Reinmar von Brennenberg
Unweit von Regensburg, bei der Stadt Wörth an der Donau, befindet sich in der Gemeinde Brennberg die gleichnamige Burgruine Brennberg, deren Burgherren – ein Geschlecht oberpfälzischer Ministerialer – sich „von Brennenberg“ nannten. Im Dreißigjährigen Krieg wird die stattliche Burg von den Schweden verwüstet. 1980 sichert die Gemeinde Brennberg die traditionsreiche Bausubstanz der Burganlage und errichtet einen Aussichtsturm. Da es vier Träger des Namens „Reinmar von Brennberg“ gibt, ist eine exakte historische Zuordnung (Reinmar II. oder Reinmar III. von Brennberg) nicht genau möglich.
Um 1225 erscheint der Minnedichter Reinmar von Brennenberg urkundlich als Dienstmann des Regensburger Bischofs Sigfrid, in dessen Gefolge er nach Italien reist. Reinmar von Brennenberg wird um 1275 bei einer Fehde „von Regensburger Bürgern“ – unter denen sich auch sein Bruder, der „Kanonikus“ Bruno von Brennenberg, befinden soll – ermordet. Die Darstellung dieser markanten Ermordungsszene findet Einzug in die Manessische Liederhandschrift (Codex Manesse 188r).
Reinmar von Brennenberg schreibt die Geschichte der Herzemaere, die davon erzählt, wie einem gefangenen Helden das Herz aus dem Leib geschnitten und dem geliebten Mädchen zum Essen verabreicht wird. Der Dichter steht zwischen den Zeiten: zwar ist er in seinen Minneliedern noch der Tradition verbunden, doch zeigt er bereits in seinen „Sprüchen“ das „Moderne“ an (Eberhard Dünninger).
Von den insgesamt fünf Tönen („Wol mich daz diu vil seldenriche ie wart geboren...“), die wir von Reinmar von Brennenberg aus der Manessischen Liederhandschrift kennen, ist nur eine einzige Melodie überliefert – und auch sie wird sehr spät erst notiert: in der um 1460 zusammengetragenen Kolmarer Liederhandschrift. Darunter befindet sich auch die „Totenklage“, in der sich Reinmar von Brennenberg als Schüler Walthers von der Vogelweide bezeichnet:
Wa sint nu alle die von minnen sungen e?
si sint meist tot, die al der werlde frôide kunden machen.
Von Sante Gallen friunt, din scheiden tuot mit we:
du riuwes mich, dins schimpfes manger kunde wol gelachen.
Reinmar, dins sanges manger gert.
ich muoz dich klagen und minen meister von der Vogelweide.
Von Niuwenburc ein herre wert
und ouch von Rucke Heinrich sungen woi von minnen beide.[1]
Entsprechend ist in der Minneklage „Die ich uz al der werlt zu frouwen habe erkorn“ die ungnädige Dame der Vor-Walther-Ära, die in ihrer Ehre unangreifbar und in ihrer Anmut unerreicht ist, den Sänger selbst aber mit Hass und Verachtung straft, wieder anwesend:
Die ich uz al der werlt zu frouwen habe erkorn
ze hohen fröiden mir, ze trost zu wunne und ouch zu heile,
Diu hat an mich gewant ir haz und ouch ir zorn.
ich muoz verderben, wirt mir niht ir werder gruoz zu teile.
Si reine, bezzer danne guot,
si sundertrut, si mannes zart, si krone ab allen frouwen,
waz si mir eine leides tuot
und nieman mer! den sunderwandel mac man an ir schouwen.
Ja si vil reine süeze senfte morderin,
min herze ist doch bi ir, swa ich dar lande bin.
ir zuht ir ere ir lob ich ie zem besten maz,
swie selten sie gedenke an mich,
in triuwen ich ir nie vergaz.[2]
Das Andenken an Reinmar lebt noch lange nach dessen Ermordung um 1275 fort und wird im 16. Jahrhundert zum Kristallisationspunkt, zur rührseligen Bremberger-Sage („Bremberger Ballade“) im Brennbergerton. Eine Verbreitung erfolgt ebenfalls in der schönen Literatur, so bei Karl Simrock (Des edlen Brennbergs Leben und Tod) und Ludwig Uhland (Der Kastellan von Coucy). Auch Clemens Brentano (Des Knaben Wunderhorn) und die Gebrüder Grimm (Deutsche Sagen) widmen sich dem Brennberger-Thema.
