Erich Mühsam
Der Anarchist, Dichter und Autor Erich Mühsam wird 1878 als Sohn eines jüdischen Apothekers in Berlin geboren und wächst in Lübeck auf. Er arbeitet als Redakteur für verschiedene Zeitschriften, veröffentlicht Aufsätze, Lyrik sowie Dramen und arbeitet am Kabarett. Seine Zeit- und Gesellschaftskritik nimmt während des ersten Weltkriegs radikalere Züge an – Mühsam kämpft später in Wort und Schrift gegen die unzulängliche Weimarer Republik und die Gefahren des aufbrodelnden Faschismus. Dies läutet sein Ende ein: Am 10. Juli 1934 wird Erich Mühsam im KZ Oranienburg durch die NS-Regierung ermordet.
Werdegang
Wegen „sozialistischer Umtriebe“, einer Polemik gegen die nationalen Sedan-Feiern, wird Mühsam 1896 vom Gymnasium verwiesen, woraufhin er die Sekunda in Parchim (Mecklenburg) absolviert und auf Wunsch des Vaters eine Apothekerlehre beginnt. In Berlin lässt er sich ab 1901 als freier Schriftsteller nieder; Freundschaften mit den Brüdern Hart (Friedrichshagener Kreis), Peter Hille, Paul Scheerbart sowie Gustav Landauer prägen dabei seine intellektuell-künstlerische Entwicklung.
Wanderjahre führen in 1904-08 nach Zürich, Ascona – wo er sich auf dem Monte Vérita mit Gustav Arthur Gräser befreundet –, Norditalien, München, Wien und Paris, bis er sich 1909 in München endgültig niederlässt. Fasziniert vom freien Leben der Schwabinger Bohème befreundet er sich u.a. mit Heinrich Mann, Frank Wedekind und Lion Feuchtwanger. Im selben Jahr noch gründet er die Gruppe Tat zwecks Agitation des Subproletariats für den Anarchismus – seine Verhaftung und Anklage wegen Geheimbündelei 1910 endet mit einem Freispruch.
Seit 1916 Teilnehmer an der Hungerdemonstration auf dem Marienplatz und Sympathisant der Spartakusgruppe, versucht Mühsam einen Aktionsbund antimilitaristischer Gruppen zur revolutionären Beendigung des ersten Weltkrieges zu schaffen. Im Januar 1918 agiert er schließlich als Redner beim Münchner Januarstreik. Wegen Verstoß gegen das politische Betätigungsverbot und Kriegsdienstverweigerung muss Mühsam jedoch bis Oktober eine sechsmonatige Haftstrafe in Traunstein verbüßen.
Zusammen mit Gustav Landauer und Ernst Toller gehört Mühsam zu den führenden Köpfen der Bayerischen Räterepublik. Nach deren Sturz im Mai 1919 wird er zu 15 Jahren Festungshaft in Niederschönenfeld verurteilt, die er in Ebrach und Ansbach zunächst antritt; 1924 wird er begnadigt und aus Bayern ausgewiesen. Um gegen die Weimarer Klassenjustiz zu kämpfen, setzt er sich in der KPD-nahen Gefangenenhilfsorganisation Rote Hilfe Deutschlands ein, aus der er bereits 1929 wieder austritt. Die KPD-Nähe bringt ihm auch einen Ausschluss aus der Föderation Kommunistischer Anarchisten Deutschlands ein.
In der Nacht nach dem Reichstagsbrand, am 28. Februar 1933, wird Erich Mühsam verhaftet und nach grausamen Folterungen 16 Monate später im KZ Oranienburg von einem bayerischen SS-Kommando ermordet.
Wichtige Werke
Mühsam arbeitet als Redakteur für verschiedene Zeitschriften, 1904 wird sein erster Gedichtband Die Wüste veröffentlicht. Mühsam arbeitet im Kabarett Elf Scharfrichter mit, verfasst Beiträge für Zeitschriften, u.a. den Simplicissimus, und gibt von 1911 bis 1919 die Monatsschrift Kain. Zeitschrift für Menschlichkeit heraus (1914-1918 unterbrochen, wiederaufgelegt als Organ der Revolution), deren Artikel ausschließlich von ihm selbst stammen und in der er zur Verbrüderung der künstlerischen Intelligenz mit dem Subproletariat aufruft. Schon davor hat er sich moralkritisch mit sozialen Missständen und Tabus auseinandergesetzt, so in der Streitschrift Die Homosexualität. Ein Beitrag zur Sittengeschichte unserer Zeit (1903) oder im Drama Die Freivermählten (1914), ein Stück, das um das Thema der freien Liebe kreist.
