Georg Henisch
Der Sohn eines Syndikus studiert nach der Gymnasialzeit in Linz an den Universitäten in Wittenberg (ab 1566), Leipzig (ab 1570), Paris und Basel (ab 1573). 1575 führt sein Weg nach Augsburg, wo er, zunächst auf Probe, am Gymnasium bei St. Anna Arithmetik und Geometrie unterrichtet, bevor er dort ein Jahr darauf, 1576, auf Empfehlung des Rektors Hieronymus Wolf eine Festanstellung als Lehrer für Logik und Mathematik, später auch für Hebräisch, Latein, Griechisch, Rhetorik und Dialektik erhält. Ebenfalls 1576 wird er in Basel zum Doktor der Medizin promoviert und übt daraufhin in Augsburg neben dem Schuldienst 40 Jahre lang eine angesehene ärztliche Praxis aus; zwischen 1592 und 1612 fungiert er viermal als Dekan des Collegium Medicum Augustanum, der medizinischen Aufsichtsbehörde der Reichsstadt. Nach Wolfs Tod wird ihm 1581 gemeinsam mit seinem Schulkollegen Simon Fabricius (später mit David Hoeschel) die Leitung des Gymnasiums übertragen. In dieser Funktion obliegt ihm auch die Führung der Stadtbibliothek, die er 1593 an David Hoeschel übergibt; 1600 veröffentlicht er mit einem Bestandsverzeichnis der reichsstädtischen Büchersammlung mit Index den ältesten Druckkatalog einer öffentlichen Bibliothek (Bibliothecae Inclytae Reipub. Augustanae utriusque Tum Graecae Tum Latinae Librorum & impressorum & manu exaratorum Catalogus). Von 1576 bis 1619 erstellt er aufgrund eigener Beobachtungen zudem den offiziellen astronomischen Kalender für die Stadt. Er gehört dem späthumanistischen Kreis um den Stadtpfleger Markus Welser an, für dessen Verlag „Ad insigne pinus“ er antike Werke ediert.
Trotz seiner beruflichen Beanspruchung entwickelt Henisch über alle Jahre hinweg eine rege wissenschaftliche Publikationstätigkeit. Er verfasst Bücher über Rhetorik, Mathematik, Astronomie, Didaktik und Geographie; eines seiner Werke erfährt sogar eine zeitgenössische Übersetzung ins Englische (The principles of geometry, astronomie and geographie, London 1591). Auch medizinisches Wissen verbreitet er in Druckwerken (Enchiridion medicinae, 1573), weiterhin ediert und kommentiert er Manuskripte des antiken Arztes Aretaios und übersetzt Schriften des Pariser Arztes Antoine Mizauld (Artztbüchlin: Neuwe unnd wunderbare weiß begreiffend, wie man allerhand frücht, gärten kreuter, wurtzel, beer und trauben artznen soll, daß man dieselb zum purgieren möge brauchen, 1574). Sein wichtigstes Werk ist ein deutsches Wörterbuch (Teütsche Sprach und Weißheit, 1616), das aber unvollendet bleibt (nur bis Buchstabe G). Zu jedem Ausdruck vermerkt er nach Möglichkeit seine etymologische Herkunft, nennt Redewendungen oder Sprichwörter sowie Synonyme, Gegenbegriffe u.a. und bietet Übersetzungen in meist neun bis zehn Fremdsprachen. Im Vorwort bekundet er seine Liebe zur deutschen Sprache, der er im Sinne der „translatio imperii“ eine führende Rolle zuerkennt.
Sekundärliteratur:
Franck, Jakob. In: ADB 11 (1880), S. 750f. URL: https://www.deutsche-biographie.de/gnd116702052.html#adbcontent, (05.06.2024).
Radlkofer, Max (1893): Die humanistischen Bestrebungen der Augsburger Ärzte im 16. Jahrhundert. In: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben 20, S. 47-52.
Schmidbauer, Richard (1963): Die Augsburger Stadtbibliothekare durch vier Jahrhunderte. Augsburg, S. 87-100.
Spring, Siegfried (1986): Georg Henisch 1549-1818. Arzt, Mathematiker, Gräzist, Professor am Gymnasium bei St. Anna in Augsburg. In: Lebensbilder aus dem Bayerischen Schwaben, Bd. 13. Weißenhorn, S. 90-117.
Lenk, Leonhard. In: NDB 8 (1969), S. 524f. URL: https://www.deutsche-biographie.de/gnd116702052.html#ndbcontent, (05.06.2024).
Zäh, Helmut (2006): Vom Augsburger Religionsfrieden bis zur Gründung des Annakollegs. In: Das Gymnasium bei St. Anna in Augsburg. 475 Jahre von 1531 bis 2006. Hg. von Karl-August Keil. Augsburg, S. 30-52.
Nachdrucke:
Georg Henisch: Teütsche Sprach und Weißheit. Thesaurus linguae et sapientiae Germanicae. Nachdr. der Ausgabe Augsburg 1616. Hildesheim u.a. 1973.
Bibliographie:
Kämper, Heidrun (2001): Einführung und Bibliographie zu Georg Henisch, Teütsche Sprach vnd Weißheit. In: Deutsche Wörterbücher des 17. und 18. Jahrhunderts. Hg. von Helmut Henne. Hildesheim u.a., S. 39-73.
