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Geb.: 3. 4.1883 in Tittmoning
Gest.: 21.4.1931 in München

Ludwig Leitl

Ludwig Leitl wird in Tittmoning als ältester Sohn des Elektromonteurs Ludwig Leitl, der aus einer alten Müllersfamilie stammt, und seiner Frau Amalie, geb. Gstattenbauer, in der Gstattenbauer-Mühle geboren. Nicht von ungefähr also spielt eine Mühle eine tragende Rolle in Leitls frühem Roman Jakob Murr.

Im Alter von neun Jahren kommt er nach Neuötting und besucht später das Gymnasium in Burghausen. 1900 beginnt er ein Privatstudium der Pädagogik in München, bevor er ein Jahr darauf als Beamtenanwärter in den Dienst der Bayerischen Post tritt.

1910 heiratet er Friederike (Frieda) Müller, die sieben Jahre ältere Tochter eines Dingolfinger Fotografen. Von 1915 bis zu Leitls Tod lebt das Ehepaar in der Agnesstraße 48/1 in Schwabing.

In Hans Buchner, dem Direktor und Mitinhaber der Münchener Zeitung, findet er 1912 einen lebenslangen Förderer. Leitl blickt in einem Beitrag zu einer Ehrennummer der Zeitschau 1930 selbstironisch auf seine Anfänge zurück: „Hingerissen von der Güte meines neuen Gönners brachte ich ihm in kurzen Abständen, als ob ich nicht mit Hirn und Händen, sondern mit der Wurstspritze arbeitete, weltbewegende Dramen, Romane, Lustspiele etc.“ Zunächst noch widerstrebend folgt er schließlich dem hartnäckigen Rat seines Mentors, sich auf die wahre Stärke seiner Begabung, die Darstellung des ländlichen Milieus seiner Heimat, zu besinnen.

Leitls Geburtshaus am rechten Bildrand mit ehemaliger Gstattenbauer-Mühle unterhalb der Burg Tittmoning, c/o Manfred Liebl

In rascher Folge erscheinen nun die in der Region zwischen Salzach und Inn angesiedelten Bauernromane: Der Brunnhofer (1925), Jakob Murr (1926, später auch in einer Bearbeitung als Theaterstück von Max Ferner), Der Hocheder (1927) und zuletzt Der Zaglerhof: Ein Bauernroman aus unseren Tagen (1931).[1] 1928 und 1929 publiziert er die  Zeitungsromane Das andere Gesicht und Hinter den Kulissen der Zeit, die nicht im bäuerlichen Milieu spielen. Die Kritiker sehen Leitl bald anerkennend als Nachfolger des Ludwig Thoma der Romane Andreas Vöst, Der Wittiber und Der Ruepp.

Leitl aber ist der ständigen Spannung zwischen seinem Brotberuf als Oberpostsekretär und der Berufung zum Schriftsteller physisch nicht gewachsen. Er wird vorzeitig pensioniert und stirbt mit kaum 48 Jahren, gerade als sich endlich dauerhafter literarischer Erfolg und öffentliche Anerkennung einstellen.

Wenn Aloys Dreyer in seiner Autobiografie Leitls Jakob Murr als „allzu realistisch“ bezeichnet, wird er der Problematik des Werks wenig gerecht. Die Handlung, die, wie der allwissende Erzähler wiederholt durchblicken lässt, auf ein Gottesgericht zusteuert, das dafür Sorge trägt, dass sich die bösen Taten des Titelhelden noch auf Erden rächen, weist zumindest in ihrer gelegentlichen Schauerdramatik eher einen Mangel an Realismus auf. Ausführliche Exkurse zu bäuerlichem Brauchtum, die der Handlung angeheftet sind, tragen ein Übriges dazu bei, dass Leitls unbestreitbare Stärken z.B. in den Dialogen, der Figurenzeichnung und der Milieuschilderung, in diesem Werk noch etwas ins Hintertreffen geraten. Die folgenden Romane, insbesondere sein letztes Werk, Der Zaglerhof. Ein Bauernroman aus unseren Tagen, zeigen zunehmende Gewandtheit in der Beherrschung des schriftstellerischen Handwerks. Wie Paul Wertheimer in seiner Besprechung für die Wiener Neue Freie Presse vom Juli 1931 hervorhebt, ist der kurze Roman über den exemplarischen Niedergang eines Großbauern „stark gefügt [...] mit geschauten Figuren, voller Einblicke in eine mit Gefahren für uns alle jetzt heftig bedrängte Sphäre.“

Einflussreiche Münchner Freunde und Förderer, darunter der Sprachwissenschaftler Otto Mausser und der Verleger Maximilian Fleischmann lassen ein Jahr nach Leitls Tod in seinem Geburtsort Tittmoning am Laufener Tor ein Denkmal errichten, das der Münchner Bildhauer Richard Miller gefertigt hat. Mit Ausnahme des fehlenden Terrakottakopfs des Schriftstellers, der ursprünglich über der Texttafel angebracht war, ist es bis heute unversehrt erhalten geblieben. War Mausser aber 1932 noch zuversichtlich, dass Ludwig Leitl ein „wirklich Lebendiger bleiben [wird] in der deutschen Leserwelt“, so scheint er heute selbst in seiner Heimatstadt völlig in Vergessenheit geraten zu sein.[2]

c/o Manfred Liebl

 

[1] Die Handschriftenabteilung der Monacensia besitzt die Manuskriptfassungen von Leitls Bauernromanen, die Einblicke in seinen Schaffensprozess gewähren.

[2] Die Homepage der Stadt Tittmoning erwähnt ihn mit keiner Silbe, die örtliche Bibliothek weist keines seiner Werke auf.

 

Der Verfasser dankt dem Stadtarchiv München, der Monacensia und Walter Hettche für Unterstützung bei der biografischen Recherche.

Verfasst von: Harald Beck / Bayerische Staatsbibliothek

Sekundärliteratur:

Hartmann, Heinrich (1957): Ludwig Leitl. Postbeamter und Heimatdichter. In: Archiv für Postgeschichte in Bayern, S. 158-161.

Leitl, Ludwig (1930): Wie ich Heimatschriftsteller wurde. In: Zeitschau, Nr. 4/5, S. 3f.

Mausser, Otto (1932): Der Dichter des Salzgaues. Ludwig Leitl zum Gedächtnis. In: Zeitschau, Nr. 6/7, S. 1f.

Thomas, Karl [Ps. für Maximilian Fleischmann] (1932): Aus der Chronik der Familie Ludwig Leitls. In: Zeitschau, Nr. 6/7, S. 2.


Externe Links:

Literatur von Ludwig Leitl im BVB