Isingrim
Isingrim, von 1145 bis 1180 Abt des Klosters Ottobeuren, ist eine prägende Figur in der Geschichte der Benediktinerabtei. Der aus dem Kloster St. Ulrich und Afra in Augsburg kommende Mönch übernimmt 1145 die Leitung des Klosters, zu einer Zeit, als die Benediktinerreformen bereits grundlegende Veränderungen eingeleitet haben, er führt die Reformen seines Vorgängers Abt Rupert (reg. 1102-1145) erfolgreich weiter. Abt Isingrim ist der erste namentlich bekannte Schriftsteller in Ottobeuren, er fördert die klösterliche Schriftlichkeit und richtet ein Skriptorium ein, aus dem illuminierte Codices überliefert sind, u.a. das Isingrim-Missale, das Kollektar des Mönchs Reinfrid und das Ottobeurer Graduale, das Miniaturen der Äbte Rupert und Isingrim zeigt. Die kostbaren Handschriften aus den Jahren 1160 bis 1180 und Beispiele von Miniaturkunst belegen neben der Schreibschule eine hochentwickelte Malschule in dieser Zeit.
Isingrim schreibt neben kurzen Notizen über die Jahre 1145, 1148, 1153 und 1157 (Annales Ottenburani minores) etwas umfangreichere Jahresberichte vorwiegend lokalen Inhalts in der Zeit von 1121 bis 1168 (Annales Isingrimi maiores). Diese Manuskripte sind nicht nur von liturgischer Bedeutung, sondern auch wertvolle Zeugnisse der mittelalterlichen Kunst und Klosterschriftlichkeit. Außerdem verfasst Abt Isingrim wahrscheinlich die Translatio s. Alexandri sowie das zweitälteste Nekrolog von Ottobeuren. Unter ihm muss auch die verloren gegangene Vita des seligen Rupert niedergeschrieben worden sein.
Nach dem Brand 1153 lässt Abt Isingrim das Kloster neu aufbauen und erwirbt sich große Verdienste um dessen Besitz und Bibliothek. 1148 nimmt er am Konzil von Reims teil und begleitet 1153 Bischof Konrad von Augsburg nach Rom. Unter Abt Isingrim erhält das Kloster Ottobeuren bedeutende Privilegien, darunter solche von Papst Eugen III. (1145-1153) und Kaiser Friedrich Barbarossa (1152-1190), die die Stellung und den Einfluss der Abtei weiter stärken. Er erweitert die Reformtätigkeit des Klosters nach außen hin; Ottobeurer Mönche besiedeln 1146 Kloster Marienburg im Südtiroler Vintschgau, das auch in der Folgezeit eng mit dem Mutterkloster verbunden bleibt. Isingrim steht in engem Austausch mit Bischof Otto von Freising, dem großen Geschichtsschreiber des hohen Mittelalters, dessen Chronik auf Isingrims Anregung hin entsteht, wie die Widmung belegt.
Das 12. Jahrhundert kann man für das Kloster Ottobeuren als eine von Bücherliebe und Reflexion über die eigene Vergangenheit gekennzeichnete Epoche bezeichnen. Der historisch denkende Abt Isingrim hat mit religiösen Reformen, der Förderung des kulturellen Lebens sowie seinem literarischen Engagement die Benediktinergeschichte nachhaltig geprägt. Zwei Jahre vor seinem Tod 1180 ist Abt Isingrim allerdings in geistige Umnachtung gefallen.
