Gerhard Kukofka
Der gebürtige Oberschlesier Gerhard Kukofka besucht in seiner Heimatstadt Beuthen das Staatliche Realgymnasium und ab 1937 die Universität Breslau, wo er katholische Theologie, Philosophie, Germanistik und Kunstgeschichte studiert. Da sein Dissertationsthema „Die Mappe meines Urgroßvaters als Seelenroman Adalbert Stifters“ 1940 abgelehnt wird, bricht Gerhard Kukofka sein Studium ab und ist bis zur Einberufung zur Wehrmacht (1943) als Buchhändler tätig. Bereits in den 1940er-Jahren erscheinen – unter dem Pseudonym „Gerhard Kuckhoff“ – in verschiedenen schlesischen Anthologien Gedichte („Eichendorff“, „Schlesien – Ruhm der Heimat“, „Wahlstatt 1241“, „Wegbereitschaft“). Als nur „arbeits-verwendungsfähig“ kommt Kukofka, der schon in seiner Kindheit einen Herzschaden erlitten hat, zu den „Landesschützen“ und wird Kompanieschreiber beim Festungsversorgungsbataillon Breslau. 1943 gründet er in Breslau eine Ortsgruppe des Wiener Adalbert-Stifter-Vereins, kurz darauf – auf Ersuchen des Schriftstellers Willibald Köhler – eine Ortsgruppe der Deutschen Eichendorff-Stiftung. Eichendorff und Stifter sind Kukofkas literarische Vorbilder und „Wahlverwandten“.
1945 kommt Gerhard Kukofka bei der Eroberung Breslaus durch die russische Armee ins russische Kriegsgefangenenlager Breslau-Hundsfeld. An diese Zeit erinnern zwei Gedichte („Das zerstörte Breslau“, „Die Kirche St. Matthias im Festungsfeuer“), die ebenfalls wieder unter dem Pseudonym „Gerhard Kuckhoff“ – zusammen mit Texten von Günter Eich, Heinz Friedrich, Thilo Koch und Wolfgang Lohmeyer – in Hans Werner Richters richtungsweisender Anthologie Deine Söhne Europa. Gedichte deutscher Kriegsgefangener (1947, Neuaufl. 1982) erscheinen.
Nach frühzeitiger (gesundheitlicher) Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft Ende 1945 kommt Gerhard Kukofka nach Bayern. Auch andere Beuthener, so den in Landshut aufgewachsenen Maler-Poeten Reiner Zimnik oder den in Coburg arbeitenden Literaturhistoriker Dr. Arno Lubos, verschlägt es dorthin.
In der Donau- und Bischofsstadt Regensburg – seiner „zweiten Heimat“ – ist der oberschlesische Heimatdichter und Schriftsteller zunächst ab 1946 als Journalist für die Mittelbayerische Zeitung tätig, später leitetet er noch die Volksbücherei Regensburg. 1958 wird er als Lektor beim Pustet-Verlag eingestellt, wo er die „schöngeistige Abteilung“ aufbaut. In Regensburg gehört Gerhard Kukofka bald der Schriftstellerrunde „Der grüne Kranz“ an. Ab 1950 besucht er außerdem regelmäßig die Veranstaltungen des Wangener Kreises – Gesellschaft für Literatur und Kunst des Ostens in Wangen im Allgäu. Aktiv wirkt Kukofka auch beim Aufbau des dortigen Eichendorff-Museums, des Gustav-Freytag-Archivs und des Hermann-Stehr-Archivs mit.
An sein dichterisches Vorbild, „An Eichendorff“ (1953), sind diese Verse gerichtet: „Laß uns mit Deinen Augen wieder / Die Welt als Gottes Wunder sehn / Und tief ins Traumland Deiner Lieder, / Wenn Leid uns heimsucht, singend gehn!“ Und in dem Gedicht „Deine Ferien“ heißt es u.a.: „Hinter den Häusern der Mühe / Liegt noch ein heimliches Land / Still wie im Tauglanz der Frühe, / Rein aus der göttlichen Hand.“ Aber auch seine neue Heimat verewigt Gerhard Kukofka in Gedichtform („Im Hof des fürstlichen Schlosses“, 1951): „Manchmal tritt der alte Fürst gelassen / in den Hof, und Dienerhände fahren / an den Dreispitz wie vor vierzig Jahren. / Und die Fremden schweigen mit Respekt.“
Der feinsinnige und tiefreligiöse Autor, der Dichter der Stille und der Betrachtung, veröffentlicht als „Bruder Hilarius“ Dreist und gottesfürchtig. Glossen und Betrachtungen (1965), die an den Prediger Abraham a Sancta Clara erinnern. Unter seinem richtigen Namen erscheint Frohe Zeit in Schlesien. Erzählungen und Gedichte (1966) sowie Ein Leben. Gedichte und Prosa mit einem Nachwort des befreundeten Literaturwissenschaftlers Dr. Alois Maria Kosler (1971). In zahlreichen Anthologien, Lese- und Jahrbüchern (Lied der Welt, Und die Welt hebt an zu singen, Du Land meiner Kindheit, Aurora. Eichendorff-Almanach) ist Gerhard Kukofka mit Prosa und Lyrik vertreten.
