belletristischen Publikationen zählen außerdem diverse Kurzgeschichten, Anekdoten, Plaudereien und Radiohörspiele.
„In seinen literarischen Arbeiten stellt Joseph Weigert dar, was im frühen 20. Jahrhundert vom altbayerischen Leben auf dem Lande zu überlieferten Bräuchen, Traditionen und Anschauungen noch nicht vergessen war. Sein Anliegen war es, das Landvolk solle über seine wirtschaftlichen Nöte und Interessen die kulturellen und seelischen Werte nicht hintanstellen oder vergessen“, so Alois J. Weichslgartner. Doch als Joseph Weigert 1946 stirbt, beginnt allmählich der große Umbruch in der Landwirtschaft und im Alltagsleben, der das bisherige Dorfleben radikal verändert.
Joseph Weigerts literarisches Wirken wird mehrfach gewürdigt und ausgezeichnet, 1917 verleiht ihm König Ludwig III. das „König-Ludwig-Kreuz“, 1925 erhält Joseph Weigert das „Ehrenbürgerrecht“ der Gemeinden Mockersdorf und Plössen. 1931 folgt dann das „Ehrenbürgerrecht“ der Gemeinde Ramlesreuth.
Am 12. September 2021 gedenken die Mockersdorfer des 75. Todestags von Joseph Weigert. Das Jubiläum ist verbunden mit der Herausgabe einer Gedenkschrift des 2007 gegründeten Kulturvereins 1794 e.V. und der Stadt Neustadt am Kulm über Leben und Wirken des „Bauernpfarrers“.
Gedenkstein für Pfarrer Joseph Weigert in Mockersdorf Juli 2022. Foto: Walter Stabla
https://de.wikipedia.org/wiki/Dichterpfarrer, (07.08.2022).
https://de.wikipedia.org/wiki/Mockersdorf, (07.08.2022).
Baron, Bernhard M. (2022): Der Dichterpfarrer Joseph Weigert (1870-1948). In: HEIMAT – Landkreis Tirschenreuth. Beiträge zur Geschichte unserer Heimat zwischen Fichtelgebirge und Böhmerwald Bd. 34, hg. vom Landkreis Tirschenreuth i. Z. mit der VHS. Pressath, S. 148-151.
Kirchinger, Johann (2008): Pfarrer Joseph Weigert (1870-1945). Vom Landseelsorger zum „Bauernpfarrer“. In: Trenner, Florian (Hg.): Diener im Weinberg des Herrn. Priesterpersönlichkeiten aus zwölf Diözesen. Klerusblatt-Verlag, München.
Schultes, Georg (1988/2002): div. Kurzbeiträge in den Kemnather Heimatboten 8 und 22.
Weichslgartner, Alois J. (1966): Joseph Weigert. Ein Leben für das Dorf. Bayerischer Landwirtschaftsverlag GmbH, München.
Ders. (2004): Joseph Weigert (14.7.1870 – 9.9.1946), Pfarrer, Bauer und Schriftsteller. In: Schweiggert, Alfons; Macher, Hannes S. (Hg.): Autoren und Autorinnen in Bayern. 20. Jahrhundert. Bayerland Verlag, Dachau, S. 61f.