[1] In der Übersetzung von Lothar Jahn: „Wo sind nur alle, die von Minne sangen, hin? / Gestorben sind die, die der Welt einst soviel Freude brachten. / Du von Sankt Gallen, dem ich Freund geworden bin, / Ich denk an Dich, weiß Gott, wir sangen, schimpften, fluchten, lachten. / Reinmar [von Hagenau], dein Sang ist's, der uns fehlt, / Ich klag um dich und meinen Meister von der Vogelweide! / Was Herr von Neuenburg erzählt, / Das gab uns Kraft! Heinrich von Rugge sang vom Herzeleide.“
[2] In der Übersetzung von Lothar Jahn: „Die ich aus all den Frau'n zur Herrin hab' erkor’n / Zur höchsten Freude mir, zum Trost, zur Wonne und zum Heile, / Die zeigt mir heute ihren Hass und ihren Zorn, / Ich muss verderben, wird mir nicht ihr lieber Blick zuteile. / Die Edle, besser noch als gut, / Die ihres Mannes Glück ist, diese Krone aller Frauen, / Und die mir trotzdem Böses tut, / Nur mir allein, sonst kann man stets auf ihre Güte bauen: / Ja, diese reine süße, sanfte Mörderin, / Mein Herz ist stets bei ihr, wo immer ich auch bin. / Mein allerhöchstes Glück wär' doch ein Lob nur durch sie. / Und denkt sie auch nicht oft an mich, / Ich weiß wohl, ich vergess sie nie!“
Sekundärliteratur:
http://www.minnesang.com/Saenger/reinmar-von-brennenberg.html, (27.07.2014).
Dünninger, Eberhard; Kiesselbach, Dorothee (Hg.) (1965): Bayerische Literaturgeschichte in ausgewählten Beispielen. Mittelalter. Bd. 1. München, S. 49f. und 179.
Fendl, Josef (1979): Her Reinmar von Brennenberc – ein oberpfälzischer Minnesänger. In: Oberpfälzer Heimat 23, S. 58-64.
Kuhn, Hugo (19782): Reinmar von Brennenberg. In: Kraus, Carl von (Hg.): Deutsche Liederdichter des 13. Jahrhunderts. Tübingen. Bd. 2, S. 385-396.
Rüther, Hanno (2007): Der Mythos von den Minnesängern. Die Entstehung der Moringer-, Tanhäuser- und Bremberger-Ballade. Köln/Weimar, S. 267ff.
Schubert, Martin J.: Reinmar von Brennenberg. In: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 378f., http://www.deutsche-biographie.de/pnd101244983.html, (27.07.2014).
Externe Links:
Unweit von Regensburg, bei der Stadt Wörth an der Donau, befindet sich in der Gemeinde Brennberg die gleichnamige Burgruine Brennberg, deren Burgherren – ein Geschlecht oberpfälzischer Ministerialer – sich „von Brennenberg“ nannten. Im Dreißigjährigen Krieg wird die stattliche Burg von den Schweden verwüstet. 1980 sichert die Gemeinde Brennberg die traditionsreiche Bausubstanz der Burganlage und errichtet einen Aussichtsturm. Da es vier Träger des Namens „Reinmar von Brennberg“ gibt, ist eine exakte historische Zuordnung (Reinmar II. oder Reinmar III. von Brennberg) nicht genau möglich.
Um 1225 erscheint der Minnedichter Reinmar von Brennenberg urkundlich als Dienstmann des Regensburger Bischofs Sigfrid, in dessen Gefolge er nach Italien reist. Reinmar von Brennenberg wird um 1275 bei einer Fehde „von Regensburger Bürgern“ – unter denen sich auch sein Bruder, der „Kanonikus“ Bruno von Brennenberg, befinden soll – ermordet. Die Darstellung dieser markanten Ermordungsszene findet Einzug in die Manessische Liederhandschrift (Codex Manesse 188r).
Reinmar von Brennenberg schreibt die Geschichte der Herzemaere, die davon erzählt, wie einem gefangenen Helden das Herz aus dem Leib geschnitten und dem geliebten Mädchen zum Essen verabreicht wird. Der Dichter steht zwischen den Zeiten: zwar ist er in seinen Minneliedern noch der Tradition verbunden, doch zeigt er bereits in seinen „Sprüchen“ das „Moderne“ an (Eberhard Dünninger).
Von den insgesamt fünf Tönen („Wol mich daz diu vil seldenriche ie wart geboren...“), die wir von Reinmar von Brennenberg aus der Manessischen Liederhandschrift kennen, ist nur eine einzige Melodie überliefert – und auch sie wird sehr spät erst notiert: in der um 1460 zusammengetragenen Kolmarer Liederhandschrift. Darunter befindet sich auch die „Totenklage“, in der sich Reinmar von Brennenberg als Schüler Walthers von der Vogelweide bezeichnet:
Wa sint nu alle die von minnen sungen e?
si sint meist tot, die al der werlde frôide kunden machen.