Bei Die letzten Dinge und Alte Wahrheit neu gelebt. Katholizismus in unserer Zeit (beide 1960) tritt er neben Peter Schindler und Wilhelm Friese als Mitautor auf. Bereits 1951 hat Kukofka (zusammen mit Heinz Schauwecker und Anton Schreiegg) im Auftrag des Oberpfälzer Kulturbundes die Anthologie oberpfälzisch-egerländischer Lyrik Kranwitt ediert. 1968 erscheint der erste Regensburger Almanach, und Gerhard Kukofka ist einer der namhaften Autoren.
„Kukofka gelingt es“, so der Literaturwissenschaftler Dr. Alois Maria Kosler, „alltägliche Geschehnisse zu einer Geschichte zu runden und diesen winzigen Ausschnitt aus dem Leben so durchsichtig zu machen, dass man eine viel größere, weitere Bedeutung zu erkennen meint, einen Hintergrund, der sich gewissermaßen in große Fernen öffnet.“ Eine notwendige Herzoperation übersteht Kukofka indes nicht, sonst wäre vielleicht, so Kosler weiter, „ein kleines Welttheater zu erwarten gewesen“.
Sekundärliteratur:
Aurora (1953). Eichendorff-Almanach (Jahresgabe der Eichendorff-Stiftung). Bd. 13. Neumarkt, S. 76.
Baron, Bernhard M. (2017): Gerhard Kukofka. Ein Oberschlesier in Regensburg. In: Eichendorff-Hefte/Zeszyty Eichendorffa 59, hg. von dem Oberschlesischen Eichendorff-Kultur- und Begegnungszentrum, Lubowitz/Lubowice (Polen/Polska), S. 4-13.
Dünninger, Eberhard (1995): Regensburg. Das Bild der Stadt im Wandel der Jahrhunderte. Amberg, S. 98.
Lubos, Arno (1967): Geschichte der Literatur Schlesiens. Bd. 2. München, S. 240.
Externe Links:
Der gebürtige Oberschlesier Gerhard Kukofka besucht in seiner Heimatstadt Beuthen das Staatliche Realgymnasium und ab 1937 die Universität Breslau, wo er katholische Theologie, Philosophie, Germanistik und Kunstgeschichte studiert. Da sein Dissertationsthema „Die Mappe meines Urgroßvaters als Seelenroman Adalbert Stifters“ 1940 abgelehnt wird, bricht Gerhard Kukofka sein Studium ab und ist bis zur Einberufung zur Wehrmacht (1943) als Buchhändler tätig. Bereits in den 1940er-Jahren erscheinen – unter dem Pseudonym „Gerhard Kuckhoff“ – in verschiedenen schlesischen Anthologien Gedichte („Eichendorff“, „Schlesien – Ruhm der Heimat“, „Wahlstatt 1241“, „Wegbereitschaft“). Als nur „arbeits-verwendungsfähig“ kommt Kukofka, der schon in seiner Kindheit einen Herzschaden erlitten hat, zu den „Landesschützen“ und wird Kompanieschreiber beim Festungsversorgungsbataillon Breslau. 1943 gründet er in Breslau eine Ortsgruppe des Wiener Adalbert-Stifter-Vereins, kurz darauf – auf Ersuchen des Schriftstellers Willibald Köhler – eine Ortsgruppe der Deutschen Eichendorff-Stiftung. Eichendorff und Stifter sind Kukofkas literarische Vorbilder und „Wahlverwandten“.
1945 kommt Gerhard Kukofka bei der Eroberung Breslaus durch die russische Armee ins russische Kriegsgefangenenlager Breslau-Hundsfeld. An diese Zeit erinnern zwei Gedichte („Das zerstörte Breslau“, „Die Kirche St. Matthias im Festungsfeuer“), die ebenfalls wieder unter dem Pseudonym „Gerhard Kuckhoff“ – zusammen mit Texten von Günter Eich, Heinz Friedrich, Thilo Koch und Wolfgang Lohmeyer – in Hans Werner Richters richtungsweisender Anthologie Deine Söhne Europa. Gedichte deutscher Kriegsgefangener (1947, Neuaufl. 1982) erscheinen.