Während des Ersten Weltkrieges nimmt Mühsams Zeit- und Gesellschaftskritik immer radikalere Züge an. Möglichkeiten zur Publikation findet er zwar kaum, doch wenden sich seine Gedichte von der verzweifelten Anklage zur bewaffneten „Aktion“ gegen den Krieg (Brennende Erde, 1920). Nach seiner Ausweisung aus Bayern verlegt Mühsam in Berlin ein eigenes Blatt, diesmal die anarchistische Wochenschrift Fanal als „Organ der sozialen Revolution“.
1927/28 gehört er dem künstlerischen Beirat der Piscator-Bühne Berlin an. Sein Drama Staatsräson. Ein Denkmal für Sacco und Vanzetti wird 1928 veröffentlicht. Mühsams Einsatz gilt nun ganz dem Kampf gegen die unzulängliche Weimarer Republik und die Gefahren des aufbrodelnden Faschismus. Programmatisch wird seine Schrift Die Befreiung der Gesellschaft vom Staat. Was ist kommunistischer Anarchismus? (1933).
Sekundärliteratur:
Hirte, Chris: Mühsam, Erich. In: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 296-298, http://www.deutsche-biographie.de/pnd118584758.html, (21.10.2011).
Kristl, Wilhelm Lukas (2004): Erich Mühsam (6.4.1878 – 10.7.1934). Des Königreichs Anarchist. In: Schweiggert, Alfons; Macher, Hannes S. (Hg.): Autoren und Autorinnen in Bayern. 20. Jahrhundert. Bayerland Verlag, Dachau, S. 92-94.
Viesel, Hansjörg (1980): Literaten an die Wand. Die Münchner Räterepublik und die Schriftsteller. Frankfurt am Main, S. 157-253.
Externe Links:
Literatur von Erich Mühsam im BVB
Der Anarchist, Dichter und Autor Erich Mühsam wird 1878 als Sohn eines jüdischen Apothekers in Berlin geboren und wächst in Lübeck auf. Er arbeitet als Redakteur für verschiedene Zeitschriften, veröffentlicht Aufsätze, Lyrik sowie Dramen und arbeitet am Kabarett. Seine Zeit- und Gesellschaftskritik nimmt während des ersten Weltkriegs radikalere Züge an – Mühsam kämpft später in Wort und Schrift gegen die unzulängliche Weimarer Republik und die Gefahren des aufbrodelnden Faschismus. Dies läutet sein Ende ein: Am 10. Juli 1934 wird Erich Mühsam im KZ Oranienburg durch die NS-Regierung ermordet.
Werdegang
Wegen „sozialistischer Umtriebe“, einer Polemik gegen die nationalen Sedan-Feiern, wird Mühsam 1896 vom Gymnasium verwiesen, woraufhin er die Sekunda in Parchim (Mecklenburg) absolviert und auf Wunsch des Vaters eine Apothekerlehre beginnt. In Berlin lässt er sich ab 1901 als freier Schriftsteller nieder; Freundschaften mit den Brüdern Hart (Friedrichshagener Kreis), Peter Hille, Paul Scheerbart sowie Gustav Landauer prägen dabei seine intellektuell-künstlerische Entwicklung.
Wanderjahre führen in 1904-08 nach Zürich, Ascona – wo er sich auf dem Monte Vérita mit Gustav Arthur Gräser befreundet –, Norditalien, München, Wien und Paris, bis er sich 1909 in München endgültig niederlässt. Fasziniert vom freien Leben der Schwabinger Bohème befreundet er sich u.a. mit Heinrich Mann, Frank Wedekind und Lion Feuchtwanger. Im selben Jahr noch gründet er die Gruppe Tat zwecks Agitation des Subproletariats für den Anarchismus – seine Verhaftung und Anklage wegen Geheimbündelei 1910 endet mit einem Freispruch.