Die meisten der Ottobeurer Handschriften (eine Aufstellung der Handschriften gibt Hansmartin Schwarzmaier) werden in London, Rom, New York, Stuttgart, München und anderswo aufbewahrt. Die als Isingrim-Missale bezeichnete Handschrift befindet sich bis heute in Ottobeuren (Ms.O.1) und bildet die größte Kostbarkeit des Archivs der Abtei. Hermann Hauke gibt in seinem Aufsatz „Das Isingrim-Missale von Ottobeuren“ eine Beschreibung des Aufbaus und Interpretationsansätze. Die Handschrift des Ottobeurener Evangeliars gehört zum Bestand der Bayerischen Staatsbibliothek München (Clm 21255), sie wurde 2012 im Rahmen der Ausstellung „Pracht auf Pergament – Schätze der Buchmalerei 780-1180“ in der HypoKunsthalle München gezeigt.
Sekundärliteratur:
Buhlmann, Michael: St. Georgen und Ottobeuren. Benediktinerklöster der St. Georgener Klosterreform. URL: http://www.michael-buhlmann.de/PDF_Texte/mbhp_va35_pdf.pdf, (18.11.2024).
Faust, Ulrich (2008): Zwei Allgäuer Klosterbibliotheken und ihr Schicksal seit der Säkularisation – Ottobeuren und Sankt Mang in Füssen. In: Schiedermair, Werner (Hg.): Klosterland Bayerisch Schwaben, 2. Aufl., S. 191-194.
Ders. (2011): Isingrim. Mönch von St. Ulrich und Afra, Abt von Ottobeuren (1145-1180). In: Jahrbuch des Vereins für Augsburger Bistumsgeschichte 45, S. 111-123.
Hauke, Hermann (1973): Das Isingrim-Missale von Ottobeuren. In: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktiner-Ordens und seiner Zweige, hg. von der Bayerischen Benediktinerakademie, S. 151-157.
Mader, Ernst T. (1994): Literarische Landschaft bayerisches Allgäu. Blöcktach, S. 49, Fußn. 65-71.
Schmale, Franz-Josef: Isingrim. In: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 196f. URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd104106875.html#ndbcontent, (18.11.2024).
Schwarzmaier, Hansmartin (1962): Mittelalterliche Handschriften des Klosters Ottobeuren. Versuch einer Bestandsaufnahme. In: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige, 73. Jg., S. 7-48.
Externe Links:
Isingrim, von 1145 bis 1180 Abt des Klosters Ottobeuren, ist eine prägende Figur in der Geschichte der Benediktinerabtei. Der aus dem Kloster St. Ulrich und Afra in Augsburg kommende Mönch übernimmt 1145 die Leitung des Klosters, zu einer Zeit, als die Benediktinerreformen bereits grundlegende Veränderungen eingeleitet haben, er führt die Reformen seines Vorgängers Abt Rupert (reg. 1102-1145) erfolgreich weiter. Abt Isingrim ist der erste namentlich bekannte Schriftsteller in Ottobeuren, er fördert die klösterliche Schriftlichkeit und richtet ein Skriptorium ein, aus dem illuminierte Codices überliefert sind, u.a. das Isingrim-Missale, das Kollektar des Mönchs Reinfrid und das Ottobeurer Graduale, das Miniaturen der Äbte Rupert und Isingrim zeigt. Die kostbaren Handschriften aus den Jahren 1160 bis 1180 und Beispiele von Miniaturkunst belegen neben der Schreibschule eine hochentwickelte Malschule in dieser Zeit.
Isingrim schreibt neben kurzen Notizen über die Jahre 1145, 1148, 1153 und 1157 (Annales Ottenburani minores) etwas umfangreichere Jahresberichte vorwiegend lokalen Inhalts in der Zeit von 1121 bis 1168 (Annales Isingrimi maiores). Diese Manuskripte sind nicht nur von liturgischer Bedeutung, sondern auch wertvolle Zeugnisse der mittelalterlichen Kunst und Klosterschriftlichkeit. Außerdem verfasst Abt Isingrim wahrscheinlich die Translatio s. Alexandri sowie das zweitälteste Nekrolog von Ottobeuren. Unter ihm muss auch die verloren gegangene Vita des seligen Rupert niedergeschrieben worden sein.