Externe Links:
Literatur von Georg Henisch im BVB
Literatur über Georg Henisch im BVB
Biobibliographisches Handbuch der Kalendermacher von 1550 bis 1750
Der Sohn eines Syndikus studiert nach der Gymnasialzeit in Linz an den Universitäten in Wittenberg (ab 1566), Leipzig (ab 1570), Paris und Basel (ab 1573). 1575 führt sein Weg nach Augsburg, wo er, zunächst auf Probe, am Gymnasium bei St. Anna Arithmetik und Geometrie unterrichtet, bevor er dort ein Jahr darauf, 1576, auf Empfehlung des Rektors Hieronymus Wolf eine Festanstellung als Lehrer für Logik und Mathematik, später auch für Hebräisch, Latein, Griechisch, Rhetorik und Dialektik erhält. Ebenfalls 1576 wird er in Basel zum Doktor der Medizin promoviert und übt daraufhin in Augsburg neben dem Schuldienst 40 Jahre lang eine angesehene ärztliche Praxis aus; zwischen 1592 und 1612 fungiert er viermal als Dekan des Collegium Medicum Augustanum, der medizinischen Aufsichtsbehörde der Reichsstadt. Nach Wolfs Tod wird ihm 1581 gemeinsam mit seinem Schulkollegen Simon Fabricius (später mit David Hoeschel) die Leitung des Gymnasiums übertragen. In dieser Funktion obliegt ihm auch die Führung der Stadtbibliothek, die er 1593 an David Hoeschel übergibt; 1600 veröffentlicht er mit einem Bestandsverzeichnis der reichsstädtischen Büchersammlung mit Index den ältesten Druckkatalog einer öffentlichen Bibliothek (Bibliothecae Inclytae Reipub. Augustanae utriusque Tum Graecae Tum Latinae Librorum & impressorum & manu exaratorum Catalogus). Von 1576 bis 1619 erstellt er aufgrund eigener Beobachtungen zudem den offiziellen astronomischen Kalender für die Stadt. Er gehört dem späthumanistischen Kreis um den Stadtpfleger Markus Welser an, für dessen Verlag „Ad insigne pinus“ er antike Werke ediert.
Trotz seiner beruflichen Beanspruchung entwickelt Henisch über alle Jahre hinweg eine rege wissenschaftliche Publikationstätigkeit. Er verfasst Bücher über Rhetorik, Mathematik, Astronomie, Didaktik und Geographie; eines seiner Werke erfährt sogar eine zeitgenössische Übersetzung ins Englische (The principles of geometry, astronomie and geographie, London 1591). Auch medizinisches Wissen verbreitet er in Druckwerken (Enchiridion medicinae, 1573), weiterhin ediert und kommentiert er Manuskripte des antiken Arztes Aretaios und übersetzt Schriften des Pariser Arztes Antoine Mizauld (Artztbüchlin: Neuwe unnd wunderbare weiß begreiffend, wie man allerhand frücht, gärten kreuter, wurtzel, beer und trauben artznen soll, daß man dieselb zum purgieren möge brauchen, 1574). Sein wichtigstes Werk ist ein deutsches Wörterbuch (Teütsche Sprach und Weißheit, 1616), das aber unvollendet bleibt (nur bis Buchstabe G). Zu jedem Ausdruck vermerkt er nach Möglichkeit seine etymologische Herkunft, nennt Redewendungen oder Sprichwörter sowie Synonyme, Gegenbegriffe u.a. und bietet Übersetzungen in meist neun bis zehn Fremdsprachen. Im Vorwort bekundet er seine Liebe zur deutschen Sprache, der er im Sinne der „translatio imperii“ eine führende Rolle zuerkennt.
Franck, Jakob. In: ADB 11 (1880), S. 750f. URL: https://www.deutsche-biographie.de/gnd116702052.html#adbcontent, (05.06.2024).
Radlkofer, Max (1893): Die humanistischen Bestrebungen der Augsburger Ärzte im 16. Jahrhundert. In: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben 20, S. 47-52.
Schmidbauer, Richard (1963): Die Augsburger Stadtbibliothekare durch vier Jahrhunderte. Augsburg, S. 87-100.
Spring, Siegfried (1986): Georg Henisch 1549-1818. Arzt, Mathematiker, Gräzist, Professor am Gymnasium bei St. Anna in Augsburg. In: Lebensbilder aus dem Bayerischen Schwaben, Bd. 13. Weißenhorn, S. 90-117.
Lenk, Leonhard. In: NDB 8 (1969), S. 524f. URL: https://www.deutsche-biographie.de/gnd116702052.html#ndbcontent, (05.06.2024).
Zäh, Helmut (2006): Vom Augsburger Religionsfrieden bis zur Gründung des Annakollegs. In: Das Gymnasium bei St. Anna in Augsburg. 475 Jahre von 1531 bis 2006. Hg. von Karl-August Keil. Augsburg, S. 30-52.
Nachdrucke:
Georg Henisch: Teütsche Sprach und Weißheit. Thesaurus linguae et sapientiae Germanicae. Nachdr. der Ausgabe Augsburg 1616. Hildesheim u.a. 1973.
Bibliographie:
Kämper, Heidrun (2001): Einführung und Bibliographie zu Georg Henisch, Teütsche Sprach vnd Weißheit. In: Deutsche Wörterbücher des 17. und 18. Jahrhunderts. Hg. von Helmut Henne. Hildesheim u.a., S. 39-73.