Seit 1916 Teilnehmer an der Hungerdemonstration auf dem Marienplatz und Sympathisant der Spartakusgruppe, versucht Mühsam einen Aktionsbund antimilitaristischer Gruppen zur revolutionären Beendigung des ersten Weltkrieges zu schaffen. Im Januar 1918 agiert er schließlich als Redner beim Münchner Januarstreik. Wegen Verstoß gegen das politische Betätigungsverbot und Kriegsdienstverweigerung muss Mühsam jedoch bis Oktober eine sechsmonatige Haftstrafe in Traunstein verbüßen.
Zusammen mit Gustav Landauer und Ernst Toller gehört Mühsam zu den führenden Köpfen der Bayerischen Räterepublik. Nach deren Sturz im Mai 1919 wird er zu 15 Jahren Festungshaft in Niederschönenfeld verurteilt, die er in Ebrach und Ansbach zunächst antritt; 1924 wird er begnadigt und aus Bayern ausgewiesen. Um gegen die Weimarer Klassenjustiz zu kämpfen, setzt er sich in der KPD-nahen Gefangenenhilfsorganisation Rote Hilfe Deutschlands ein, aus der er bereits 1929 wieder austritt. Die KPD-Nähe bringt ihm auch einen Ausschluss aus der Föderation Kommunistischer Anarchisten Deutschlands ein.
In der Nacht nach dem Reichstagsbrand, am 28. Februar 1933, wird Erich Mühsam verhaftet und nach grausamen Folterungen 16 Monate später im KZ Oranienburg von einem bayerischen SS-Kommando ermordet.
Wichtige Werke
Mühsam arbeitet als Redakteur für verschiedene Zeitschriften, 1904 wird sein erster Gedichtband Die Wüste veröffentlicht. Mühsam arbeitet im Kabarett Elf Scharfrichter mit, verfasst Beiträge für Zeitschriften, u.a. den Simplicissimus, und gibt von 1911 bis 1919 die Monatsschrift Kain. Zeitschrift für Menschlichkeit heraus (1914-1918 unterbrochen, wiederaufgelegt als Organ der Revolution), deren Artikel ausschließlich von ihm selbst stammen und in der er zur Verbrüderung der künstlerischen Intelligenz mit dem Subproletariat aufruft. Schon davor hat er sich moralkritisch mit sozialen Missständen und Tabus auseinandergesetzt, so in der Streitschrift Die Homosexualität. Ein Beitrag zur Sittengeschichte unserer Zeit (1903) oder im Drama Die Freivermählten (1914), ein Stück, das um das Thema der freien Liebe kreist.
Während des Ersten Weltkrieges nimmt Mühsams Zeit- und Gesellschaftskritik immer radikalere Züge an. Möglichkeiten zur Publikation findet er zwar kaum, doch wenden sich seine Gedichte von der verzweifelten Anklage zur bewaffneten „Aktion“ gegen den Krieg (Brennende Erde, 1920). Nach seiner Ausweisung aus Bayern verlegt Mühsam in Berlin ein eigenes Blatt, diesmal die anarchistische Wochenschrift Fanal als „Organ der sozialen Revolution“.
1927/28 gehört er dem künstlerischen Beirat der Piscator-Bühne Berlin an. Sein Drama Staatsräson. Ein Denkmal für Sacco und Vanzetti wird 1928 veröffentlicht. Mühsams Einsatz gilt nun ganz dem Kampf gegen die unzulängliche Weimarer Republik und die Gefahren des aufbrodelnden Faschismus. Programmatisch wird seine Schrift Die Befreiung der Gesellschaft vom Staat. Was ist kommunistischer Anarchismus? (1933).
Hirte, Chris: Mühsam, Erich. In: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 296-298, http://www.deutsche-biographie.de/pnd118584758.html, (21.10.2011).
Kristl, Wilhelm Lukas (2004): Erich Mühsam (6.4.1878 – 10.7.1934). Des Königreichs Anarchist. In: Schweiggert, Alfons; Macher, Hannes S. (Hg.): Autoren und Autorinnen in Bayern. 20. Jahrhundert. Bayerland Verlag, Dachau, S. 92-94.
Viesel, Hansjörg (1980): Literaten an die Wand. Die Münchner Räterepublik und die Schriftsteller. Frankfurt am Main, S. 157-253.