Info
Geb.: 19. 2.1752 in Pressath
Gest.: 17.5.1809 in Landshut
Kupferstich in Punktiermanier 1807 nach einer Zeichnung (Bayerische Staatsbibliothek/Porträtsammlung)
Titel: Prof. Dr.
Namensvarianten: Yori(c)k (Pseud.)

Georg Alois Dietl

Der Sohn eines Wundarztes und Baders besucht das Amberger Jesuitengymnasium, wo der fortschrittliche Lehrer Joseph Schenkl sein Interesse an der zeitgenössischen deutschen Literatur des protestantischen Nordens weckt. 1772 tritt er in die Gesellschaft Jesu ein. Als der Orden nur ein Jahr später von Papst Clemens XIV. aufgehoben wird, nimmt er seine Studien wieder auf, zunächst am kurfürstlichen Lyzeum in Amberg, dann 1774 -77 an der Universität Ingolstadt, wo er überwiegend theologische Vorlesungen bei aufklärungsfreundlichen Fachvertretern, darunter Joseph Maximilian Wibmer, Wolfgang Schmitt und Johann Adam Weishaupt, hört.

Nach seiner Priesterweihe findet Dietl 1777 zunächst Beschäftigung als Hofmeister in München, bevor er 1779-81 als Kaplan in Ebnath und 1781-84 als Kurat im niederösterreichischen Wallfahrtsort Maria Taferl wirkt, wo er sich offen zu den Kirchen- und Klosterreformen Josephs II. bekennt. 1784 folgt er dem Angebot des kurbayerischen Beamten Joseph von Chlingensperg, eine Pfarrstelle in seiner Hofmark Berg bei Landshut zu übernehmen. Dort geht er als Seelsorger und „Volkslehrer“ voller Eifer daran, der ländlichen Bevölkerung das wahre Christentum nahe zu bringen. Unablässig erhebt er seine Stimme gegen kirchliche Dogmen, gegen kritiklos übernommene Traditionen, gegen eine veräußerlichte Religion und weist demgegenüber den Weg zu einer neuen Christusfrömmigkeit.

Mit den Predigten an seine Pfarrgemeinde (1786) tritt Dietl erstmals als Schriftsteller an die Öffentlichkeit, die in betont schlichter Sprache eine christliche Sittenlehre für die ländliche Bevölkerung bieten. Literarische Bekanntheit erlangt er besonders mit der Veröffentlichung seiner (vorgeblich) an Chlingensperg gerichteten Briefe, den Vertrauten Briefen eines Geistlichen in Baiern an seinen Freund (1786) und den Freundschäftlichen Briefen (1790), die neben ironischen Selbstmitteilungen, humorvollen Porträts von Bekannten und empfindsam-lyrischen Naturschilderungen v.a. auch hellsichtige Kommentare zu (kirchen-)politischen, kulturellen und religiös-moralischen Fragen der Zeit enthalten. Mit dem Pseudonym „Yori(c)k“, das er als Briefautor benützt, stellt er sich bewusst in die Nachfolge seiner literarischen Leitfigur Laurence Sterne, dessen Verbindung von Witz und Empfindung er produktiv rezipiert. In der Maske des „Yori(c)k“ betreibt er nicht nur ein vielschichtiges, durchaus zeitspezifisches Spiel mit der Vermischung von Realität und Fiktion, sie bietet ihm auch eine Möglichkeit zur Selbstdistanzierung und – mehr noch – zur Entlastung von heiklen Gegenständen (Wilhelm Haefs). Trotzdem werden die Texte in Kurbayern wegen der oft freimütigen Kritik an Zölibat, Mönchswesen, katholischer Schultheologie und institutioneller Verkrustung 1790 von der Zensur verboten. Zudem muss sich Dietl, als Illuminat verdächtigt, auf Veranlassung des Hofpredigers Ignaz Frank mehrfach vor kurfürstlichen und bischöflichen Kommissionen verantworten.

Hingegen wird er in der gelehrten Öffentlichkeit als Repräsentant des aufklärerischen Reformkatholizismus in Kurbayern gefeiert. In wichtigen Rezensionsorganen wie der Oberdeutschen allgemeinen Litteraturzeitung erscheinen positive Besprechungen, die seine Schriften als Indikator des kulturellen Fortschritts preisen. Der Moral- und Pastoraltheologe Johann Michael Sailer, der „bayerische Kirchenvater“, empfiehlt sein Werk, dem er „Klarheit für den Verstand, und Eindringlichkeit für das Gemüth“ zuerkennt, sogar ausdrücklich seinem Freundes- und Schülerkreis.

Unter Kurfürst Max IV. Joseph wird Dietl schließlich eine ehrenvolle Rehabilitierung zuteil: Der Ernennung zum Inspektor der deutschen und lateinischen Schulen in Landshut (1799) und zum Kurfürstlichen Geistlichen Rat folgt 1801 die Berufung als Professor der Ästhetik und lateinischen Philologie an der Universität Landshut; im selben Jahr wird er mit seiner Antrittsrede Die schönen Künste und Wissenschaften bilden zur Humanität zum Doktor der Philosophie und Theologie promoviert. 1803 erhält er zusätzlich die Stelle des Stadtpfarrers von St. Martin. Mit der Wahl zum Dekan (1803/04) und zum Direktor der Philologisch-ästhetischen Sektion (1807/08) findet sein universitäres Wirken eine öffentliche Anerkennung.

Unablässig hat Georg Alois Dietl versucht, der Geistes- und Kulturbewegung der Aufklärung, dem ‚Zeitalter des Lichts‘, wie sich der Begriff metaphorisch umschreiben lässt, Raum und Geltung zu verschaffen. Anlässlich einer akademischen Dankfeier an der Universität Landshut hält Dietl 1802 eine Festrede, in deren Motto „Fiat lux“ zugleich auch das Leitmotiv seines Wirkens anklingt. Mit Vehemenz, mit Temperament und Witz huldigt er darin dem Genius der Aufklärung, die er zum Fortschrittsmotor erklärt, um das „Reich des Aberglaubens“ zu zerstören.

Verfasst von: Manfred Knedlik

Sekundärliteratur:

Haefs, Wilhelm (2002): Georg Alois Dietl und die Literatur der Spätaufklärung in Bayern. In: Knedlik, Manfred (2002) (Hg.): Georg Alois Dietl (1752-1809). Zur bayerischen Literatur der Spätaufklärung. Pressath, S. 45-62.

Ders. (2006): Reformkatholizismus und Komödien der Religion. Katholische Aufklärung als Gegenstand literaturwissenschaftlicher Forschung. In: Feilchenfeldt, Konrad u.a. (Hg.): Zwischen Aufklärung und Romantik. FS für Roger Paulin. Würzburg, S. 255-288.

Knedlik, Manfred (2002) (Hg.): Georg Alois Dietl (1752-1809). Zur bayerischen Literatur der Spätaufklärung. Pressath.

Ders. (2019): Georg Alois Dietl (1752-1809). Aufgeklärter Seelsorger, Schriftsteller und Hochschullehrer. In: 175 Jahre Stadt Pressath. Pressath, S. 30-37.

Westermayer, Georg (1877): Georg Alois Dietl. In: ADB 5, S. 171. URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz9992.html, (06.04.2020).


Externe Links:

Literatur von Georg Alois Dietl im BVB

Literatur über Georg Alois Dietl im BVB

Anton Drex(e)l: Rede zum Andenken an Georg Alois Dietl ...

Gallerie denkwürdiger Baiern (München 1807)

Georg Alois Dietl in der Wikipedia