Nach frühzeitiger (gesundheitlicher) Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft Ende 1945 kommt Gerhard Kukofka nach Bayern. Auch andere Beuthener, so den in Landshut aufgewachsenen Maler-Poeten Reiner Zimnik oder den in Coburg arbeitenden Literaturhistoriker Dr. Arno Lubos, verschlägt es dorthin.
In der Donau- und Bischofsstadt Regensburg – seiner „zweiten Heimat“ – ist der oberschlesische Heimatdichter und Schriftsteller zunächst ab 1946 als Journalist für die Mittelbayerische Zeitung tätig, später leitetet er noch die Volksbücherei Regensburg. 1958 wird er als Lektor beim Pustet-Verlag eingestellt, wo er die „schöngeistige Abteilung“ aufbaut. In Regensburg gehört Gerhard Kukofka bald der Schriftstellerrunde „Der grüne Kranz“ an. Ab 1950 besucht er außerdem regelmäßig die Veranstaltungen des Wangener Kreises – Gesellschaft für Literatur und Kunst des Ostens in Wangen im Allgäu. Aktiv wirkt Kukofka auch beim Aufbau des dortigen Eichendorff-Museums, des Gustav-Freytag-Archivs und des Hermann-Stehr-Archivs mit.
An sein dichterisches Vorbild, „An Eichendorff“ (1953), sind diese Verse gerichtet: „Laß uns mit Deinen Augen wieder / Die Welt als Gottes Wunder sehn / Und tief ins Traumland Deiner Lieder, / Wenn Leid uns heimsucht, singend gehn!“ Und in dem Gedicht „Deine Ferien“ heißt es u.a.: „Hinter den Häusern der Mühe / Liegt noch ein heimliches Land / Still wie im Tauglanz der Frühe, / Rein aus der göttlichen Hand.“ Aber auch seine neue Heimat verewigt Gerhard Kukofka in Gedichtform („Im Hof des fürstlichen Schlosses“, 1951): „Manchmal tritt der alte Fürst gelassen / in den Hof, und Dienerhände fahren / an den Dreispitz wie vor vierzig Jahren. / Und die Fremden schweigen mit Respekt.“
Der feinsinnige und tiefreligiöse Autor, der Dichter der Stille und der Betrachtung, veröffentlicht als „Bruder Hilarius“ Dreist und gottesfürchtig. Glossen und Betrachtungen (1965), die an den Prediger Abraham a Sancta Clara erinnern. Unter seinem richtigen Namen erscheint Frohe Zeit in Schlesien. Erzählungen und Gedichte (1966) sowie Ein Leben. Gedichte und Prosa mit einem Nachwort des befreundeten Literaturwissenschaftlers Dr. Alois Maria Kosler (1971). In zahlreichen Anthologien, Lese- und Jahrbüchern (Lied der Welt, Und die Welt hebt an zu singen, Du Land meiner Kindheit, Aurora. Eichendorff-Almanach) ist Gerhard Kukofka mit Prosa und Lyrik vertreten.
Bei Die letzten Dinge und Alte Wahrheit neu gelebt. Katholizismus in unserer Zeit (beide 1960) tritt er neben Peter Schindler und Wilhelm Friese als Mitautor auf. Bereits 1951 hat Kukofka (zusammen mit Heinz Schauwecker und Anton Schreiegg) im Auftrag des Oberpfälzer Kulturbundes die Anthologie oberpfälzisch-egerländischer Lyrik Kranwitt ediert. 1968 erscheint der erste Regensburger Almanach, und Gerhard Kukofka ist einer der namhaften Autoren.
„Kukofka gelingt es“, so der Literaturwissenschaftler Dr. Alois Maria Kosler, „alltägliche Geschehnisse zu einer Geschichte zu runden und diesen winzigen Ausschnitt aus dem Leben so durchsichtig zu machen, dass man eine viel größere, weitere Bedeutung zu erkennen meint, einen Hintergrund, der sich gewissermaßen in große Fernen öffnet.“ Eine notwendige Herzoperation übersteht Kukofka indes nicht, sonst wäre vielleicht, so Kosler weiter, „ein kleines Welttheater zu erwarten gewesen“.
Aurora (1953). Eichendorff-Almanach (Jahresgabe der Eichendorff-Stiftung). Bd. 13. Neumarkt, S. 76.
Baron, Bernhard M. (2017): Gerhard Kukofka. Ein Oberschlesier in Regensburg. In: Eichendorff-Hefte/Zeszyty Eichendorffa 59, hg. von dem Oberschlesischen Eichendorff-Kultur- und Begegnungszentrum, Lubowitz/Lubowice (Polen/Polska), S. 4-13.
Dünninger, Eberhard (1995): Regensburg. Das Bild der Stadt im Wandel der Jahrhunderte. Amberg, S. 98.
Lubos, Arno (1967): Geschichte der Literatur Schlesiens. Bd. 2. München, S. 240.