Von Sante Gallen friunt, din scheiden tuot mit we:
du riuwes mich, dins schimpfes manger kunde wol gelachen.
Reinmar, dins sanges manger gert.
ich muoz dich klagen und minen meister von der Vogelweide.
Von Niuwenburc ein herre wert
und ouch von Rucke Heinrich sungen woi von minnen beide.[1]
Entsprechend ist in der Minneklage „Die ich uz al der werlt zu frouwen habe erkorn“ die ungnädige Dame der Vor-Walther-Ära, die in ihrer Ehre unangreifbar und in ihrer Anmut unerreicht ist, den Sänger selbst aber mit Hass und Verachtung straft, wieder anwesend:
Die ich uz al der werlt zu frouwen habe erkorn
ze hohen fröiden mir, ze trost zu wunne und ouch zu heile,
Diu hat an mich gewant ir haz und ouch ir zorn.
ich muoz verderben, wirt mir niht ir werder gruoz zu teile.
Si reine, bezzer danne guot,
si sundertrut, si mannes zart, si krone ab allen frouwen,
waz si mir eine leides tuot
und nieman mer! den sunderwandel mac man an ir schouwen.
Ja si vil reine süeze senfte morderin,
min herze ist doch bi ir, swa ich dar lande bin.
ir zuht ir ere ir lob ich ie zem besten maz,
swie selten sie gedenke an mich,
in triuwen ich ir nie vergaz.[2]
Das Andenken an Reinmar lebt noch lange nach dessen Ermordung um 1275 fort und wird im 16. Jahrhundert zum Kristallisationspunkt, zur rührseligen Bremberger-Sage („Bremberger Ballade“) im Brennbergerton. Eine Verbreitung erfolgt ebenfalls in der schönen Literatur, so bei Karl Simrock (Des edlen Brennbergs Leben und Tod) und Ludwig Uhland (Der Kastellan von Coucy). Auch Clemens Brentano (Des Knaben Wunderhorn) und die Gebrüder Grimm (Deutsche Sagen) widmen sich dem Brennberger-Thema.
[1] In der Übersetzung von Lothar Jahn: „Wo sind nur alle, die von Minne sangen, hin? / Gestorben sind die, die der Welt einst soviel Freude brachten. / Du von Sankt Gallen, dem ich Freund geworden bin, / Ich denk an Dich, weiß Gott, wir sangen, schimpften, fluchten, lachten. / Reinmar [von Hagenau], dein Sang ist's, der uns fehlt, / Ich klag um dich und meinen Meister von der Vogelweide! / Was Herr von Neuenburg erzählt, / Das gab uns Kraft! Heinrich von Rugge sang vom Herzeleide.“
[2] In der Übersetzung von Lothar Jahn: „Die ich aus all den Frau'n zur Herrin hab' erkor’n / Zur höchsten Freude mir, zum Trost, zur Wonne und zum Heile, / Die zeigt mir heute ihren Hass und ihren Zorn, / Ich muss verderben, wird mir nicht ihr lieber Blick zuteile. / Die Edle, besser noch als gut, / Die ihres Mannes Glück ist, diese Krone aller Frauen, / Und die mir trotzdem Böses tut, / Nur mir allein, sonst kann man stets auf ihre Güte bauen: / Ja, diese reine süße, sanfte Mörderin, / Mein Herz ist stets bei ihr, wo immer ich auch bin. / Mein allerhöchstes Glück wär' doch ein Lob nur durch sie. / Und denkt sie auch nicht oft an mich, / Ich weiß wohl, ich vergess sie nie!“
http://www.minnesang.com/Saenger/reinmar-von-brennenberg.html, (27.07.2014).
Dünninger, Eberhard; Kiesselbach, Dorothee (Hg.) (1965): Bayerische Literaturgeschichte in ausgewählten Beispielen. Mittelalter. Bd. 1. München, S. 49f. und 179.
Fendl, Josef (1979): Her Reinmar von Brennenberc – ein oberpfälzischer Minnesänger. In: Oberpfälzer Heimat 23, S. 58-64.
Kuhn, Hugo (19782): Reinmar von Brennenberg. In: Kraus, Carl von (Hg.): Deutsche Liederdichter des 13. Jahrhunderts. Tübingen. Bd. 2, S. 385-396.
Rüther, Hanno (2007): Der Mythos von den Minnesängern. Die Entstehung der Moringer-, Tanhäuser- und Bremberger-Ballade. Köln/Weimar, S. 267ff.
Schubert, Martin J.: Reinmar von Brennenberg. In: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 378f., http://www.deutsche-biographie.de/pnd101244983.html, (27.07.2014).