Nach dem Brand 1153 lässt Abt Isingrim das Kloster neu aufbauen und erwirbt sich große Verdienste um dessen Besitz und Bibliothek. 1148 nimmt er am Konzil von Reims teil und begleitet 1153 Bischof Konrad von Augsburg nach Rom. Unter Abt Isingrim erhält das Kloster Ottobeuren bedeutende Privilegien, darunter solche von Papst Eugen III. (1145-1153) und Kaiser Friedrich Barbarossa (1152-1190), die die Stellung und den Einfluss der Abtei weiter stärken. Er erweitert die Reformtätigkeit des Klosters nach außen hin; Ottobeurer Mönche besiedeln 1146 Kloster Marienburg im Südtiroler Vintschgau, das auch in der Folgezeit eng mit dem Mutterkloster verbunden bleibt. Isingrim steht in engem Austausch mit Bischof Otto von Freising, dem großen Geschichtsschreiber des hohen Mittelalters, dessen Chronik auf Isingrims Anregung hin entsteht, wie die Widmung belegt.
Das 12. Jahrhundert kann man für das Kloster Ottobeuren als eine von Bücherliebe und Reflexion über die eigene Vergangenheit gekennzeichnete Epoche bezeichnen. Der historisch denkende Abt Isingrim hat mit religiösen Reformen, der Förderung des kulturellen Lebens sowie seinem literarischen Engagement die Benediktinergeschichte nachhaltig geprägt. Zwei Jahre vor seinem Tod 1180 ist Abt Isingrim allerdings in geistige Umnachtung gefallen.
Die meisten der Ottobeurer Handschriften (eine Aufstellung der Handschriften gibt Hansmartin Schwarzmaier) werden in London, Rom, New York, Stuttgart, München und anderswo aufbewahrt. Die als Isingrim-Missale bezeichnete Handschrift befindet sich bis heute in Ottobeuren (Ms.O.1) und bildet die größte Kostbarkeit des Archivs der Abtei. Hermann Hauke gibt in seinem Aufsatz „Das Isingrim-Missale von Ottobeuren“ eine Beschreibung des Aufbaus und Interpretationsansätze. Die Handschrift des Ottobeurener Evangeliars gehört zum Bestand der Bayerischen Staatsbibliothek München (Clm 21255), sie wurde 2012 im Rahmen der Ausstellung „Pracht auf Pergament – Schätze der Buchmalerei 780-1180“ in der HypoKunsthalle München gezeigt.
Buhlmann, Michael: St. Georgen und Ottobeuren. Benediktinerklöster der St. Georgener Klosterreform. URL: http://www.michael-buhlmann.de/PDF_Texte/mbhp_va35_pdf.pdf, (18.11.2024).
Faust, Ulrich (2008): Zwei Allgäuer Klosterbibliotheken und ihr Schicksal seit der Säkularisation – Ottobeuren und Sankt Mang in Füssen. In: Schiedermair, Werner (Hg.): Klosterland Bayerisch Schwaben, 2. Aufl., S. 191-194.
Ders. (2011): Isingrim. Mönch von St. Ulrich und Afra, Abt von Ottobeuren (1145-1180). In: Jahrbuch des Vereins für Augsburger Bistumsgeschichte 45, S. 111-123.
Hauke, Hermann (1973): Das Isingrim-Missale von Ottobeuren. In: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktiner-Ordens und seiner Zweige, hg. von der Bayerischen Benediktinerakademie, S. 151-157.
Mader, Ernst T. (1994): Literarische Landschaft bayerisches Allgäu. Blöcktach, S. 49, Fußn. 65-71.
Schmale, Franz-Josef: Isingrim. In: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 196f. URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd104106875.html#ndbcontent, (18.11.2024).
Schwarzmaier, Hansmartin (1962): Mittelalterliche Handschriften des Klosters Ottobeuren. Versuch einer Bestandsaufnahme. In: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige, 73. Jg., S. 7-48.